Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe). Jean Jacques Rousseau

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Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe) - Jean Jacques Rousseau

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Inhaltsverzeichnis

      1

      Warum habe ich Sie nicht vor meiner Abreise noch einmal sehen dürfen? Sie haben gefürchtet, daß ich beim Scheiden meinen Geist aushauche! Erbarmendes Herz, beruhigen Sie sich. Ich bin recht wohl.... mir fehlt nichts .... ich lebe noch .... ich denke an Sie .... denke an die Zeit, da ich Ihnen theuer war .... mir ist das Herz etwas beklommen .... der Wagen betäubt mich .... ich fühle mich matt .... Ich werde Ihnen heute nicht viel schreiben können. Morgen vielleicht werde ich mehr Kraft haben .... oder keine mehr brauchen ....

      2

      Wohin zerren mich diese Pferde mit solcher Hast? Wohin führt mich dieser Mann, der sich meinen Freund nennt, mit so vielem Eifer? Weit hinweg von dir, Julie? .... Auf dein Geheiß? .... Dahin, wo du nicht bist? .... Ha! Unsinnige! .... Ich messe mit den Augen den Weg, welchen ich so schnell durchfliege. Woher? Wohin? Warum so im Sturm? Ihr Grausamen, kann ich euch nicht schnell genug in meinen Tod rennen? O Freundschaft! Liebe! Ist das euer Einklang? Sind das euere Wohlthaten? ....

      3

      Hast du wohl dein Herz befragt, als du mich so gewaltsam hinwegstießest? Konntest du, sage, konntest du verzichten .... auf ewig .... Nein, nein; dieses zärtliche Herz liebt mich, ich weiß es wohl. Dem Schicksal zum Trotze, sich selbst zum Trotze wird es mich lieben bis ans Grab .... Ich sehe wohl, du hast dich Eingebungen überlassen …. [Der Verfolg zeigt, daß er Milord Eduard in Verdacht hat, daß aber Clara diese Stelle auf sich bezieht.] O, wie du dir ewige Reue bereitest! .... Ach es wird zu spät sein. Wie? Vergessen könntest du .... Wie? ich sollte dich schlecht gekannt haben? .... Ach, denke an dich, denke an mich, denke an .... Höre; noch ist es Zeit …. Du hast mich barbarisch ausgetrieben. Ich enteile schneller als der Wind .... Sprich ein Wort, ein einziges Wort, und ich kehre zurück, schneller als der Blitz. Sprich ein Wort, und wir sind auf ewig vereinigt; wir müssen es sein .... werden es sein .... Oh, oh! die Luft rafft meine Klagen dahin! und ich auf der Flucht! Werde leben und sterben fern von ihr .... Leben fern von ihr! ....

      Dritter Brief.

       Milord Eduard an Julie.

       Inhaltsverzeichnis

      Ihre Cousine wird Ihnen Nachrichten von Ihrem Freunde geben. Ich glaube übrigens auch, daß er durch die ordinäre Post an Sie schreibt. Stellen Sie fürs Erste Ihre Ungeduld in dieser Beziehung zufrieden, um danach diesen meinen Brief mit aller Besonnenheit zu lesen, denn ich sage Ihnen im Voraus, daß sein Inhalt Ihre volle Aufmerksamkeit erfordert.

      Ich kenne die Menschen: ich habe in wenig Jahren viel gelebt; ich habe große Erfahrung theuer erworben, und der Weg der Leidenschaften ist es, der mich zur Philosophie geführt hat. Aber unter Allem, was ich bisher beobachten konnte, ist mir nichts so Außerordentliches vorgekommen als Sie und Ihr Liebhaber. Nicht, daß einer von euch beiden einen hervorstechenden Charakter hätte, dessen Eigenthümlichkeit man auf den ersten Blick erkennt; ein oberflächlicher Beobachter würde euch vielleicht, in seiner Verlegenheit, euch zu definiren, für gewöhnliche Seelen halten. Aber das ist gerade das Ausgezeichnete an euch, daß man nichts an euch auszeichnen kann, und daß die Züge des allgemeinen Modells, von denen stets einer und der andere jedem Individuum fehlt, in den eurigen insgesammt und gleichmäßig ausgeprägt sind. So hat jeder Abdruck eines Kupferstichs seine besondern Fehlern, die ihm zu eigenthümlichen Kennzeichen dienen, und wenn einmal einer vorkommt, welcher vollkommen ist, so findet man ihn zwar schön auf den ersten Blick, muß ihn aber lange betrachten, um ihn zu unterscheiden. Das erste Mal, als ich Ihren Geliebten sah, fand ich mich von einem mir neuen Gefühle überrascht, welches indessen von Tage zu Tage zunahm, je mehr die Vernunft es gerechtfertigt hat. Mit Ihnen war es noch ein ganz anderes Ding, und mein Gefühl war so lebhaft, daß ich mich über seine Natur täuschte. Es war nicht sowohl der Unterschied des Geschlechtes, welcher diesen Eindruck hervorbrachte, als vielmehr ein weit schärfer ausgedrücktes Gepräge von Vollkommenheit, welches das Herz empfindet, unabhängig von aller Liebe. Ich sehe ganz gut, was Sie sein würden ohne Ihren Freund, nicht ebenso was er ohne Sie sein würde: ihm mögen viele Männer gleichen, aber es giebt nur Eine Julie auf Erden. Nach einem Unrecht, das ich mir nie vergeben werde, hat mich Ihr Brief über die wahre Beschaffenheit meines Gefühles aufgeklärt. Ich merkte, daß ich nicht eifersüchtig war, somit auch nicht verliebt; ich erkannte, daß Sie für mich zu liebenswürdig sind; Ihnen gebührt die Erstlingsfrucht einer Seele, und die meinige würde Ihrer nicht werth sein.

      Von diesem Augenblick an nahm ich an euerem beiderseitigen Glücke einen zärtlichen Antheil, der nicht erlöschen wird. Ich that, weil ich alle Schwierigkeiten heben zu können meinte, einen unbehutsamen Schritt bei Ihrem Vater, dessen schlimmer Erfolg nur ein Grund mehr ist, meinen Eifer anzuspornen. Schenken Sie mir Gehör, und ich kann noch Alles wieder gut machen, was ich Ihnen zu Leide gethan habe.

      Erforschen Sie Ihr Herz mit Sorgfalt, Julie, und sehen Sie, ob es Ihnen noch möglich ist, das Feuer, wovon es verzehrt wird, zu löschen. Es gab vielleicht eine Zeit, wo Sie sein Umsichgreifen verhindern konnten: wenn aber Julie, die reine, keusche, dennoch erlag, wie wird sie sich nach ihrem Falle wieder erheben können? wie will sie jetzt der Liebe widerstehen, der Siegerin, der mit dem gefährlichen Bilde aller vergangenen Lust bewaffneten? Junges Liebchen, täuschen Sie sich nicht und geben Sie das Selbstvertrauen auf, welches Sie schon verführt hat; Sie sind verloren, wenn es wieder Kampf gilt, Sie werden erniedrigt und besiegt werden, und das Gefühl Ihrer Schande wird allmählig alle Ihre Tugenden ersticken. Die Liebe ist zu tief eingedrungen in die Substanz Ihrer Seele, als daß Sie sie je daraus verjagen könnten; sie hat ihr ganzes Gefüge durchbogen, wie ein starkes, zersetzendes Wasser; Sie werden ihre tiefen Eindrücke nicht verwischen können, ohne zugleich alle die erlesenen Gefühle auszulöschen, welche Ihnen die Natur gegeben hat, und wenn Ihnen die Liebe nicht mehr bleibt, wird nichts Schätzenswerthes Ihnen bleiben. Was haben Sie demnach jetzt zu thun, da Sie den Zustand Ihres Herzens nicht mehr verwandeln können? Nur Eines, Julie: nämlich ihn rechtmäßig zu machen. Ich will Ihnen das einzige Mittel zu diesem Ende vorschlagen, welches für Sie noch übrig ist: machen Sie davon Gebrauch, so lange es noch Zeit ist: geben Sie diesen edeln Geist, zu dessen Trägerin der Himmel Sie gemacht hat, der Unschuld und Tugend wieder, oder fürchten Sie die kostbarste seiner Gaben auf ewig zu entwürdigen.

      Ich habe im Herzogthume York ein ziemlich beträchtliches Landgut, welches lange Zeit der Sitz meiner Vorfahren war. Das Schloß ist alt, aber gut und bequem: die Lage ist einsam, aber anmuthig und reich an Abwechslungen. Die Ouse, welche an dem Park hinfließt, bietet zugleich dem Auge eine reizende Perspective und den Landproducten einen bequemen Abzugsweg dar. Der Ertrag des Gutes reicht hin, um seinen Besitzer anständig zu erhalten, und kann sich unter dessen Augen verdoppeln. Die leidigen Vorurtheile finden nicht den Weg in diese glückliche Gegend; die friedfertigen Bewohner haben sich noch die einfachen Sitten der Urzeit bewahrt und man findet daselbst ein Gegenbild zu dem Wallis, welches die Feder Ihres Freundes in so rührenden Zügen geschildert hat. Dieses Landgut gehört Ihnen, Julie, wenn Sie es mit ihm bewohnen wollen, und dort werden Sie mit einander alle die zärtlichen Wünsche erfüllen können, mit denen der Brief, von dem ich sagte, schließt.

      Komm, du einziges Muster wahrer Liebschaft, liebenswürdiges, treues Paar, komm und nimm Besitz von einem Orte, welcher ganz dazu geschaffen ist, der Liebe und Unschuld zum Asyl zu dienen; komm, dort im Angesichte des Himmels und der Menschen das süße Band zu schließen, welches euch umschlungen hält; kommt und beehret mit dem Vorbilde euerer Tugenden ein Land, in welchem diese angebetet und schlichte Menschen willig sind, sie nachzuahmen. Möchtet ihr an dieser ruhigen Stätte immerdar in den Gefühlen, welche euch an einander ketten, das Glück reiner Seelen genießen!

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