Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe). Jean Jacques Rousseau

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Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe) - Jean Jacques Rousseau

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und was auch der Himmel über uns beschließe, wir werden nicht lange getrennt leben.

      N. S. Nachdem mein Brief geschrieben war, bin ich in das Zimmer meiner Mutter gegangen, und mir ist dort so übel geworden, daß ich mich habe ins Bett legen müssen; ich bemerke auch …. ich fürchte …. ach, Liebste, ich fürchte, daß mein gestriger Fall eine schlimmere Folge haben werde, als ich dachte. So ist den Alles dahin für mich; alle meine Hoffnungen verlassen mich zugleich.

      Vierundsechzigster Brief.

       Clara an Herrn v. Orbe.

       Inhaltsverzeichnis

      Mein Vater hat mir heute das Gespräch wieder erzählt, welches er gestern mit Ihnen gehabt hat. Ich sehe mit Vergnügen, daß Alles auf dem Wege zu dem ist, was Sie Ihr Glück zu nennen belieben. Ich hoffe, Sie wissen es, auch das meinige dabei zu finden; die Achtung, die Freundschaft haben Sie sich gewonnen und Alles was von den zärtlichsten Gefühlen in meinem Herzen Raum hat, gehört Ihnen auch. Aber täuschen Sie sich nur nicht: ich bin als Weib eine Art Wunder; ich weiß nicht, durch was für ein Naturspiel die Freundschaft bei mir der Liebe den Rang abläuft. Wenn ich Ihnen sage, daß mir meine Julie theurer ist als Sie, so lachen Sie mich aus, und doch ist nichts so wahr. Julie fühlt das auch so gut, daß sie für Sie eifersüchtiger ist als Sie selbst, und, während Sie ganz zufrieden scheinen, ewig findet, daß ich Sie nicht genug liebe. Mehr als das, ich hänge so an Allem was ihr theuer ist, daß ihr Liebhaber und Sie in meinem Herzen fast gleiche Stelle einnehmen, obschon auf verschiedene Art. Ich fühle für ihn bloße Freundschaft, aber sie ist lebhafter als Freundschaft; für Sie glaube ich ein wenig Liebe zu fühlen, aber sie ist gesetzter als Liebe. Obgleich das Alles ziemlich einerlei scheinen sollte, um die Ruhe eines eifersüchtigen Mannes zu stören, denke ich doch nicht, daß die Ihrige dabei sehr aus dem Häuschen kommt.

      Wie entfernt sind die armen Kinder von dieser süßen Ruhe, deren wir uns zu erfreuen den Muth haben; ach, wie schlecht läßt unsere Zufriedenheit, während unsere Freunde verzweifeln. Es ist vorbei; sie müssen sich verlassen; vielleicht ist es der Augenblick ihrer Trennung auf ewig, und die Traurigkeit, die wir ihnen an dem Concerttage vorwarfen, war vielleicht eine Vorahnung, daß sie sich zum letzten Male sähen. Indessen weiß Ihr Freund noch nichts von seinem Unstern: in der Sicherheit seines Herzens genießt er noch des Glückes, das er schon verloren hat; im verzweifelten Augenblicke schmeichelt er sich in Gedanken mit einem Schatten von Glück, und gleich Dem, den ein plötzlicher Tod dahinrafft, meint der Unglückliche zu leben, und sieht den Tod nicht, der die Hand nach ihm ausgestreckt hat! Von meiner Hand soll er den tödtlichen Stoß empfangen! O himmlische Freundschaft, Abgott meines Herzens, komm, beseele es mit deiner heiligen Grausamkeit! Gieb mir den Muth, unbarmherzig zu sein und dir würdig zu dienen, bei einer so schmerzlichen Pflicht.

      Ich zähle bei dieser Gelegenheit auf Sie und würde selbst dann auf Sie zählen, wenn Sie mich weniger liebten; denn ich kenne Ihr Gemüth; ich weiß, daß es des Spornes der Liebe nicht bedarf, wo die Menschlichkeit fordert. Es handelt sich für's Erste darum, unsern Freund morgen früh zu mir zu nöthigen. Nehmen Sie sich aber in Acht, ihn auf irgend etwas vorzubereiten. Heute wird man mich in Freiheit lassen: denn ich will den Nachmittag bei Julie sein: suchen Sie Milord Eduard auf, und kommen Sie mit ihm allein um acht Uhr zu uns; erwarten Sie mich da; wir wollen verabreden, was zu thun sein wird, um den Unglücklichen zur Abreise zu bewegen und seiner Verzweiflung vorzubeugen.

      Ich baue sehr auf seinen Muth und auf unsere Bemühungen; noch mehr auf seine Liebe. Juliens Wille, die Gefahr, in welcher ihr Leben und ihre Ehre schweben, sind Beweggründe, denen er nicht widerstehen wird. Wie dem sei, ich erkläre Ihnen, daß von Hochzeit zwischen uns nicht die Rede sein wird, ehe nicht Julie ruhig ist, und daß nie die Thränen meiner Freundin das Band benetzen werden, welches uns verknüpfen soll. Also, mein Herr, wenn es wahr ist, daß Sie mich lieben, so trifft in diesem Falle Ihr Interesse mit Ihrer Großmuth zusammen, und es ist nicht sowohl eine fremde Angelegenheit, um die es sich handelt, als vielmehr auch Ihre eigene.

      Fünfundsechzigster Brief.

       Clara an Julie.

       Inhaltsverzeichnis

      Alles ist geschehen; und ungeachtet ihrer Unbesonnenheiten ist meine Julie in Sicherheit. Die Geheimnisse deines Herzens sind in Dunkel begraben. Du bist noch im Schoße deiner Familie und deiner Heimat, geliebt, geehrt, und genießest eines fleckenlosen Rufes und der allgemeinen Achtung. Betrachte nun mit Schauder die Gefahren, in welche dich Scham oder Liebe jagte, indem du bald zu viel und bald zu wenig thatest. Lerne, daß man unvereinbare Gefühle nicht mit einander versöhnen kann und segne den Himmel, bald zu blinde Liebhaberin, bald zu furchtsames Mädchen du, für ein Glück, das wohl noch keiner Andern geschenkt ward.

      Ich wollte deinem betrübten Herzen die Schilderung dieses so schmerzlichen, aber so nothwendigen Abschieds ersparen. Du hast sie verlangt, ich habe sie versprochen; ich werde Wort halten, mit allem Freimuth, wie er uns beiden eigen ist, die wir jeden andern Vortheil stets dem ehrlichen Worthalten nachstellen. Lies also, liebe arme Freundin, lies, weil es sein muß; aber mache dir Muth und sei standhaft.

      Alle Maßregeln, welche ich genommen hatte, wie ich dir schon gestern berichtete, sind pünktlich befolgt worden. Als ich nach Hause kam, fand ich Herrn von Orbe und Milord Eduard. Ich fing damit an, daß ich dem Letzteren sagte, was wir von seiner heroischen Großmuth wüßten, und gab ihm zu erkennen, wie sehr wir beide davon durchdrungen wären. Hierauf setzte ich ihnen auseinander, welche gewichtigen Gründe wir hätten, deinen Freund schleunig zu entfernen, und wie schwierig es mir doch schiene, ihn dazu zu bewegen, Milord sah das Alles vollkommen ein und bezeigte sich sehr betrübt über die Wirkung, welche sein unüberlegter Eifer hervorgebracht hatte. Sie räumten ein, daß es von Wichtigkeit wäre, die Entfernung deines Freundes zu beeilen und den ersten Augenblick seiner Einwilligung wahrzunehmen, um neuer Unschlüssigkeit zuvorzukommen und ihn der Gefahr, die ihm hier am Orte unablässig droht, zu entreißen. Ich wollte Herrn von Orbe das Geschäft übertragen, die erforderlichen Vorbereitungen ohne sein Wissen zu treffen; aber Milord erklärte, daß dies seine Sache sei und nahm Alles über sich. Er versprach, daß seine Chaise heute Vormittag um 11 Uhr bereit sein sollte, daß er ihn so weit als nöthig begleiten würde, und machte den Vorschlag, ihn zuerst unter irgend einem andern Vorwande zu entführen, um ihn mehr mit Muße zu dem nothwendigen Schritte bestimmen zu können. Dieses Verfahren schien mir nicht ehrlich genug für uns und für unsern Freund; auch wollte ich ihn nicht entfernt von uns den ersten Wirkungen einer Verzweiflung aussetzen, die leichter den Augen Milord's als den meinigen entgehen konnte. Aus demselben Grunde nahm ich auch den Vorschlag nicht an, welchen Milord machte, ihm die Sache selber vorzutragen, um ihn zur Abreise zu vermögen. Ich sah, wie zarter Natur diese Verhandlung sein müßte und wollte sie Niemandem anvertrauen als mir selbst; denn ich kenne die empfindliche Stelle seines Herzens genauer und weiß, daß Männer bei solchen Angelegenheiten immer eine gewisse Trockenheit haben, die eine Frau besser zu mildern versteht. Indessen sah ich auch ein, daß Milords Beistand nicht unnütz sein würde, um den Weg zu bahnen. Ich bedachte, von welcher Wirkung die Reden eines gefühlvollen Mannes, der sich übrigens für einen bloßen Philosophen hält, auf ein tugendhaftes Herz sein müßten, und wie viel Wärme die Freundesstimme den Ermahnungen des Weisen einhauchen könnte.

      Ich bat also Milord Eduard, den Abend mit ihm zuzubringen, und, ohne etwas zu sagen, was unmittelbar auf seine Lage Bezug hätte, unvermerkt seine Seele zu stoischer Festigkeit zu stimmen. Sie, die Sie Ihren Epiktet so gut inne haben, sagte ich ihm, haben hier wenn je Gelegenheit, einen guten Gebrauch davon zu machen. Heben Sie den Unterschied der scheinbaren Güter von den wahren scharf hervor, deren die in uns sind von jenen, die uns äußerlich sind. Beweisen Sie ihm in einem Augenblicke, da von außen

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