Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe). Jean Jacques Rousseau

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Jean Jacques Rousseau: Romane, Philosophische Werke, Essays & Autobiografie (Deutsche Ausgabe) - Jean Jacques Rousseau

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als es ist? Warum Hoffnungen entsagen, die Julie selbst nicht aufgegeben hat? Denken Sie, daß sie sich so von Ihnen hätte trennen können, wenn sie glaubte, daß es für immer wäre? Nein, mein Freund, Sie müssen ja ihr Herz kennen; Sie müssen wissen, wie viel ihr ihre Liebe mehr ist als ihr Leben. Ich fürchte, ich fürchte nur zu sehr (ich fügte diese Worte hinzu, gestehe ich dir), daß sie sie bald Allem vorziehen werde, Glauben Sie also, daß sie hofft, da sie willig ist, zu leben: glauben Sie nur, die Vorsorge, welche ihr die Klugheit eingiebt, ist mehr auf Sie berechnet als es den Anschein hat, und sie nimmt sich nicht weniger Ihretwegen so in Acht als ihrer selbst wegen. Ich langte hierauf deinen letzten Brief hervor, und indem ich ihm die Liebeshoffnungen dieses verblendeten Mädchens, das keine Liebe mehr in sich zu haben wähnt, zeigte, belebte ich die seinigen mit dieser milden Wärme. Die wenigen Zeilen schienen einen lindernden Balsam in seine vergifete Wunde zu träufeln. Ich sah seine Blicke sich sänftigen und seine Augen sich netzen, ich sah Schritt für Schritt seine Verzweiflung in Wehmuth übergehen; und bei den letzten so rührenden Worten, wie dein Herz sie nur sagen kann: „Wir werden nicht lange getrennt leben," zerfloß er in Thränen. Nein, Julie, nein, meine Julie, sagte er mit steigender Stimme und den Brief küssend, wir werden nicht lange getrennt leben; der Himmel wird unser Schicksal auf Erden vereinigen, oder unsre Herzen in dem ewigen Aufenthalte.

      Dies war nun die Stimmung, in welcher ich ihn gewünscht hatte. Sein starrer, düsterer Schmerz hatte mich besorgt gemacht. Ich hätte ihn in dieser Gemüthsverfassung nicht von hier fortgelassen; aber sobald ich ihn weinen sah, und deinen geliebten Namen sanft aus seinem Munde kommen hörte, fürchtete ich nicht mehr für sein Leben, denn nichts ist so fern von Zärtlichkeit als die Verzweiflung. In diesem Augenblicke gerieth er in der Bewegung seines Herzens auf einen Einwand, auf den ich nicht gefaßt war. Er sprach von den Umständen, in welchen du dich zu befinden glaubtest, und schwor, lieber tausend Tode zu sterben, als dich in allen den Gefahren, die dir droheten, allein zu lassen. Ich hütete mich, etwas von deinem Zufalle zu erwähnen; ich sagte ihm einfach, daß deine Erwartung wieder getäuscht worden und daß nichts mehr zu hoffen wäre. So wird denn, sagte er mit einem Seufzer, auf Erden sein Denkmal meines Glückes bleiben; es ist verschwunden wie ein Traum, der niemals Wirklichkeit gehabt hatte.

      Ich hatte noch den letzten Theil deines Auftrages auszuführen und ich glaubte, daß es nach der Gemeinschaft, in welcher ihr gelebt habt, dabei keines Umschweifs und Heimlichthun bedurfte. Ich würde selbst ein wenig Streit über diesen geringfügigen Gegenstand gar nicht ungern gesehen haben, um dem auszuweichen, welcher sich über den Gegenstand unserer Unterredung immer noch von neuem entspinnen konnte. Ich warf ihm seine Nachlässigkeit in der Besorgung seiner Angelegenheiten vor. Ich sagte ihm, du fürchtest, daß er seit langer Zeit hierin nicht mehr sorgfältig genug sei, und beföhlest ihm einstweilen, bis er es werden würde, sich für dich zu erhalten, besser für seine Bedürfnisse zu sorgen und sich zu dem Ende mit der schwachen Zubuse zu belästigen, welche ich ihm von deiner Seite zuzustellen hatte. Er schien von diesem Anerbieten weder beleidigt, noch geneigt es sich zu Nutze zu machen. Er sagte einfach, du wüßtest wohl, daß ihm nichts von dir käme, was er nicht mit Entzücken annähme, aber deine Vorsicht wäre überflüssig, durch den Erlös von einem kleinen Eigenthume in Granson, welches ihm von seinem geringen Erbgute noch geblieben war, und welches er verkauft hatte, [Ich begreife nicht recht, wie dieser Anonyme Liebhaber, der, wie man weiterhin sehen wird, noch nicht vierundzwanzig Jahre alt war, ein Haus verkaufen konnte, ohne majorenn zu sein. Diese Briefe sind aber so voll von dergleichen Unwahrscheinlichkeiten, daß ich nichts weiter darüber bemerken will: genug, ich habe darauf aufmerksam gemacht.] wäre er reichlicher mit Gelde versehen als je in seinem Leben. Uebrigens, setzte er hinzu, besitze ich manche Fertigkeit, wovon ich mich überall ernähren kann. Es wird nur ein Glück für mich sein, sie gebrauchen zu müssen, da ich vielleicht ein wenig dadurch von meinen Leiden abgezogen werde; da ich in größerer Nähe gesehen habe, welche Anwendung Julie von ihren Ueberschüssen macht, betrachte ich dieses Geld wie den geheiligten Schatz der Witwe und der Waise, dem ich um der Menschlichkeit willen nichts entziehen darf. Ich rief ihm seine Reise nach dem Wallis ins Gedächtniß, deinen Brief und die Gemessenheit deines Befehls. Es walten, sagte ich, die nämlichen Gründe ob …. Die nämlichen? Unterbrach er mich mit dem Tone des Unwillens. Die Strafe für meine Weigerung war, sie nicht wieder zu sehen: lasse sie mich bleiben, und ich nehme ihr Geld an. Wenn ich gehorche, warum mich bestrafen? Wenn ich nicht gehorche, was kann mir denn Schlimmeres geschehen? ….

      Die nämlichen? Wiederholteer mit dem Tone der Ungeduld. Unsere Verbindung war im Beginnen, jetzt ist sie im Begriffe zu enden; vielleicht gehe ich, um von ihr auf ewig getrennt zu sein; es ist nichts mehr gemein zwischen ihr und mir; wir werden ja nun Fremde für einander sein. Er sprach diese letzten Worte so gepreßt aus, daß ich mir so schwer geworden war, ihn zu reitzen, Sie sind ein Kind, sagte ich mit angenommenen Lächeln, Sie müssen noch einen Vormund haben, und ich will es sein. Ich werde das behalten, und um in dem Verkehre, in welchem wir mit einander stehen werden, zweckmäßig darüber verfügen zu können, will ich von Ihren Angelegenheiten genau unterrichtet sein. Ich suchte ihn so von seinen schlimmen Gedanken durch den Gedanken an einen vertraulichen Briefwechsel zwischen uns abzulenken, und diese schlichte Seele, die sich immer nur an alles was dich umgiebt, so zu sagen, anzuhaken sucht, ließ sich leicht dadurch kirren. Wir verabredeten dann die Adressen, und da ihm diese Veranstaltung nur angenehm sein konnte, so zog ich die Unterhandlung darüber so lange hin, bis Herr von Orbe kam, der mir ein Zeichen gab, daß alles fertig sei.

      Dein Freund begriff leicht, um was es zu thun war: er bat inständigst, daß wir ihm noch an dich schreiben ließen, aber ich habe mich wohl gehütet, es zu erlauben. Ich sah voraus, daß er zu weich werden, und daß es, wenn er kaum bis zur Hälfte seines Briefes gelangt wäre, nicht mehr möglich sein würde, ihn zur abreise zu bewegen. Jeder Aufschub, sagte ich ihm, ist gefährlich; beeilen sie sich die erste Station zu erreichen, von wo sie ihr dann in aller Muße schreiben können. Bei diesen Worten trat ich zu ihm, indem ich zugleich Herrn von Orbe einen Wink gab, indem mir das Herz von Schluchzen schwoll, und preßte mein Gesicht auf das seinige; ich weiß nicht, was weiter mit ihm geschehen ist; die Thränen verdunkelten mir das Gesicht, mein Kopf fing an zu schwindeln und es war Zeit, daß meine Rolle endete ….

      Einen Augenblick darauf hörte ich sie schnell die Treppe hinabsteigen. Ich ging hinaus an die Treppe, um ihnen mit den Augen zu folgen. Dieser letzte Zug fehlte mir noch zu meiner Verstörung; ich sah den Unsinnigen sich mitten auf der Treppe niederwerfen, tausendmal die Stufen küssen, und wie Orbe Mühe hatte, ihn von den kalten Steinen aufzureißen, gegen die er, lange Seufzer aushauchend, Leib, Kopf, Arme drückte. Ich fühlte mich nahe daran, mit einzustimmen, und zog mich hastig zurück, um nicht dem ganzen Hause einen Auftritt zu geben.

      Einige Augenblicke später kam Herr von Orbe zurück, mit dem Taschentuch vor den Augen. Es ist gethan, sagte er, sie sind unterwegs. Als er vor sein Haus kam, fand Ihr Freund die Chaise bereit stehen; Milord Eduard erwartete ihn; er sprang ihm entgegen und preßte ihn an seine Brust. „Komm, Unglücklicher!" rief er mit tiefbewegter Stimme; „komm, schütte deine Schmerzen in dieses Herz, das dich liebt. Komm, du empfindest vielleicht noch einst, daß man nicht Alles verloren hat, wenn man noch einen Freund besitzt wie mich." Im Augenblicke hob er ihn mit kräftigem Arme in die Chaise und sie fuhren ab, einander in den Armen liegend.

      Zweite Abtheilung.

       Inhaltsverzeichnis

      Erster Brief.

       An Julie.

       Inhaltsverzeichnis

       [Ich brauche wohl kaum anzumerken, daß in dieser zweiten und in der folgenden Abtheilung die beiden von einander getrennten Liebenden nur hin und herphantasiren; ihr armer Kopf ist ganz hin.]

      Ich

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