Gesammelte Werke von Charles Darwin (Mit Illustrationen). Чарльз Дарвин
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Wie ich von Sir Andrew Smith höre, lebt der Löwe in Süd-Afrika zuweilen mit einem einzigen Weibchen, meistens aber mit mehr als einem, und in einem Falle fand man, daß er sogar mit fünf Weibchen lebte, so daß er also polygam ist. Er ist, soweit ich ausfindig machen kann, der einzige Polygamist in der ganzen Gruppe der landbewohnenden Carnivoren und er allein bietet wohlausgesprochene Sexualcharaktere dar. Wenn wir uns indeß zu den See-Carnivoren wenden, so stellt sich der Fall sehr verschieden, wie wir hernach sehen werden. Denn viele Species von Robben bieten außerordentliche sexuelle Verschiedenheiten dar, und sie sind in eminentem Grade polygam. So besitzt der männliche See-Elefant der Südsee nach der Angabe von Péron stets mehrere Weiber, und von dem See-Löwen von Forster sagt man, daß er von zwanzig bis dreißig Weibchen umgeben wird; im Norden begleitet den männlichen See-Bär von Steller selbst eine noch größere Zahl von Weibchen. Es ist eine interessante Thatsache, daß, wie Dr. Gill bemerkt,448 bei den monogamen Arten, »oder denen, welche in kleinen Gesellschaften leben, nur wenig Unterschied in der Größe zwischen den Männchen und Weibchen besteht; bei den socialen Arten oder vielmehr bei solchen, bei denen die Männchen sich Harems halten, sind die Männchen ungeheuer viel größer als die Weibchen«.
Was die Vögel betrifft, so sind viele Species, in denen die Geschlechter bedeutend von einander abweichen, sicher monogam. In Groß-Britannien sehen wir z. B. gut ausgesprochene Verschiedenheiten bei der wilden Ente, welche mit einem einzigen Weibchen sich paart, bei der gemeinen Amsel und beim Gimpel, von dem man sagt, daß er sich für's Leben paart. Dasselbe gilt, wie mir Mr. Wallace mitgetheilt hat, für die Cotingiden von Süd-Amerika und für viele andere Vögel. In mehreren Gruppen bin ich nicht im Stande gewesen ausfindig zu machen, ob die Species polygam oder monogam leben. Lesson sagt, daß die Paradiesvögel, welche wegen ihrer geschlechtlichen Verschiedenheiten so merkwürdig sind, polygam leben; Mr. Wallace zweifelt aber, ob er für diesen Ausspruch hinreichende Belege gehabt hat. Mr. Salvin theilt mir mit, er werde zu der Annahme veranlaßt, daß die Colibris polygam leben. Der männliche Wittwenvogel ( Vidua), welcher wegen seiner Schwanzfedern so merkwürdig ist, scheint sicher ein Polygamist zu sein.449 Mr. Jenner Weir und Andere haben mir versichert, daß nicht selten drei Staare ein und dasselbe Nest frequentieren; ob dies aber ein Fall von Polygamie oder Polyandrie ist, ist nicht ermittelt worden.
Die hühnerartigen Vögel bieten fast ebenso scharf markierte geschlechtliche Verschiedenheiten dar wie die Paradiesvögel und Colibris, und viele ihrer Arten sind bekanntlich polygam; andere dagegen leben in stricter Monogamie. Welchen Contrast bieten die beiden Geschlechter des polygamen Pfauen oder Fasans und des monogamen Perlhuhns oder Rebhuhns dar! Es ließen sich viele ähnliche Fälle noch anführen, wie in der Gruppe der Waldhühner, bei denen die Männchen des polygamen Auerhuhns und des Birkhuhns bedeutend von den Weibchen abweichen, während die Geschlechter des monogamen Moor- und schottischen Schneehuhns nur sehr wenig von einander verschieden sind. Unter den Laufvögeln bieten, wenn man die trappenartigen ausnimmt, nur wenig Species scharf markierte sexuelle Verschiedenheiten dar, und man sagt, daß die große Trappe ( Otis tarda) polygam sei. Unter den Watvögeln weichen nur äußerst wenige Arten sexuell von einander ab; aber der Kampfläufer ( Machetes pugnax) bietet eine sehr auffallende Ausnahme dar und Montagu glaubt, daß diese Art polygam sei. Hiernach wird es daher ersichtlich, daß bei Vögeln oft eine nahe Beziehung zwischen Polygamie und der Entwicklung scharf markierter sexueller Verschiedenheiten besteht. Als ich Mr. Bartlett, welcher über Vögel so bedeutende Erfahrung besitzt, im zoologischen Garten frug, ob der männliche Tragopan (einer der Gallinaceen) polygam sei, überraschte mich seine Antwort: »Ich weiß es nicht, ich sollte es aber nach seinen glänzenden Farben wohl meinen«.
Es verdient Beachtung, daß der Instinct der Paarung mit einem einzigen Weibchen im Zustande der Domestication leicht verloren geht. Die wilde Ente ist streng monogam, die domesticierte Ente stark polygam. Mr. W. D. Fox theilt mir mit, daß bei einigen halb gezähmten Wildenten, welche auf einem großen Teiche in seiner Nachbarschaft gehalten wurden, so viele Entriche von den Wildhütern geschossen wurden, daß nur einer für je sieben oder acht Weibchen übrig gelassen wurde, und doch wurden ganz ungewöhnlich große Bruten erzogen. Das Perlhuhn lebt in stricter Monogamie Mr. Fox findet aber, daß dieser Vogel am besten fortkommt, wenn man auf zwei oder drei Hennen einen Hahn hält. Die Canarienvögel paaren sich im Naturzustande; aber die Züchter in England bringen mit vielem Erfolge nur ein Männchen zu vier oder fünf Weibchen. Ich habe diese Fälle angeführt, da sie es wahrscheinlich machen, daß Arten, die im Naturzustande monogam sind, sehr leicht entweder zeitweise oder beständig polygam werden können.
In Bezug auf die Reptilien und Fische muß bemerkt werden, daß zu wenig von ihrer Lebensweise bekannt ist, um uns in den Stand zu setzen, von ihren Hochzeitsarrangements zu sprechen. Man sagt indeß, daß der Stichling ( Gasterosteus) ein Polygamist sei,450 und das Männchen weicht während der Brütezeit auffallend vom Weibchen ab.
Fassen wir nun die Mittel zusammen, durch welche, soweit wir es beurtheilen können, die geschlechtliche Zuchtwahl zur Entwicklung secundärer Sexualcharaktere geführt hat. Es ist gezeigt worden, daß die größte Zahl kräftiger Nachkommen durch die Paarung der kräftigsten, der am besten bewaffneten und der, im Kampfe mit anderen, siegreichen Männchen mit den kräftigsten und am besten ernährten Weibchen, welche im Frühjahr zuerst zur Brut bereit sind, erzogen wird. Wenn sich derartige Weibchen die anziehenderen und gleichzeitig auch kräftigeren Männchen auswählen, so werden sie eine größere Zahl von Nachkommen aufbringen als die sich verspätenden Weibchen, welche