Die wichtigen Werke von Arthur Schopenhauer. Arthur Schopenhauer

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Die wichtigen Werke von Arthur Schopenhauer - Arthur Schopenhauer

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daß er nicht das Gehirn nennt, sondern sagt: »das Erkenntnißvermögen«. Sogar hat er zu beweisen versucht, daß jene objektive Ordnung in Zeit, Raum, Kausalität, Materie u.s.f., auf welcher alle Vorgänge der realen Welt zuletzt beruhen, sich als eine für sich bestehende, d.h. als Ordnung der Dinge an sich selbst, oder als etwas absolut Objektives und schlechthin Vorhandenes, genau betrachtet, nicht ein Mal denken läßt, indem sie, wenn man versucht sie zu Ende zu denken, auf Widersprüche leitete. Dies darzuthun war die Absicht der Antinomien: jedoch habe ich, im Anhang zu meinem Werke, das Mißlingen des Versuches nachgewiesen. – Hingegen leitet die Kantische Lehre, auch ohne die Antinomien, zu der Einsicht, daß die Dinge und die ganze Art und Weise ihres Daseyns mit unserm Bewußtsein von ihnen unzertrennlich verknüpft sind; daher wer Dies deutlich begriffen hat, bald zu der Ueberzeugung gelangt, daß die Annahme, die Dinge existirten als solche auch außerhalb unsers Bewußtseyns und unabhängig davon, wirklich absurd ist. Daß wir nämlich so tief eingesenkt sind in Zeit, Raum, Kausalität und den ganzen darauf beruhenden gesetzmäßigen Hergang der Erfahrung, daß wir (ja sogar die Thiere) darin so vollkommen zu Hause sind und uns von Anfang an darin zurecht zu finden wissen, – Dies wäre nicht möglich, wenn unser Intellekt Eines und die Dinge ein Anderes wären; sondern ist nur daraus erklärlich, daß Beide ein Ganzes ausmachen, der Intellekt selbst jene Ordnung schafft und er nur für die Dinge, diese aber auch nur für ihn da sind.

      Allein selbst abgesehn von den tiefen Einsichten, welche nur die Kantische Philosophie eröffnet, läßt sich die Unstatthaftigkeit der so hartnäckig festgehaltenen Annahme des absoluten Realismus auch wohl unmittelbar nachweisen, oder doch wenigstens fühlbar machen, durch die bloße Verdeutlichung ihres Sinnes, mittelst Betrachtungen, wie etwan folgende. – Die Welt soll, dem Realismus zufolge, so wie wir sie erkennen, auch unabhängig von diesem Erkennen daseyn. Jetzt wollen wir ein Mal alle erkennenden Wesen daraus wegnehmen, also bloß die unorganische und die vegetabilische Natur übrig lassen. Fels, Baum und Bach sei da und blauer Himmel: Sonne, Mond und Sterne erhellen diese Welt, wie zuvor; nur freilich vergeblich, indem kein Auge da ist, solche zu sehn. Nunmehr aber wollen wir, nachträglich, ein erkennendes Wesen hineinsetzen. Jetzt also stellt, in dessen Gehirne, jene Welt sich nochmals dar und wiederholt sich innerhalb desselben, genau eben so, wie sie vorher außerhalb war. Zur ersten Welt ist also jetzt eine zweite gekommen, die, obwohl von jener völlig getrennt, ihr auf ein Haar gleicht. Wie im objektiven endlosen Raum die objektive Welt, genau so ist jetzt im subjektiven, erkannten Raum die subjektive Welt dieser Anschauung beschaffen. Die letztere hat aber vor der erstern noch die Erkenntniß voraus, daß jener Raum, da draußen, endlos ist, sogar auch kann sie die ganze Gesetzmäßigkeit aller in ihm möglichen und noch nicht wirklichen Verhältnisse haarklein und richtig angeben, zum voraus, und braucht nicht erst nachzusehn: eben so viel gibt sie über den Lauf der Zeit an, wie auch über das Verhältniß von Ursache und Wirkung, welches da draußen die Veränderungen leitet. Ich denke, daß dies Alles, bei näherer Betrachtung, absurd genug ausfällt und dadurch zu der Ueberzeugung führt, daß jene absolut objektive Welt, außerhalb des Kopfes, unabhängig von ihm und vor aller Erkenntniß, welche wir zuerst gedacht zu haben wähnten, eben keine andere war, als schon die zweite, die subjektiv erkannte, die Welt der Vorstellung, als welche allein es ist, die wir wirklich zu denken vermögen. Demnach drängt sich von selbst die Annahme auf, daß die Welt, so wie wir sie erkennen, auch nur für unsere Erkenntniß da ist, mithin in der Vorstellung allein, und nicht noch ein Mal außer derselbenA1. Dieser Annahme entsprechend ist sodann das Ding an sich, d.h. das von unserer und jeder Erkenntniß unabhängig Daseiende, als ein von der Vorstellung und allen ihren Attributen, also von der Objektivität überhaupt, gänzlich Verschiedenes zu setzen: was dieses sei, wird nachher das Thema unsers zweiten Buches.

      Hingegen auf der so eben kritisierten Annahme einer objektiven und einer subjektiven Welt, beide im Raume, und auf der bei dieser Voraussetzung entstehenden Unmöglichkeit eines Ueberganges, einer Brücke, zwischen beiden, beruht der, § 5 des ersten Bandes, in Betracht gezogene Streit über die Realität der Außenwelt; hinsichtlich auf welchen ich noch Folgendes beizubringen habe.

      Das Subjektive und das Objektive bilden kein Kontinuum: das unmittelbar Bewußte ist abgegrenzt durch die Haut, oder vielmehr durch die äußersten Enden der vom Cerebralsystem ausgehenden Nerven. Darüber hinaus liegt eine Welt, von der wir keine andere Kunde haben, als durch Bilder in unserm Kopfe. Ob nun und inwiefern diesen eine unabhängig von uns vorhandene Welt entspreche, ist die Frage. Die Beziehung zwischen beiden könnte allein vermittelt werden durch das Gesetz der Kausalität: denn nur dieses führt von einem Gegebenen auf ein davon ganz Verschiedenes. Aber dieses Gesetz selbst hat zuvörderst seine Gültigkeit zu beglaubigen. Es muß nun entweder objektiven, oder subjektiven Ursprungs seyn: in beiden Fällen aber liegt es auf dem einen oder dem andern Ufer, kann also nicht die Brücke abgeben. Ist es, wie Locke und Hume annahmen, a posteriori, also aus der Erfahrung abgezogen; so ist es objektiven Ursprungs, gehört dann selbst zu der in Frage stehenden Außenwelt und kann daher ihre Realität nicht verbürgen: denn da würde, nach Locke's Methode, das Kausalitätsgesetz aus der Erfahrung, und die Realität der Erfahrung aus dem Kausalitätsgesetz bewiesen. Ist es hingegen, wie Kant uns richtiger belehrt hat, a priori gegeben; so ist es subjektiven Ursprungs, und dann ist klar, daß wir damit stets im Subjektiven bleiben. Denn das einzige wirklich empirisch Gegebene, bei der Anschauung, ist der Eintritt einer Empfindung im Sinnesorgan: die Voraussetzung, daß diese, auch nur überhaupt, eine Ursache haben müsse, beruht auf einem in der Form unsers Erkennens, d.h. in den Funktionen unsers Gehirns, wurzelnden Gesetz, dessen Ursprung daher eben so subjektiv ist, wie jene Sinnesempfindung selbst. Die in Folge dieses Gesetzes zu der gegebenen Empfindung vorausgesetzte Ursache stellt sich alsbald in der Anschauung dar als Objekt, welches Raum und Zeit zur Form seines Erscheinens hat. Aber auch diese Formen selbst sind wieder ganz subjektiven Ursprungs: denn sie sind die Art und Weise unsers Anschauungsvermögens. Jener Uebergang von der Sinnesempfindung zu ihrer Ursache, der, wie ich wiederholentlich dargethan habe, aller Sinnesanschauung zum Grunde liegt, ist zwar hinreichend, uns die empirische Gegenwart, in Raum und Zeit, eines empirischen Objekts anzuzeigen, also völlig genügend für das praktische Leben; aber er reicht keineswegs hin, uns Aufschluß zu geben über das Daseyn und Wesen an sich der auf solche Weise für uns entstehenden Erscheinungen, oder vielmehr ihres intelligiblen Substrats. Daß also auf Anlaß gewisser, in meinen Sinnesorganen eintretender Empfindungen, in meinem Kopfe eine Anschauung von räumlich ausgedehnten, zeitlich beharrenden und ursächlich wirkenden Dingen entsteht, berechtigt mich durchaus nicht zu der Annahme, daß auch an sich selbst, d.h. unabhängig von meinem Kopfe und außer demselben dergleichen Dinge mit solchen ihnen schlechthin angehörigen Eigenschaften existiren. – Dies ist das richtige Ergebniß der Kantischen Philosophie. Dasselbe knüpft sich an ein früheres, eben so richtiges, aber sehr viel leichter faßliches Resultat Locke's. Wenn nämlich auch, wie Locke's Lehre es zuläßt, zu den Sinnesempfindungen äußere Dinge als ihre Ursachen schlechthin angenommen werden; so kann doch zwischen der Empfindung, in welcher die Wirkung besteht, und der objektiven Beschaffenheit der sie veranlassenden Ursache gar keine Ähnlichkeit seyn; weil die Empfindung, als organische Funktion, zunächst bestimmt ist durch die sehr künstliche und komplicirte Beschaffenheit unserer Sinneswerkzeuge, daher sie von der äußern Ursache bloß angeregt, dann aber ganz ihren eigenen Gesetzen gemäß vollzogen wird, also völlig subjektiv ist. – Locke's Philosophie war die Kritik der Sinnesfunktionen; Kant aber hat die Kritik der Gehirnfunktionen geliefert. – Nun aber ist diesem Allen noch das Berkeley'sche, von mir erneuerte Resultat unterzubreiten, daß nämlich alles Objekt, welchen Ursprung es auch haben möge, schon als Objekt durch das Subjekt bedingt, nämlich wesentlich bloß dessen Vorstellung ist. Der Zielpunkt des Realismus ist eben das Objekt ohne Subjekt: aber ein solches auch nur klar zu denken ist unmöglich.

      Aus dieser ganzen Darstellung geht sicher und deutlich hervor, daß die Absicht, das Wesen an sich der Dinge zu erfassen, schlechthin unerreichbar ist auf dem Wege der bloßen Erkenntniß und Vorstellung; weil diese stets von außen zu den Dingen kommt und daher ewig draußen bleiben muß. Jene Absicht könnte

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