Gesammelte Werke von Cicero. Марк Туллий Цицерон

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Gesammelte Werke von Cicero - Марк Туллий Цицерон страница 43

Gesammelte Werke von Cicero - Марк Туллий Цицерон

Скачать книгу

haben daraus nur einzelne Stücke sich herausgenommen und damit den Schein einer eigenen Ansicht sich zu verschaffen gesucht.

      Kap. XXV. (§ 73.) So hat schon Aristoteles und Theophrast oft die Erkenntniss der Dinge um ihrer selbst willen ausserordentlich gelobt und Herillus war davon so ergriffen, dass er behauptete, die Erkenntniss allein sei das höchste Gut und weiter nichts sei um sein selbst willen begehrenswerth. Ebenso haben die Alten sich viel darüber ausgesprochen, dass die menschlichen Dinge zu verachten und gering zu schätzen seien; und so hielt Aristo nur das Eine fest und bestritt, dass neben der Tugend und dem Laster noch irgend etwas begehrens- oder verabscheuungswürdig sei. So haben die Unsrigen die Schmerzlosigkeit zu den naturgemässen Dingen gerechnet und in Folge dessen hat Hieronymus sie für das höchste Gut erklärt. Später hielt Callipho zwar an der Lust und Diodor an der Schmerzlosigkeit fest, aber Beide konnten das Sittliche nicht entbehren, was schon von uns am Höchsten gestellt worden ist. (§ 74.) Ja selbst die reinen Anhänger der Lust versuchen mancherlei Wendungen, führen fortwährend die Tugend im Munde und sagen, dass die Lust nur zuerst begehrt werde, aber dass durch die Gewohnheit gleichsam eine andere Natur sich bilde, auf deren Antrieb man dann auch Vieles thue, ohne die Lust dabei als Ziel zu nehmen. So bleiben nur noch die Stoiker, welche aber nicht blos ein oder das andere Stück, sondern unsere ganze Philosophie sich angeeignet haben. Sowie nun sonst die Diebe die Zeichen an den Sachen, die sie gestohlen haben, ändern, so haben auch die Stoiker, um unsere Lehren für ihre eigenen auszugeben, deren Namen, als die Zeichen der Dinge, geändert. Es bleibt daher nur unsere Lehre übrig, und sie ist würdig Derer, welche die Künste und Wissenschaften treiben; ist würdig der Gelehrten, würdig der berühmten Männer, würdig der Ersten im Staate und würdig der Könige. – (§ 75.) Hier hielt Piso ein wenig inne und sagte dann: Meint Ihr, dass ich genügend mein Recht benutzt und vor Euren Ohren mich geübt habe? – Ich erwiderte: Nein, Piso, Du hast Dich heute, wie schon öfters anderwärts, so vertraut mit diesen Lehren gezeigt, dass, wenn uns öfters die Gelegenheit, Dich zu hören, geboten würde, für die Griechen nicht viel zu ergänzen übrig bleiben möchte. Ich habe Deinen Vortrag um so mehr gebilligt, weil ich mich entsinne, dass der Neapolitaner Staseas, Dein Lehrer und ein tüchtiger Peripatetiker, diese Lehren ganz anders vorzutragen pflegte, indem er Denen beistimmte, welche auf das Glück und Unglück und auf die Güter und Uebel des Körpers einen grossen Werth legen. – Das ist so, wie Du sagst, erwiderte Piso; allein was ich gesprochen habe, wird von unserm Freund Antiochus viel besser und kräftiger vorgetragen, als Staseas es that. Indess möchte ich jetzt weniger von Dir hören, was an meinem Vortrage zu billigen ist, als von unserm Cicero hier, den ich Dir abtrünnig und zu meinem Schüler machen möchte.

      Kap. XXVI. (§ 76.) Darauf sagte Lucius: Dein Vortrag hat meinen ganzen Beifall und dies wird wohl auch bei meinem Vetter der Fall sein. – Piso sagte da zu mir: Was willst Du weiter? verzeihst Du dem Jüngling? oder willst Du lieber, dass er das lerne, wobei er, auch wenn er es ganz inne hat, doch nichts weiss? – Darauf sagte ich: Ich lasse ihm seinen Willen, aber meinst Du nicht, dass auch ich das billigen könnte, was Du gesagt hast? – Aber, sagte Piso, wie kann Jemand seine Billigung über etwas aussprechen, was er nicht erfasst, nicht begriffen, nicht erkannt hat? – Wir gehen, sagte ich, hier nicht so sehr auseinander, denn ich halte nur deshalb die Erkenntniss für unmöglich, weil die erkennende Kraft von den Stoikern so definirt wird, dass man nur das Wahre erkennen könne, was niemals falsch sein könne. Deshalb weiche ich wohl von den Stoikern, aber nicht von den Peripatetikern ab. Doch wollen wir dies bei Seite lassen, da es sich hier ameine höchst streitige und dabei langwierige Frage handelt. (§ 77.) Alleinetwas voreilig scheint mir Dein Ausspruch, dass die Weisen immer glücklich sein sollen. Du eiltest hier mit Deiner Rede im Fluge vorüber. Wenn dies nicht bewiesen werden kann, so möchte ich glauben, dass Theophrast recht hat, wenn er sagt, dass ein glückliches Leben sich nicht mit dem vertrage, was er Schicksal, Schmerz und körperliche Plagen nennt. Es wäre ein starker Widerspruch, wenn Jemand, der von vielen Uebeln gebeugt ist, zugleich glücklich sein sollte, und ich wüsste nicht, wie sich dies vereinigen liesse. – Piso sagte darauf: Also findest Du entweder in der Tugend nicht so viel Kraft, dass sie allein zureicht, das Leben glücklich zu machen? Oder, wenn Du dies billigst, hältst Du es da für unmöglich, dass die der Tugend Ergebenen, selbst wenn sie mit einigen Uebeln behaftet sind, dennoch glücklich sein können? – Ich bestreite nicht, erwiderte ich, dass die grösste Kraft in der Tugend enthalten ist, und über diese Grösse wollen wir ein andermal verhandeln; hier fragt es sich nur, ob sie dies zu bewirken vermag, wenn ausser der Tugend noch etwas Anderes zu den Gütern gerechnet wird. – (§ 78.) Allein, antwortete Piso, wenn Du den Stoikern zugiebst, dass das Dasein der Tugend allein das Leben glücklich macht, so musst Du es auch den Peripatetikern zugeben; denn jene wagen nur nicht, desgleichen Dinge Uebel zu nennen, aber geben zu, dass sie widerwärtig, lästig, unangenehm und naturwidrig seien, während wir sie Uebel nennen, aber nur geringe und kleine. Wenn daher Der glücklich sein kann, welcher sich in Widerwärtigkeiten und Unannehmlichkeiten befindet, so kann es auch Der, der sich nur in kleinen Uebeln befindet. – Darauf sagte ich: Mein Piso! wenn irgend Jemand es giebt, der bei einer Frage scharfsinnig herausfindet, worauf es ankommt, so bist in Wahrheit Du es. Deshalb bitte ich noch um Deine Aufmerksamkeit; vielleicht ist es nur meine Schuld, dass Du meine Frage Hoch nicht verstanden hast. – Hier hast Du mich, sagte Piso; ich werde hören, was Du auf meine frühere Frage antworten wirst. –

      Kap. XXVII. (§ 79.) Darauf sagte ich: Meine Antwort ist die, dass ich jetzt nicht wissen will, was die Tugend vermag, sondern ob das als richtig gelten kann, was sich widerspricht. – In welcher Weise wäre dies der Fall? fragte Piso. – Weil, antwortete ich, Zeno grossartig, gleich einem Orakelspruch, den Satz aufgestellt hat: »Die Tugend allein genügt zum glücklichen Leben.« Wenn man fragt: Weshalb? so antwortet er: »Weil nur das Sittliche allein ein Gut ist.« Ich frage jetzt nicht nach der Wahrheit dieser Sätze, allein ich behaupte, dass das, was Zeno sagt, vortrefflich in sich übereinstimmt. (§ 80.) Auch Epikur hat vielleicht gesagt, dass der Weise immer glücklich sei; denn er geräth manchmal in die Hitze und lässt den von den höchsten Schmerzen gepeinigten Weisen ausrufen: »Wie angenehm! Wie wenig kümmere ich mich darum!« Ich will mit dem Mann nicht streiten, wie er in die Natur so viele Güter verlegen kann, aber ich behaupte, dass er nicht einsieht, was er sagen sollte, da er doch den Schmerz für das höchste Uebel erklärt hat. Dasselbe mache ich jetzt auch gegen Dich geltend; denn Du vermengst alles Gute oder Uebel wie Die, welche niemals einen Philosophen auch nur im Bilde gesehen haben; also die Gesundheit, die Kräfte, die Körperbildung und Gestalt und die Unversehrtheit bis zu den Nägelchen gelten Dir als Güter, und die Hässlichkeit, die Krankheit, die Schwäche als Uebel. (§ 81.) Wenn Du nun auch über die äussern Dinge Dich nur vorsichtig erklärt hast, so sind jene Dinge doch Güter des Körpers, und Du wirst deshalb das, was sie bewirkt, auch zu den Gütern zählen müssen, also auch die Freunde, die Kinder, die Anverwandten, den Reichthum, die Ehre und die Macht. Ich will dagegen nichts einwenden; wenn es aber auch hier Uebel giebt, in die der Weise gerathen kann, so kann das Weisesein zum glücklichen Leben nicht hinreichen. – Allerdings, sagte er, nicht zu dem allerglücklichsten Leben, aber wohl zu dem glücklichen. – Ich habe, sagte ich, wohl bemerkt, dass Du kurz vorher Dich so ausgedrückt hast und ich weiss, dass auch unser Antiochus sich so auszusprechen pflegt. Aber ist es wohl zulässig, Jemanden für glücklich, aber nicht für hinreichend glücklich zu erklären? Wenn etwas hinreichend ist, so ist jedes Mehr schon zu viel; Niemand kann aber zu glücklich sein und Niemand glücklicher als der Glückliche. – (§ 82.) Also, erwiderte Piso; hältst Du den Q. Metellus, der es erlebte, dass drei seiner Söhne Consuln wurden und einer davon auch Censor und einen Triumph feierte, dass sein vierter Sohn Prätor wurde, und der bei seinem Tode sie alle gesund und ausserdem drei Töchter verheirathet zurückliess, während er selbst Consul, Censor und Augur gewesen war und einen Triumph gefeiert hatte, ich sage also, hältst Du diesen, angenommen, dass er ein Weiser gewesen, nicht für glücklicher, als den Regulus, ebenfalls angenommen, dass dieser ein Weiser gewesen, der in der Gewalt seiner Feinde durch Hunger und Nachtwachen zu Tode gemartert wurde? –

      Kap. XXVIII. (§ 83.) Was fragst Du mich danach, sagte ich, Du musst diese Frage

Скачать книгу