Ida Pfeiffer: Ausgewählte Werke. Ida Pfeiffer

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Ida Pfeiffer: Ausgewählte Werke - Ida Pfeiffer

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des Abends und in der Nacht bei einer Feuchtigkeit, die oft so stark war, daß nach einer Stunde mein Mantel schon ganz naß wurde, bei Kälte und starkem Winde auf dem Verdeck bleiben. So ging es fort zehn Tage und eilf Nächte, während welcher Zeit ich nicht einmal Gelegenheit hatte, die Wäsche zu wechseln. Dieß war doppelt empfindlich für mich, denn wenn irgendwo Reinlichkeit nöthig ist, so ist dieß der Fall auf solch einem schmutzigen, eckelhaften Schiffe, wie gewöhnlich die griechischen sind. Die Gesellschaft bot mir ebenfalls nicht den geringsten Ersatz. Von Europäern waren zwei junge Leute da, die eine unbedeutende Anstellung von der türkischen Regierung in irgend einer Quarantaine-Anstalt erhalten hatten — Beide albern, aufgeblasen und in ihrem Benehmen ganz gemein. Ferner 4 Studenten von Alexandrien, die in Beirut auf der Kost waren, und auf Ferien nach Hause kamen; gutmüthige aber äußerst vernachlässigte Knaben von vierzehn bis fünfzehn Jahren, die sich am liebsten mit den Matrosen abgaben und bald mit ihnen spielten, zankten oder schwatzten. Die übrige Gesellschaft bestand aus einer wohlhabenden arabischen Familie sammt deren Negersklaven und Sklavinnen, und noch aus einigen andern, ganz armen Leuten. — Und in solcher Umgebung mußte ich eine so lange Zeit zubringen! — Freilich, werden manche sagen, konnte ich bei dieser Gelegenheit das Betragen und die Gewohnheiten dieser Leute recht in der Nähe beobachten; aber gerne hätte ich diesem Studium entsagt, denn es gehört wahrlich mehr als eine himmlische Geduld dazu, all die unzähligen Unannehmlichkeiten mit Standhaftigkeit zu ertragen. So z. B. ist bei den Arabern und auch bei den gemeinen Griechen Alles, was man bei sich hat, ein Gemeingut. Ein Messer, eine Scheere, ein Trinkglas u.s.w. nimmt der Eine von dem Andern, ohne nur zu fragen, gebraucht diese Dinge und stellt sie zurück, ohne sie früher zu reinigen. Auf die Matte, den Teppich, oder den Polster, was man zum Gebrauche als Bett mit sich führt, legt sich der Neger so gut wie sein Herr, und wo dieß Volk nur eine leere Stelle findet, flugs setzt oder legt es sich darauf. Bei der größten Sorgfalt ist es unausweichbar, daß man die ekelhaftesten Thiere auf Kopf und Gewand bekommt. Eines Tages putzte ich mir die Zähne mit einem Bürstchen, dieß bemerkte einer der griechischen Matrosen, er sah mir zu, und als ich das Bürstchen einen Augenblick neben mich legte, nahm er es in die Hand; ich dachte, er wolle es besehen, aber nein er machte es gerade so wie ich, und nachdem er sich die Zähne geputzt, legte er das Bürstchen hin, und gab mir sein Wohlgefallen darüber zu erkennen.

      Die Kost ist auf einem solchen Schiffe ebenfalls äußerst schlecht. Des Mittags bekommt man Pilav, alten Käse und Zwiebel; des Abends Sardellen, Oliven und wieder alten Käse, statt des Brotes Schiffszwieback. Diese köstlichen Gerichte werden auf ein Bret auf den Boden gesetzt und um dieses Bret lagern sich die Kapitäns (meistens hat ein Schiff zwei, drei Inhaber) nebst dem Steuermann und jenen Passagieren, die sich nicht selbst mit Lebensmitteln versehen haben. Ich nahm an diesen Mahlzeiten nicht Theil, ich hatte einige lebendige Hühner, Reis, Butter, getrocknetes Brot und Kaffee mitgenommen, und besorgte mir die Kost selbst. Die Reise auf einem so appetitlichen Schiffe kommt freilich nicht hoch, wenn man die Leiden und Entbehrungen nicht anrechnet. Für Letztere wüßte ich wahrlich keinen Preis zu bestimmen. Ich zahlte für die Reise nach Alexandrien (eine Entfernung von 500 Seemeilen) 60 Piaster, die Lebensmittel kamen mich auf 30 Piaster und so kostete mich die ganze Reise nicht mehr als 90 Piaster, oder 7 fl. 30 kr. C.M.

      Der Wind war uns meist sehr ungünstig, so daß wir oft Tage und Nächte kreuzten, und wenn wir des Morgens erwachten, uns beinahe auf demselben Flecke befanden.

      Das ist eine der unangenehmsten Empfindungen, die sich gar nicht schildern läßt. Immer fahren und immer fahren, und doch nicht weiter kommen. Zu meiner Schande muß ich gestehen, daß ich manchmal aus Ärger und Verdruß Thränen vergoß. Meine Reisegefährten konnten meine Ungeduld gar nicht fassen, denn ihnen ist es bei ihrer angebornen Trägheit ganz gleichgültig, ob sie durch acht oder vierzehn Tage ihre Zeit auf dem Schiffe oder zu Hause mit Nichtsthun, Schlafen und Rauchen zubringen, ob sie nach Cypern oder Alexandrien kommen. — Erst am vierten Tage landeten wir zu

      Limasol.

      Dieser Ort hat hübsche Häuser, deren einige sogar mit schiefen Dächern versehen sind, und den europäischen gleichen. Hier sah ich seit meiner Abreise von Konstantinopel wieder das erste Fuhrwerk, aber freilich keine Kutsche, sondern nur einen hölzernen Karren auf zwei Rädern, der nur zum Transport von Waaren, Steinen und Erde bestimmt ist. Die Umgebung Limasol's ist äußerst öde, beinahe wie zu Larnaca, nur liegen die Gebirge viel näher.

      Wir blieben da von Früh bis in die Nacht, und nun erst erfuhr ich, daß die Eigenthümer des Schiffes nicht so sehr der Lebensmittel wegen gelandet hatten, sondern hauptsächlich um Weine zu fassen, und Reisende zu suchen; von letztern bekamen sie indessen nicht den geringsten Zuwachs. Der Wein ist sehr wohlfeil, ich kaufte eine Flasche, die ungefähr drei Seitel ziemlich guten Cyperwein enthielt, um einen Piaster.

      Als wir wieder flott waren, ließ sich der Kapitän neuerdings verlauten, daß er zu Damiette landen wolle. Da verging mir aber alle Geduld, ich nannte ihn einen Betrüger, und bestand darauf, daß außer Alexandrien nirgends gelandet werde, widrigenfalls ich ihn vor Gericht belangen würde und sollte es mich einige hundert Piaster kosten. Dieß wirkte doch soviel, daß er mir sein Wort gab, nirgends mehr anzuhalten, und — o Wunder — er hielt es auch wirklich.

      Noch eine Begebenheit trug sich auf dieser Reise zu, die darum interessant ist, weil man aus ihr den Heldenmuth der Griechen entnehmen kann.

      Am 5. August, ungefähr um die Mittagszeit entdeckte unsere Mannschaft in der Ferne einen Zweimaster, welcher plötzlich, als er unser Fahrzeug ansichtig wurde, einige Segel einzog, seinen Lauf änderte und auf uns zusegelte. Nun war dies Schiff, nach Aller Meinung, nichts Anderes als ein Pirat, denn warum sollte es seinen Lauf ändern? Warum gerade auf uns Jagd machen? Sonderbar war diese Erscheinung wohl, aber so bewährten Seehelden müssen ja schon allerlei Fälle vorgekommen seyn, so daß sie nicht gleich das Ärgste zu fürchten brauchen, besonders da doch, so viel ich weiß, den Piraten das Handwerk so ziemlich gelegt worden ist, und man von solchen Fällen wenigstens in diesen Gegenden gar nichts hört.

      Bei dieser Scene wäre Hogarth an seinem Platze gewesen, um die Leidenschaften der Furcht und Feigheit auf den Gesichtern zu studiren. Es war merkwürdig zu sehen, wie die armen Kapitäns von einem Ende des Schiffes zum andern flogen, wie man uns Reisende in die Mitte zusammendrängte, wo wir uns setzen und stillschweigen mußten, wie der Kapitän wieder von uns wegeilte, dort und da hinrannte, Zeichen und Winke gab, und wie die todtblassen Matrosen trostlos und händeringend nachhumpelten. Wahrlich, wer dieß nicht selbst gesehen hat, muß es für Übertreibung halten. Was möchten die griechischen Helden der Vorzeit sagen, wenn ihnen solch ein Blick auf ihre würdigen Nachfolger gegönnt wäre!!! —

      Statt sich zu rüsten und Vorkehrungen zu treffen, gab das einen Wirrwar sonder gleichen. Als uns nun unter diesen verhängnißvollen Umständen das gefürchtete Piratenschiff auf Schußweite nahe gekommen — was war die Ursache seiner Annäherung? Ein zerbrochener Kompaß. — Nun ward die ganze Scene, wie durch einen Zauberschlag einer wohlthätigen Fee, umgewandelt. Die Kapitäns warfen sich in ihr voriges Ansehen, die Matrosen umarmten sich und sprangen wie die Kinder, wir armen Reisenden wurden unserer Haft entlassen und durften an der freundschaftlichen Unterhandlung der beiderseitigen Heldenbesatzung Theil nehmen.

      Der verunglückte Kapitän bat unsern tapfern Führer um Auskunft, auf welcher Straße wir uns befänden, und als er hörte, daß wir nach Alexandrien segelten, so ersuchte er den Schiffspatron, des Nachts eine Laterne auf dem hintern Mastbaume anzuhängen, welche seinem Schiffe als Leitstern dienen könne.

      Auf der ganzen langen Reise sahen wir außer Cypern kein Land. Selbst die Nähe von Damiette erriethen wir nur durch die veränderte Farbe des Meeres; so weit unser Blick reichte, war die schöne dunkelblaue Woge in die Farbe des gelbbräunlichen Nils übergegangen. Hieraus konnte ich schon auf die Größe und Reichhaltigkeit jenes Stromes schließen, der in dieser Jahreszeit besonders anwächst und bereits über zwei Monate im Steigen war.

      7.

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