Chefarzt Dr. Norden Box 7 – Arztroman. Patricia Vandenberg
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Chefarzt Dr. Norden Box 7 – Arztroman - Patricia Vandenberg страница 10
Elena nickte. Doch sie wusste noch mehr.
»Rein zufällig war ich vor ein paar Tagen auf einem Elternabend meines Sohnes. Thema war, o Wunder, Drogenmissbrauch bei Teenagern. Dabei kam auch das Thema Ecstasy zur Sprache.« Sie musterte ihren Freund mit gewichtiger Miene. »Weißt du, mit welcher Substanz MDMA gern gestreckt wird?«
»Mit Colchizin?« Daniels Gehirn arbeitete auf Hochtouren. Muriel konsumierte Ecstasy und damit den Wirkstoff der Herbstzeitlosen, den auch die Hustentabletten enthielten. Eigentlich war es ganz einfach. »Sie hat eine Überdosis geschluckt. All die Symptome, mit denen wir zu kämpfen haben, sind eine Folge des Colchizins.« Nicht nur eine, sondern gleich ein ganzes Meer an Falten türmte sich auf Dr. Nordens Stirn auf. »Da wird unser Milan aber Augen machen«, knurrte er und stürmte an Elena vorbei ins Zimmer.
*
Schwester Irina klopfte an die halb offen stehende Tür des Büros. Von hier aus hatte sie einen Blick auf Matthias Weigand. Er saß am Schreibtisch und starrte auf sein Mobiltelefon. »Dr. Weigand, kommen Sie bitte zur Patientin Pastor!«
Keine Reaktion.
»Dr. Weigand! Frau Pastor braucht Sie«, wiederholte Irina lauter.
Wie ertappt zuckte Matthias zusammen. Er drückte Sophies Bild weg und ließ das Telefon in der Kitteltasche verschwinden. Wie lange er so dagesessen war, wusste er nicht. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass es lange gewesen sein musste.
»Ich komme sofort.«
Matthias hielt Wort. Nur ein paar Minuten später betrat er Anette Pastors Zimmer.
»Und?«, fragte er Dr. Gruber, der ihm entgegenkam.
Benjamin drückte ihm das Tablet in die Hand.
»Temperatur konstant auf 39 Grad. Ich geh mal schnell für Königstiger.«
Matthias Weigand unterdrückte ein Seufzen, als er ans Bett seiner Patientin trat. Warum musste das Leben nur so kompliziert sein?
»Frau Pastor, wo haben Sie denn die Schmerzen?«
Anette zog eine Hand unter der Bettdecke hervor und deutete auf die rechte Bauchseite.
»Ungefähr hier.« Noch immer fiel ihr das Sprechen schwer. Doch zumindest war die Lähmung weiter zurückgegangen.
Dr. Weigand schaltete das Tablet ein.
»Sie waren doch schon auf dem Weg der Besserung«, murmelte er, während er den Namen der Patientin eintippte und die aktuellen Laborergebnisse aufrief. Beim Anblick der Resultate erschrak er.
»Die Leukozyten sind immer noch erhöht. Genauso wie der CRP-Wert.« Er blätterte vor und zurück. Doch wie er es auch drehte und wendete, das Ergebnis blieb dasselbe. Mit einem Schlag war jeder andere Gedanke aus seinem Kopf verschwunden. »Bitte zeigen Sie mir noch einmal genau, wo es weh tut.«
»Aber das habe ich doch schon«, reklamierte Anette Pastor. Ihre Augen schwammen in Tränen.
»Gut. Dann untersuche ich Sie jetzt noch einmal.« Matthias legte das Tablet weg und die Hände auf Anettes linke untere Bauchseite. Er drückte zu und ließ wieder locker. »Tut das weh?«
»Alles tut weh. Überall«, jammerte seine Patientin. Eine Träne rann über ihre Wange.
Matthias’ Herz schlug schneller. Ein schrecklicher Verdacht kam ihm in den Sinn. Er erinnerte sich an das Aufnahmegespräch. An Dr. Grubers Vorschlag, ein CT machen zu lassen, den er rigoros abgelehnt hatte. Mit welchen Folgen?
»Ich probiere jetzt etwas anderes aus.« Wieder drückte er zu. Diesmal auf den rechten Oberbauch unterhalb des Rippenbogens. »Und jetzt atmen Sie bitte tief ein.«
Anette versuchte es. Unwillkürlich spannte sie die Bauchdecke an. Ein Stöhnen entwich ihren Lippen. Dr. Weigand wurde es heiß und kalt. Wie hatte das passieren können? Ausgerechnet ihm? Dem Anleiter der Assistenzärzte. Er sah, wie seine Hände zitterten. Schnell zog er sie zurück.
»Ich … ich bin gleich wieder bei Ihnen.«
Im nächsten Augenblick stürzte er aus dem Zimmer. Anettes Schluchzen folgte ihm.
*
Nach dem Besuch bei Muriel Buri war Dr. Daniel Norden auf menschenleeren Fluren unterwegs in sein Büro. Nur hier und da huschte eine Schwester auf leise quietschenden Gummisohlen über den Gang. Aus dem Schwesternzimmer drangen verhaltene Stimme. Wieder einmal fiel Daniel auf, dass die Menschen leiser sprachen, wenn es dunkel war. Erklären konnte er sich dieses Phänomen nicht. Vielleicht lag es daran, dass Dunkelheit gleichbedeutend mit Ruhe war. Automatisch hielt er die Luft an, schlich auf Zehnspitzen an dem Zimmer vorbei. Dabei fiel sein Blick auf die Uhr über der Tür.
Der kleine Zeiger marschierte auf die drei zu. Daniel zögerte. Was sollte er tun? Nach Hause fahren? Mehr als zwei, drei Stunden Schlaf waren jetzt nicht mehr drin. Da konnte er sich genausogut an den Schreibtisch setzen und die Zeit sinnvoll nutzen. Er hatte diesen Gedanken noch nicht zu Ende gedacht, als er Geräusche hinter sich hörte.
Ein Blick über die Schulter. Ein Ultraschallgerät auf Rädern kam direkt auf ihn zu. Geistesgegenwärtig sprang er zur Seite. Am Haarschopf identifizierte er den Assistenzarzt Benjamin Gruber. Der junge Kollege sah immer so aus, als wäre er gerade aus dem Bett gefallen. Da konnte er kämmen, was er wollte.
»Nanu, Kollege. Was gibt es denn so Dringendes um diese Uhrzeit?«
»Meine Güte! Haben Sie mich erschreckt!« Gruber blieb stehen und presste die Hand auf das Herz.
»Tut mir leid. Das war keine Absicht.« Daniel bedeutete ihm, weiterzugehen und begleitete ihn. »Also, was ist los?«
»Verdacht auf akute Cholezystitis«, erwiderte der Assistenzarzt.
Daniel runzelte die Stirn. Hatte er das Martinshorn überhört?
»Gerade eingeliefert?«
Benjamin Gruber spürte, wie ihm das Blut bis hinauf in die Haarspitzen schoss.
»Die Patientin kam gestern Abend mit einer Fischvergiftung.«
»Wer hat die Erstanamnese übernommen?«
»Dr. Weigand und ich.« Benjamin räusperte sich.
Er saß in der Falle. Wenn er gestand, dass Weigand ein CT abgelehnt hatte, würde der Kollege in Schwierigkeiten kommen, und er selbst wäre eine Petze. Andererseits: Die Schuld auf sich zu nehmen bedeutete eine Lüge. Und barg die Gefahr einer Abmahnung. Es war eine Wahl zwischen Pest und Cholera. Was sollte er tun? »Für uns war die Sache sonnenklar«, presste er durch die Lippen. »Bis sich Frau Pastors Zustand auch nach der Gabe des Antitoxins nicht bessern wollte.« Sie waren vor der Tür des Krankenzimmers angekommen.
Daniel zögerte. Sollte er sich in die Behandlung einmischen? Er entschied sich dagegen. Das Letzte, was die Patientin jetzt brauchen konnte, war eine vergiftete Stimmung.
Sie