Chefarzt Dr. Norden Box 7 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Читать онлайн книгу Chefarzt Dr. Norden Box 7 – Arztroman - Patricia Vandenberg страница 7
Benjamin trat von einem Bein auf das andere. Er wusste, dass er der völlig falsche Ansprechpartner für Beziehungsfragen war.
»Dann ist ja jetzt vielleicht eine gute Gelegenheit, um in aller Ruhe darüber zu reden. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen. Ich muss wieder an die Arbeit.« Er nickte dem reuigen Ehemann zu und trat die Flucht an, bevor Hartmut auch nur Luft holen konnte.
*
An diesem Abend ging es hoch her in der Behnisch-Klinik. Dr. Weigand wollte eben in sein Büro abbiegen, als das Tablet unter seinem Arm klingelte. Die Kollegen aus der Radiologie hatten Nina Schöns Aufnahmen eingespielt. Sie standen zum Abruf bereit. Kurzentschlossen änderte er seine Pläne und machte sich auf den Weg zu ihr. Und zu Sophie! Dieser Gedanke ließ sein Herz höher schlagen. Doch Nina war allein im Behandlungszimmer. Sie lag auf der Liege und döste vor sich hin. Als sie die Schritte im Zimmer hörte, blinzelte sie ins Licht der Deckenleuchte. Sie erwiderte Matthias’ Lächeln.
»Wie fühlst du dich?«, fragte er.
»Als hätte mich ein Regal angefallen.« Sie las in seiner Miene. »Sophie ist übrigens heimgegangen. Sie will die Nachbarin nicht so lange einspannen. Ich soll dich schön grüßen.«
Matthias spürte die Hitze im Gesicht. Schnell konzentrierte er sich auf den eigentlichen Grund seines Besuchs. Er griff nach dem Tablet. Auch die Kollegen, die sich anfänglich gegen die Einführung dieses elektronischen Hilfsmittels gesperrt hatten, waren zunehmend begeistert angesichts der vielen Vorteile, die es bot. Dass die lästige Aktensuche weitgehend der Vergangenheit angehörte, war nur einer der Vorzüge. Viele Informationen konnten die Ärzte direkt am Krankenbett erfassen und mit der eingebauten Kamera Fotos für die Wunddokumentation aufnehmen. Änderungen der Medikation eines Patienten flossen unmittelbar in die digitale Patientenakte und waren dort für alle Beteiligten abrufbar. Genau wie die Bilder aus anderen Abteilungen.
»Wie ich vermutet habe. Du hast dir eine vordere Schulterluxation angelacht, aber keine Fraktur. Man könnte sagen, du hattest Glück im Unglück.« Er wischte noch ein paar Mal über den Bildschirm, als traute er seiner eigenen Diagnose nicht.
Nina sah ihm dabei zu.
»Bist du sicher? So weh, wie es tut?«
»Das ist ganz normal bei dieser Art von Verletzung.« Matthias drückte auf die Klingel am Kopfende der Behandlungsliege. »Du wirst sehen: Wenn alles wieder an seinem Platz ist, geht es dir besser.«
»Dein Wort in Gottes Ohr.« Sie sah ihm zu, wie er eine durchsichtige Flüssigkeit aus einer Plastikkanüle in den Zugang in ihrem Arm drückte. Sein Blick ruhte auf dem Überwachungsmonitor. In schönster Regelmäßigkeit eilten die Linien über den Bildschirm.
Vom Flur wehten Schritte herüber und kamen schnell näher. Schwester Astrid und ihre Kollegin Josepha betraten das Zimmer. Ausgerechnet die Lästerschwestern! So konnte er sicher sein, dass alles, was im Zusammenhang mit diesem Fall passierte, blitzschnell die Runde in der Klinik machte. Innerlich rollte Dr. Weigand mit den Augen. Äußerlich blieb er völlig ruhig. Nickte den beiden zu und erklärte den Fall. Im nächsten Augenblick konzentrierte er sich schon wieder auf Nina.
»Jetzt zählst du bitte langsam von zehn rückwärts.«
»Zehn? Glaubst du, das reicht? Also schön. Zehn. Neun. Acht …« Ihre Stimme verstummte.
Matthias lächelte. Er kannte dieses Phänomen aus eigener Erfahrung. Fast jeder Patient dachte, vor Aufregung nicht einschlafen zu können. Um sich schneller als gedacht den mächtigen Medikamenten geschlagen zu geben.
Nachdem er sich versichert hatte, dass Nina tief und fest schlief, trat er auf die andere Seite der Liege.
»Ich werde jetzt die Schulter reponieren. Ziehen Sie bitte das Tuch straff und halten Sie es ganz fest.« Er drückte Astrid die beiden Enden eines grünen Tuchs in die Hand, das er zuvor unter Ninas Mitte geschoben hatte. »Sie übernehmen bitte den Sauerstoff«, wies er Josepha an. Anschließend klemmte er ein Handtuch unter Ninas Achsel. Er griff nach ihrem Arm. »Abduktion. Außenrotation. Elevation.« Ein Ruck, und die Kugel rutschte zurück ins Gelenk. Im selben Moment klopfte es. In seinem Rücken öffnete sich die Tür. Eine Kollegin kam herein und drückte Josepha ein Klemmbrett in die freie Hand. Sie warf einen Blick auf das Formular.
»Glukose bei 2,8«, stieß sie hervor.
Als Krankenschwester wusste sie um die Bedeutung dieses Wertes.
Genau wie Matthias Weigand. Er legte den Arm der Patientin zurück auf die Liege und nahm das Klemmbrett, das Josepha ihm hinhielt.
»Unterzuckerung?« Er kratzte sich am Kinn. »Ich wusste nicht, dass Nina Diabetikerin ist.«
»Sie kennen die Patientin?«, fragte Astrid scheinheilig.
»Sie ist eine Freundin von Sophie … Ich meine, von Dr. Petzold«, murmelte Matthias, ohne von dem Blatt aufzusehen. »Narkose ausleiten! Glukose 40%! Schnell!«, befahl er.
In Windeseile kümmerte sich Josepha um die Anweisung, drückte die Lösung in den Zugang.
Matthias sah ihr dabei zu. Er dachte nach.
»Vielleicht ist sie Diabetikerin und weiß es noch nicht«, mutmaßte Astrid.
»Möglich«, erwiderte Dr. Weigand. Doch mehr als eine Vermutung war das nicht.
*
Graue Schatten flackerten über den Monitor des Ultraschallgeräts. Bevor Milan Aydin studiert hatte, war es ihm wie allen anderen normalen Sterblichen auch ergangen. Es war ihm ein Rätsel gewesen, wie man in diesem Wirrwarr Gefäßverschlüsse, Wasseransammlungen und solche Dinge mehr entdecken konnte. Erst viele Jahre später und nach unzähligen Stunden intensiver Schulung hatte sich der Nebel endlich gelichtet. Jetzt sah er klar und verfolgte Dr. Nordens Bemühungen wie einen spannenden Krimi.
Muriel schien das alles herzlich wenig zu interessieren. Mit vom Fieber feuchter Stirn lag sie im Bett. Diverse Schläuche führten von ihrem Körper hinüber zum Überwachungsmonitor. In den Venenzugang ihrer Hand tropfte eine farblose Flüssigkeit. Ein Hustenanfall schüttelte ihren Körper. Daniel half ihr, sich aufzusetzen.
»Geht es wieder?«
»Ja.«
Sie klang wenig überzeugend.
Unter dem kritischen Blick seines Kollegen setzte Dr. Norden die Untersuchung fort. Schwester Elena saß neben dem Bett und nahm Blut ab.
»Der Test wird uns sagen, ob Ihre Hypophyse und Ihre Nebennieren richtig funktionieren.«
Aufklärung war noch immer das beste Mittel, um Vertrauen zwischen Patient und Arzt herzustellen. Studien hatten zudem bewiesen, dass informierte Kranke mit weniger Ängsten zu kämpfen hatten und schneller wieder gesund wurden.
Muriel schien derselben Ansicht zu sein.
»Und was heißt das genau?«, hakte sie nach.
Mit einem Blick gab Elena diese Frage an ihren Freund und Chef weiter.
»Wir haben ein paar Theorien, denen wir nachgehen.«
Muriels Bergseeaugen weiteten