Der neue Dr. Laurin Box 1 – Arztroman. Viola Maybach

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Der neue Dr. Laurin Box 1 – Arztroman - Viola Maybach Der neue Dr. Laurin Box

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frühestens morgen ansprechbar.«

      »Und der andere?«

      »Dem haben wir ein Schmerzmittel gegeben, damit er zur Ruhe kommt. Aber morgen dürften Sie ihm ein paar Fragen stellen können.«

      »Gibt es Zeugen für den Vorfall?«, erkundigte sich Eckart.

      »Eben nicht«, antwortete einer der Beamten. »Wir wissen nicht einmal, wer den Notruf betätigt hat. Die Sanitäter haben ausgesagt, dass ein junger Mann vor Ort war und gesagt hat, er sei zufällig vorbeigekommen und habe angerufen, als er gesehen habe, dass beide Männer verletzt waren. Dieser junge Mann ist aber wie vom Erdboden verschluckt. In der Kneipe haben ein paar Leute zwar mitbekommen, dass die beiden Männer gestritten haben, aber keiner will sich besonders dafür interessiert haben.«

      »Merkwürdige Geschichte«, sagte Eckart.

      »Ja, das finden wir auch. Jedenfalls wissen wir bis jetzt nicht sicher, ob es vielleicht dieser dritte Mann war, der dem einen Opfer die Stichverletzung beigebracht hat – oder ob es der andere Verletzte war. Deshalb müssten wir möglichst bald mit den beiden sprechen.«

      »Wie gesagt, morgen«, erklärte Leon. »Zurzeit sind beide nicht vernehmungsfähig.«

      »Wie gefährlich war die Stichverletzung?«

      »Sie hätte tödlich enden können, wenn das Messer das Herz getroffen hätte. Das wurde aber knapp verfehlt.«

      »Wissen Sie die Namen der beiden?«

      »Bislang nicht, aber … Schwester Marie?«

      Es erwies sich, dass Marie tatsächlich wusste, wie die beiden Verletzten hießen: Marco Friedrich und Tom Fröbel, zwanzig und einundzwanzig Jahre alt. Verwandte der beiden hatte sie bislang noch nicht ausfindig machen können.

      Die Polizeibeamten bedankten sich für die Auskünfte und verließen die Klinik.

      Leon sah noch einmal nach Flora Müthen, die erschöpft ,aber glücklich schlief – ebenso wie ihr Mann, der neben ihrem Bett eingeschlafen war. Den Zwillingen ging es den Umständen entsprechend gut – dem kleinen Jungen etwas besser als dem Mädchen, aber die Kleine erholte sich schnell von ihrem stressigen Weg ans Licht der Welt.

      Kurz darauf verabschiedete sich Leon und fuhr nach Hause. Als er sich zu Antonia ins Bett legte, waren die bohrenden Fragen mit einem Schlag wieder da: Wieso erzählte sie ihm nichts von ihren Treffen mit Ingo Ewert? Und warum traf sie sich überhaupt mit ihm?

      Aber in diesem Fall trug seine Müdigkeit den Sieg davon: Schon bald verwirrten sich seine Gedanken, und er schlief ein.

      *

      »Der Herr Fröbel ist wach geworden und will noch etwas gegen die Schmerzen haben«, sagte Robert Semmler. »Dabei hat er schon eine ganz schöne Dosis bekommen.«

      Eckart Sternberg nickte. »Ich sehe selbst mal nach ihm. Wie geht es dem anderen?«

      »Herr Friedrich hat noch keinen Mucks von sich gegeben.«

      »Ist wahrscheinlich auch besser so.« Eckart betrat den Raum, in dem Tom Fröbel lag. Der sah wüst aus mit seiner unförmig angeschwollenen Nase und dem sich langsam ausbreitenden Bluterguss rund um ein Auge.

      »Sie haben Schmerzen, Herr Fröbel?«

      »Starke«, antwortete der Patient. Er sprach undeutlich, was Eckart nicht wunderte. Auch im Kieferbereich waren Schwellungen zu sehen, auch dort würde sich in den nächsten Tagen die Haut verfärben.

      »Die Polizei war hier und wollte Sie befragen, das haben wir für heute Nacht abgelehnt. Die Beamten werden morgen wiederkommen.«

      »Polizei?«

      »Ja. Ihr Freund Marco Friedrich hatte eine Stichverletzung, die ihn mit etwas Pech hätte umbringen können. Aber das Messer hat sein Herz zum Glück verfehlt. War das Ihr Messer?«

      Eckart ließ den jungen Mann nicht aus den Augen. Dessen Blick flackerte, als er hervorstieß: »Nein!«

      Er log, ganz offensichtlich, aber sich damit auseinanderzusetzen war Sache der Polizei. »Nun, das können Sie den Beamten ja dann morgen sagen«, erwiderte Eckart betont gleichmütig. Er wollte Tom Fröbel nicht spüren lassen, dass er ihm nicht glaubte. Für ihn war er ein Patient, dem er helfen musste, und das tat er. Alles andere fiel nicht in seinen Zuständigkeitsbereich.

      Er stattete auch Marco Friedrich noch einen Besuch ab. Nachdenklich betrachtete er das noch ein wenig kindliche Gesicht des Patienten. Beide jungen Männer hatten Alkohol im Blut gehabt, Marco Friedrich etwas weniger als Tom Fröbel. Kannten sie sich oder waren sie sich rein zufällig über den Weg gelaufen und hatten Streit miteinander bekommen?

      Er hoffte, dass die Polizei Licht in diese Angelegenheit würde bringen können.

      Zum Schluss sah er noch nach Flora Müthen, die einmal kurz die Augen aufschlug und ihn anlächelte, dann aber sofort wieder einschlief. Ihr Mann bekam von seinem Besuch überhaupt nichts mit. Den Zwillingen ging es gut.

      Auch in Eva Maischingers Zimmer warf er einen Blick, doch sie schlief. Immerhin war sie noch da. Marie hatte ihm erzählt, dass sie auf keinen Fall in der Klinik bleiben wollte und ihre Schwangerschaft immer noch leugnete. Ein merkwürdiger Fall war das!

      Er trank die siebte oder achte Tasse Kaffee dieser Nacht und aß ein Brötchen. Mit einem bisschen Glück passierte jetzt nichts mehr, und der Rest des Nachtdienstes verlief ruhig.

      *

      Marco hatte das Gefühl zu schweben. Alles fühlte sich leicht an, so, als befände er sich im All, wo die Schwerkraft der Erde nicht mehr wirkte. Um ihn herum gluckste und summte es, von ferne meinte er, eine leise Stimme zu hören. Er fühlte sich wohler als seit langem, obwohl er sich nicht erklären konnte, wieso. Was war denn jetzt anders als zuvor, wo er so unglücklich gewesen war? Denn das wusste er noch ganz genau: dass er die Freude am Leben verloren hatte. Allerdings fiel ihm nicht sofort ein, wie das geschehen war.

      Jetzt jedenfalls war er glücklich und schwebte durchs All.

      Er versuchte, die Augen zu öffnen, doch das erwies sich als unmöglich. Es war, als wären an seinen Augenlidern schwere Gewichte befestigt. So sehr er sich auch bemühte, er konnte die Augen nicht öffnen. Schließlich gab er seine Bemühungen auf und ließ sich weiter treiben, schwerelos, befreit von allem, was ihm vorher zu schaffen gemacht hatte.

      Als er das nächste Mal versuchte, die Augen zu öffnen, hatte er unerwartet Erfolg. Zunächst sah er nicht viel, nur einen ihm unbekannten Raum. Das Surren und Glucksen war noch immer zu hören. Als es ihm gelang, den Blick ein wenig nach links und rechts schweifen zu lassen, sah er, dass sich Maschinen in diesem Raum befanden, was er überhaupt nicht verstand. Wo war er hier – und vor allem: warum?

      Ein Gesicht schob sich in sein Blickfeld. Es war ein ziemlich vergnügtes Männergesicht mit lustig blitzenden Augen. »Das wurde aber auch Zeit«, hörte er den Mann sagen, »ich dachte schon, Sie wachen überhaupt nicht mehr auf. Ich bin Robert. Robert Semmler, Pfleger.«

      Pfleger. Was hieß das nun wieder? Marco entschloss sich, eine Frage zu stellen. »Wo bin ich?«, fragte er. Seine Stimme klang seltsam.

      »Keine Erinnerung, was?«

      »Nein.«

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