Blutstaub - Roland Benito-Krimi 9. Inger Gammelgaard Madsen
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Die dunkle Seite zeigte sich aufs Schlimmste, als eine Krankenschwester sie zu Sander Lindholms Bett führte und das Werk des Gewalttäters auf grauenhafteste Weise visualisiert wurde. Für Roland gab es keinerlei Zeichen dafür, dass jemand den Wunsch gehabt hatte, der Beamte solle überleben, wie Viktor es angedeutet hatte. Die Gesichtsfarbe ging von blauviolett bis schwarzblau, mehrere Stiche in der Stirn und den Augenbrauen würden ganz sicher Narben hinterlassen, die Nase war gebrochen, die Haut unter den Augen quoll auf, das linke Auge war geschlossen. Das ganze Gesicht war geschwollen von der Flüssigkeit, die das Reparatursystem des Menschen automatisch abgibt, wenn verletzte Regionen vor Stößen geschützt werden müssen. Einen Augenblick lang glaubte Roland, der Beamte sei gar nicht bei Bewusstsein, aber dann zog Mark einen Stuhl ans Bett und setzte sich. Sander öffnete langsam das eine Auge und sah ihn verwundert an, dann kam die Furcht.
„Habt ihr ihn gefunden? Habt ihr ihn gefunden — Janus?“, stammelte er.
„Wir kommen von der DUP und haben nur ein paar Fragen an Sie. Zuallererst möchten wir selbstverständlich unser tiefstes Mitgefühl ausdrücken.“
Roland konnte nicht anders als am Fußende des Bettes zu nicken, obwohl er genau wusste, dass selbst tiefstes Mitgefühl in Sander Lindholms Situation nicht besonders viel half.
Er schloss das Auge wieder, als ob er es nicht schaffte, es offen zu halten. „Was wollt ihr … von mir?! Ich … ich habe nichts Kriminelles gemacht. Ihr solltet lieber meinen … meinen Sohn finden.“
„Darum kümmern sich Ihre Kollegen. Wie Sie wissen, muss die Unabhängige Polizeibehörde immer ermitteln, wenn ein Beamter überfallen wurde. Kannten Sie die Täter?“
„Ob … ob ich sie kannte? Natürlich nicht!“ Sander öffnete das Auge wieder und starrte Mark wütend an.
„Ihre Frau hatte den Eindruck, dass Sie sie kannten?“ „Das tue ich nicht. Warum … warum sollte ich?“
„Kann es Rache sein für die Verhaftung der Mitglieder der Black Swan-Bande?“, fragte Roland und stützte sich mit beiden Händen auf dem Kopfteil ab. Er konnte den Schlauch des Katheters unter der Decke heraushängen und eine helle Flüssigkeit in einen Beutel am Bett laufen sehen und wurde ein weiteres Mal daran erinnert, warum er Krankenhäuser nicht ausstehen konnte.
Sander drehte langsam das Gesicht zur Decke und fixierte ihn mit dem Zyklopenauge. „Die waren nicht von Black Swan“, stellte er fest.
„Sind Sie sich ganz sicher? Ihre Frau hat deren Erkennungszeichen bemerkt. Die Tätowierung eines schwarzen Schwans auf der Hand.“
Sander schwieg lange und Roland überlegte, ob er gründlich nachdachte oder ob er Zeit gewinnen wollte.
„Das … das habe ich nicht gesehen. Alberte ist verletzt … sie … haben Sie mit ihr gesprochen? Wie geht es ihr? Der Arzt sagte …“ Er hustete heftig und griff nach dem Wasserglas auf einem Tischchen neben dem Bett. Auf dem Tisch waren keine Blumen, aber an mehreren Stellen auf der Intensivstation verboten sie diese aufgrund von Pollen und diversen gefährlichen Aromen. Roland beeilte sich, Sander das Glas zu geben, da es außerhalb seiner Reichweite stand. Mit Mühe führte er das Glas zum Mund, während Roland es von unten stützte.
„Wir haben noch nicht mit Alberte gesprochen, aber der Arzt sagte, dass es ihr den Umständen entsprechend gut geht“, sagte er, während Sander trank. Als er fertig war, stellte Roland das Glas zurück auf den Tisch, so nah an die Kante, dass Sander nächstes Mal allein rankäme. Wasser lief über sein Kinn und seine Brust, aber er schien es nicht zu bemerken.
„Aber nichts Neues von Janus?“, fragte er, die aufgeplatzten Lippen zitterten.
„Es ist eine große Suche im Gang, aber es würde Ihren Kollegen helfen, wenn Sie die Entführer besser beschreiben könnten. Sie haben sie also vorher noch nie getroffen?“
„Nein, ich … ich habe sie noch nie gesehen.“
Sander hatte das Auge wieder geschlossen.
„Wo kommt das Geld für Ihre USA-Reise her?“, fragte Roland und fing sich einen Seitenblick von Mark ein.
„Für die USA? Was meinen Sie? Ich … ich arbeite und bekomme mein Gehalt.“
„Ja, aber das war sicher eine teure Reise. Für die ganze Familie.“
Sander holte mühsam Luft. Er hyperventilierte und plötzlich kam eine Krankenschwester ins Zimmer und schaute auf einen der Bildschirme neben seinem Bett.
„Jetzt ist es genug für heute, der Patient braucht Ruhe“, stellte sie fest, nickte in Richtung der Tür, um ein „verschwindet“ anzudeuten und maß Sanders Puls.
Mark und Roland verließen widerstrebend das Zimmer und fragten nach Station N1, wo Alberte Lindholm lag. Leider war es im Hochhaus im zehnten Stock. Roland hielt den ganzen Weg nach oben im Aufzug die Luft an. Er mochte Aufzüge nicht, die in diese Höhe fuhren, aber die Treppen zu nehmen, wäre noch schlimmer gewesen.
Alberte Lindholm sah auch aus, als ob sie schliefe, öffnete aber sofort die Augen, als sie hineinkamen. „Habt ihr ihn gefunden?“, fragte auch sie sofort und machte Miene, sich im Bett aufrichten zu wollen, aber die Schmerzen hinderten sie daran. Sie war nicht so übel zugerichtet wie ihr Mann, aber die Trauer, die ihr Gesicht verzerrte, war so deutlich, dass es Roland in der Seele wehtat. Besonders, da die Hoffnung, die in ihren Augen entfacht wurde, sofort wieder zerstört wurde.
„Wir kommen nicht von der Polizei. Wir sind Ermittler der Unabhängigen Polizeibehörde“, erklärte Roland und schaute mit tiefem Mitgefühl auf sie hinunter. „Die Chancen stehen gut, dass Ihrem Sohn kein Leid geschieht, wenn er als Geisel in einem Tauschhandel benutzt wird“, versuchte er zu trösten. „Die Entführer wissen genau, dass sie nicht kriegen, was sie verlangen, wenn sie ihm etwas tun.“
„Aber was verlangen sie?“, übernahm Mark und stellte sich neben die andere Seite des Bettes.
Alberte drehte ihm verständnislos den Kopf zu. In der Haut waren Risse, aber sie hatte keine Stiche wie ihr Mann. Stattdessen überall kleine Pflaster zum Zusammenflicken.
„Ich weiß nicht, was Sie meinen.“, sagte sie mit gerunzelter Stirn wie unter heftigen Schmerzen.
„Wir haben gehört, dass Sie nach dem Überfall ausgesagt haben, Sie hätten den Eindruck gehabt, dass Ihr Mann die Täter kannte und über einen Tauschhandel mit Janus sprach.“
„Ich war verwirrt und übel zugerichtet, ich wusste nicht, was ich sagte. Ich kann mich gar nicht erinnern, das gesagt zu haben“, murmelte sie.
„Können Sie sich auch nicht daran erinnern, gesagt zu haben, dass der, der Sie geschlagen und getreten hat, eine Tätowierung eines schwarzen Schwans auf der Hand hatte?“
Alberte nickte. „Doch, hatte er. Jedes Mal, wenn er zugeschlagen hat, habe ich sie gesehen. Hilft das, Janus zu finden?“
„Das macht es der Polizei leichter, aber wir müssen auch wissen, ob Sander sie kannte, Alberte.“
Sie schaute Roland wieder an und ihre Augen wurden schmal. „Wieso? Beschuldigt ihr ihn für irgendwas? Hat er nicht genug gelitten?“