Blutstaub - Roland Benito-Krimi 9. Inger Gammelgaard Madsen
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Blutstaub - Roland Benito-Krimi 9 - Inger Gammelgaard Madsen страница 12
„Ich arbeite bei einem Fernsehsender und nicht bei einer Zeitung, wo du sicher starten wirst, falls du überhaupt in die Schule kommst.“ Sie nahm den Rucksack an dem einen Riemen über die Schulter. „Jetzt geh erst mal duschen. Du siehst wie nach ’nem Unfall aus!“
„Okay.“ Sabina langte zu dem Aschenbecher auf dem Tisch und drückte die Zigarette mit einem kleinen, schiefen Lächeln aus. Genau so wollte sie ja aussehen.
Sie wartete nicht lange, bis das TV2 Ostjütland-Auto am Bürgersteig hielt. Ninna öffnete die Tür zum Beifahrersitz, damit Anne einfach reinspringen konnte.
„Was weißt du über den Mord?“, fragte sie und spürte das Adrenalin bereits in den Ohren sausen. Das Gefühl, das sie an ihrem Job als Kriminalreporterin liebte. Das Sausen, auf das sie nicht verzichten konnte.
Es war nicht viel Verkehr. Die Leute hatten frei und viele verbrachten ihren Pfingst-Kater drinnen mit zugezogenen Gardinen, obwohl sich der Sommer heute von seiner schönsten Seite zeigte. Anne öffnete das Fenster und genoss den Wind in den Haaren, die noch nicht ganz trocken waren. Die Kopfschmerztabletten hatten angefangen zu wirken.
„Nur, dass es ein Messermord in einer Wohnung in Fjældevænget ist.“
„Mann oder Frau?“
„Mann. Warst du gestern feiern?“
Anne schielte zu Ninna und strich sich linkisch die Haare zurück. War das wirklich so deutlich? Ninna dagegen sah ungewöhnlich frisch aus.
„Und ob. Du nicht?“
Ninna guckte in den Außenspiegel, bevor sie links abbog und über die Ringstraßenbrücke weiterfuhr. Hier herrschte normalerweise ein Gewimmel von Fahrradfahrern und Fußgängern, aber so war es heute nicht, sie hatten fast freie Fahrt. Anne guckte nach unten auf die Züge, die einer Reihe ungeduldig wartender Stahlwürmer ähnelten, die zum Einsatz bereitstanden. Jedes Mal, wenn sie über die Brücke fuhr, dachte sie an damals, als sie angefangen hatte, Risse zu bekommen, und Betonstücke unter der Brücke herunterfielen. Die DSB, deren Team da unten an den Schienen arbeitete, kontaktierte die Gemeinde Aarhus wegen des Problems, aber die Ingenieure meinten, die Brücke sei sicher genug. Als das Problem bestehen blieb, musste die Gemeinde doch in die Tasche greifen und sich den Beton nochmals anschauen. Anne hatte als Neuling bei der nun geschlossenen Lokalzeitung Tageblatt mehrere Artikel über die Sache geschrieben. Heute war die Brücke umgebaut mit extra Linksabbiegerspur in die Værkmestergade.
„Nee, wir betrinken uns nicht.“
„Wir?“
„Ja, in unserer Familie.“
„Okay.“ Anne musste nicht wissen wieso, deshalb nickte sie nur und sah die Eisenbahn unter sich verschwinden.
„Mein Vater ist Moslem“, fuhrt Ninna dennoch fort. „Wir trinken nicht.“
„Du bist Muslimin?“, fragte Anne überrascht und schaute Ninna verblüfft an, die nicht nordischer hätte aussehen können.
„Ich nicht. Nicht so. Ich bin auch nicht getauft, wir Kinder durften selbst entscheiden, an welche Religion wir glauben wollten. Natürlich wäre es meinem Vater am liebsten gewesen, dass wir Moslems geworden wären. Ein moslemischer Vater hat die Pflicht, seine Kinder im islamischen Glauben zu erziehen.“ „Was ist denn mit deiner Mutter?“
„Die ist Dänin und Christin, wie es Dänen nun mal sind.“
Darf ein moslemischer Mann wirklich einfach so eine Christin heiraten?“
„Dem Islam zufolge ist es einem moslemischen Mann gestattet, aber eine Muslimin darf keinen Christen heiraten.“
„Und da reden wir von Gleichberechtigung …“
Ninna sah schnell zu ihr. „Ja, das war eine große Herausforderung für meine Mutter, die Familie zum Funktionieren zu bringen, sodass auch Platz für Allah ist, aber es hat geklappt.“ „Du siehst aber gar nicht besonders … fremd aus“, konstatierte Anne und lächelte, damit es nicht missverstanden wurde.
„Mein Vater ist Türke und ist in den 70ern der Arbeit wegen nach Dänemark gekommen - damals gab es einen Mangel an Arbeitskräften. Hier hat er meine Mutter getroffen, der ich ähnlich sehe.“
Ninna schaute wieder in den Außenspiegel, als sie vom Herredsweg abbog. Es war leicht zu sehen, wo der Mord passiert war. Das blaue Auto der Kriminaltechniker parkte neben einem Streifenwagen. Ninna bog ein und parkte hinter dem blauen Lieferwagen vor den gelben Gebäuden. Der Großteil der städtischen Presse war ebenfalls erschienen und drängelte hinter dem Absperrband der Polizei, das die Haustür und ein Stückchen des Gebüschs davor einrahmte.
Bevor Anne aus dem Auto stieg, hatte sie Vizepolizeidirektor Anker Dahl entdeckt, der aussah, als wolle er den Schauplatz verlassen, aber nun auf dem Parkplatz von Journalisten mit Mikrofonen als verlängerte Arme gestoppt wurde. Sie hatte mit dem neuen Vizepolizeidirektor keinen guten Start gehabt und atmete tief ein. Wäre Jytte nicht im Luxusurlaub in Dubai, hätte sie ganz sicher den Auftrag übernommen. Sie war die Topreporterin und -moderatorin von TV2 Ostjütland und wusste immer, wie sie sich benehmen musste. Das war Annes Strafe dafür, einmal ein Interview mit dem Vizepolizeidirektor falsch angegangen zu haben, dass Jytte sich nun darum kümmerte, wenn es um Interviews mit Polizisten, Politikern und Beamten ging, sodass der kleine Fernsehsender seinen guten Ruf nicht ruinierte. Alle hatten Vertrauen zu Jytte, und der Vizepolizeidirektor hätte ihr ganz bestimmt nicht den Blick zugeworfen, den Anne nun hinnehmen musste, als sie sich den Weg nach vorn gebahnt hatte. Deswegen fragte sie auch nicht sofort etwas, sondern hielt lediglich ihr Diktiergerät hin, um die Antwort auf die Frage eines anderen Journalisten aufzuschnappen.
„Das Einzige, was ich gerade sagen kann ist, dass es sich um einen Messermord handelt“, war die abweisende Antwort. „Sie müssen auf die Pressekonferenz warten.“
Aber das war eine Phrase, mit der sich Journalisten nie abspeisen ließen.
„Ist der Tote polizeibekannt?“, wollte einer von ihnen wissen.
„Dazu kann ich mich nicht äußern.“
„Haben Sie Verdächtige?“, ertönte es von einem anderen.
Anker Dahl öffnete die Tür zu seinem Auto und schüttelte den Kopf als Indikator dafür, dass er die Versammlung für einen Haufen unintelligenter Individuen hielt, die ein Nein nicht als ein Nein verstanden.
„Ist es eine interne Auseinandersetzung? Banden?“, fragte Anne, da sie wusste, dass diese Frage den Vizepolizeidirektor zum Antworten bringen würde. Jedenfalls, wenn das nicht der Fall war.
Anker Dahl drehte sich zu ihr um, die eine Augenbraue schoss anklagend hoch zur Stirn. „Hier ist nicht die Rede von Bandenkonflikten. Das kann ich mit Sicherheit sagen!“
Stillschweigend vorausgesetzt, dass die Polizei von Ostjütland das Bandenmilieu in Aarhus im Griff hatte, dachte Anne und hatte Lust, bei dem Thema viel mehr nachzubohren.
„Sie tappen also völlig im Dunkeln?“ Eine Feststellung, von der sie wusste, dass er ebenfalls darauf reagieren musste, um nicht als inkompetent dazustehen.