Blutstaub - Roland Benito-Krimi 9. Inger Gammelgaard Madsen

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Blutstaub - Roland Benito-Krimi 9 - Inger Gammelgaard Madsen Ronaldo Benito

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lieber beeilen.“

      „Schön, Sie getroffen zu haben, Silje.“

      Sie umfasste den Trolleygriff. „Gleichfalls. Wie heißen Sie eigentlich?“

      „Ich heiße Kamilla. Kamilla Holm.“

      „Ich freue mich auf Ihr Foto-Essay. Gute Reise!“

      „Danke, Ihnen ebenfalls.“ Kamilla vertiefte sich wieder in die Zeitschrift.

      Silje zog hastig den Trolley hinter sich her. Sie war so in das Gespräch mit der Fotografin vertieft gewesen, dass sie den Aufruf zum Gate nicht gehört hatte. Jetzt warteten sie auf sie. Das letzte Stück rannte sie und schwitzte noch mehr, als sie den Schalter erreichte. Sie wurde zum Terminal gebracht von einer - trotz der Umstände - immer noch lächelnden, dunklen Frau in der dunkelgrünen Stewardess-Uniform der Ethiopian Airlines.

      Das Propellerflugzeug mit Platz für fünfzig Passagiere, in dem lange nicht alle Sitze besetzt waren, erreichte Asossa nach einer Stunde und fünfzehn Minuten Flugzeit. Silje döste und versuchte, innerlich Ruhe zu finden, indem sie ihren Atem regulierte, wie sie es beim Yoga gelernt hatte. Aber nun war sie bald an der Endstation und ihr Herz klopfte noch schneller. Auch der Zweifel kam. Hatte ihre Mutter doch recht damit, dass es eine schlechte Idee war?

      Sie wachte auf, als eine knisternde Stimme über Funk Bescheid gab, dass der Landeanflug begonnen hatte und die Passagiere ihre Sitze in eine aufrechte Position bringen und sich anschnallen sollten. Sie schaute aus dem Fenster. Das Flugzeug durchbrach die Wolkendecke. In der Landschaft unter ihr wechselten sich hohe, üppige Berge und grüne und goldene Flächen mit roter Erde ab. Es wurde eine harte Landung. Eine von der Sorte, die sie nicht mochte, und als sie endlich das Flugzeug verlassen konnte und ihr die feuchte Wärme auf der Flugzeugtreppe einen Augenblick lang den Atem raubte, begegnete ihr, was sie in Addis Abeba erwartet hatte. Es gab nur eine asphaltierte Landebahn, umgeben von dieser roten Lateriterde. Sie hatte mal irgendjemanden sagen hören, dass diese rote Erde von all dem Blut käme, das die Afrikaner geopfert hätten. Das war bestimmt in einem Film gewesen. War es Blood Diamond? Die Worte hatten sie jedenfalls berührt, als sie sie gehört hatte. Nun taten sie es wieder.

      Die Ankunftshalle war bei weitem nicht so ausladend wie die des Bole International Airports in Addis Abeba, und es dauerte nicht lange, den Koffer zu bekommen. Vor dem Gebäude entdeckte sie das Auto. Entschlossen ging sie zu dem Mann hin, der eine weiße MSF-Weste trug, die in der Sonne aufleuchtete. Er wartete auf sie und hielt ein Schild mit ihrem Namen hoch.

      „Silje Vuong, I presume?“, erkundigte er sich, was sie zum Lächeln brachte, da sie sofort an Stanleys bekannte Worte an Dr. Livingstone auf afrikanischem Boden dachte. Sie nickte und ließ ihn den Koffer aus ihrer Hand nehmen. Er nahm auch den Trolley und warf ihn zusammen mit dem Koffer in den Kofferraum des staubigen, weißen Toyota Land Cruiser mit dem roten Médecins Sans Frontières-Logo auf der Seite, bevor er ihr die Hand gab.

      „Welcome. I’m Alem, and I will drive you to the camp. Was it a nice trip?“

      Sein Händedruck war fest. Die Hand war sehnig und trocken in ihrer feuchten. Es war also nicht er, der sie abholte. Es war schwer, ihre Enttäuschung zu verbergen, aber die Ärzte hatten sicher viel zu tun. Sie setzte die Sonnenbrille auf, nahm auf dem Beifahrersitz Platz und sah ein, dass der braune Kaffeefleck auf der weißen Hose nicht der einzige Fleck sein würde, wenn sie ankam.

      „Yes, it was okay. How long does it take?, fragte sie.

      Alem teilte mit, dass sie circa eine Dreiviertelstunde nach Norden fahren würden und wenn es unterwegs keine Hindernisse gäbe, am Spätnachmittag im Lager sein würden.

      „Are you a doctor – or nurse?“, erkundigte er sich, und als sie lächelnd den Kopf schüttelte, wollte er wissen, was sie dann im Lager machen würde. Den eigentlichen Grund konnte sie ihm nicht erzählen. Sie hielt sich an die offizielle und teils wahre Version, dass ihr ein Job als Administratorin im Flüchtlingslager angeboten worden sei, sie aber noch nicht genau wusste, was sie machen sollte, abgesehen davon, dass es etwas mit Buchhaltung und Personal zu tun hatte, wofür sie ausgebildet war.

      „But the camp will shut down soon, you know?“, sagte Alem und schaute schnell zu ihr mit gelblichen Augen. Die Sonne hatte im Laufe der Zeit seinem Gesicht zugesetzt. Und das Leben sicher auch.

      Sie nickte. Wusste, dass das Lager bald schließen würde und informierte ihn darüber, dass sie genau dabei mithelfen sollte. Es gab keinen Bedarf mehr für die Anwesenheit von Ärzte ohne Grenzen. Die Situation in der Gegend war unter Kontrolle und andere Gebiete brauchten die Hilfe dringender. Das passte ihr sehr gut. Tatsächlich hatte sie genau diese Tatsache als ein Zeichen gesehen. Ein Zeichen dafür, dass sie das tun musste, wofür sie schon lange Pläne gehegt hatte. Man könnte es auch Schicksal nennen. Irgendwie tat es auch gut, seiner Mutter und ihren Warnungen zu trotzen. Eine Strafe. Für die lebenslange Lüge, mit der sie aufgewachsen war. Er will dich ja nicht kennen, hatte ihre Mutter gesagt. Aber Silje meinte, wenn sie vor ihrem Vater stünde, würde er es nicht ablehnen können, seine Tochter zu empfangen. Das war ihre Überzeugung. Sie betrachtete die Landschaft und die Sonne, die in roten und orangefarbenen Nuancen durch die Wolkendecke schien. Sie war hier, um ihn zu finden. Dann musste die Zeit zeigen, was daraus wurde.

      Alem war ein Mann weniger Worte. Nachdem er ihr erzählt hatte, dass er Fahrer, eine Art Mädchen für alles im Lager und in einem kleinen Dorf in Äthiopien aufgewachsen war, sagte er nicht mehr besonders viel. Er konzentrierte sich auf die Fahrt, was auch notwendig war. Sie klammerte sich an den Sicherheitsgurt, wenn das Auto in hohem Tempo heftige Kurven fuhr, um den größten Schlaglöchern im Weg auszuweichen. Die Sonne brannte unbarmherzig. Hier hatte es lange nicht geregnet. Die große Regenzeit sollte bald kommen, aber der Himmel zeigte noch keinerlei Anzeichen dafür. Das Einzige, was sie zu allen Seiten sehen konnte, waren rote Erde und vereinzelte Bäume, verkrüppelt in dem eisenhaltigen, trockenen Untergrund. Bläuliche Berge unterbrachen das flache Terrain am Horizont. Am Straßenrand liefen Afrikaner in staubigen Gewändern und trieben Ziegen, magere Kühe und Esel vor sich her. Es waren auch ein paar Kinder dabei, die nackten Beine voller Dreck. Die Babys waren mit einem Tuch bei ihren Müttern auf den Rücken gebunden und sahen ziemlich eingezwängt aus. Die meisten Frauen trugen lange, farbenfrohe Kleider. Einige winkten Alem zu, der lächelnd zurückwinkte. Eine Kinderschar lief hinter dem Auto her. Sie kannten sicher alle das rote Logo von Ärzte ohne Grenzen. Silje drehte sich um und sah durch die Heckscheibe die Kinder, die riefen und lachten und rannten, so schnell sie konnten, selbst die Kleinsten.

      „Great kids“, sagte Alem und lächelte ein bisschen wehmütig.

      Sie bogen plötzlich ein, vor ein gelbverputztes Gebäude mit blau bemalten Sparren und schwedenroten Balken, die ein Halbdach trugen, unter das vor einer langen Reihe Gitterfenster eine Wäscheleine gezogen war. Einige Jacken und Handtücher hingen zum Trocknen in der Sonne. Sie riss die Augen auf, als Alem neben einer Karre mit einem Esel davor parkte. Ein älterer, sehniger Einheimischer mit weißen, krausen Haaren half einer Frau, einige blaue Behälter von dem Karren herunterzuheben. Die Arbeit wurde genau verfolgt von einem kleinen, mageren Jungen, der sich dicht an den Alten hielt. Die Frau sah auf und schirmte die Augen vor der Sonne ab, dann lächelte sie, stellte einen Behälter auf die rote Erde und kam ihr entgegen.

      „Du musst die neue Mitarbeiterin sein“, sagte sie.

      Silje schob die Sonnenbrille in die Haare. „Ja, ich heiße Silje. Silje Vuong“, antwortete sie, erleichtert darüber, dass es noch andere Dänen im Lager gab. Außer ihm, natürlich. Es war lange her, dass sie Englisch gesprochen hatte.

      „Ich habe erwartet, eine Asiatin zu sehen … bei dem Namen“, lächelte die Frau. „Samanta

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