Blutstaub - Roland Benito-Krimi 9. Inger Gammelgaard Madsen
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„Aber man sollte wohl wissen, wo man drückt?“
„Das kann bei einem Unfall passieren, natürlich, zum Beispiel bei Asphyxiophilie.“
„Gibt es denn Anzeichen für sexuellen Missbrauch?“
„Nein, auf den ersten Blick nicht. Sieht sehr professionell aus. Es sind ausschließlich Spuren auf den Punkten aufgetreten, die den Tod zur Folge haben. Hier wurde nicht nach den richtigen getastet. Der Täter oder die Täterin wusste, was er oder sie tat.“
Anker Dahl nickte. Jetzt hatte er die Würgemale entdeckt.
„Kannst du davon Fingerabdrücke nehmen?“, fragte er, richtete sich auf und stieß gegen Niels Nyborg, der dicht hinter ihm stand, um ebenfalls besser sehen zu können.
„Ich bezweifle es, aber versuche es natürlich.“
„Sie liegt fast, als wäre sie so drapiert worden. Würde sie so friedlich und entspannt auf der Seite liegen, die Hände auf dem Kissen, wenn sie erwürgt worden wäre? Sie sieht aus wie jemand, der zugedeckt wurde“, meinte Niels.
Anker Dahl schenkte ihm ein schnelles, anerkennendes Nicken und schaute zu Natalie. „Ist das hier im Bett passiert? Vielleicht, während sie schlief?“
„Ich weiß nicht viel mehr, bis ich sie näher untersucht habe. Und jetzt sollten wir lieber Platz für die Kriminaltechniker machen, damit sie Spuren sichern können.“
Erst jetzt bemerkte Anker Dahl die weiß gekleideten Gespenster mit grünem Haarnetz und Mundschutz in der Küche. In dem kleinen Zimmer war nicht genug Platz für sie alle.
„Untersucht, ob jemand durchs Fenster reingekommen ist, und wir müssen abklären, ob der Mord hier passiert ist oder ob sie bewegt wurde“, wies er den ersten Techniker an. Dieser nickte.
„Das hier ist ja nicht makaber. Kein Blut oder eine Tatwaffe, meine ich. Aber wir werden natürlich alles tun, was wir können“, sagte die Stimme hinter dem Mundschutz. Die Augen lächelten nicht.
Anker Dahl überlegte, ob Sarkasmus in der Stimme lag, ließ es aber gut sein. Er zog den weißen Schutzanzug, die Schuhüberzieher und die Handschuhe aus, als er in den Flur kam. Niels Nyborg hinter ihm tat es ihm gleich.
„Ja, die Gäste würden wohl ein wenig protestieren, wenn wir in diesem Aufzug zurück an den Pfingsttisch kämen“, sagte er.
Anker Dahl nickte und lächelte gezwungen. Es gab an seinem Pfingsttisch schon genug Proteste, obgleich sie schweigend stattfanden. Mehrere Familienmitglieder, die sonst normalerweise Pfingsten zusammen mit ihnen gefeiert hatten, hatten dieses Jahr abgesagt. Wegen anderer Vorhaben. Aber es gab ein deutliches Muster dahin gehend, dass die, die abgesagt hatten, alte Freunde von Valdemar Dahl waren. Sein armer, blinder Vater, der nun wegen der Unbarmherzigkeit seines treulosen Sohnes hinter Gittern litt. Die gleiche Haltung ihm gegenüber hatte er bei seinen Mitarbeitern bemerkt, aber in einem etwas anderen Sinne. Wie der Vater, so der Sohn. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm oder so etwas in der Art. So dachten sie. Oder bildete er sich das bloß ein? Wie Ann-Marie sagte. Er schaute zu Niels Nyborg, der sich mit seinen langen Beinen aus dem Overall kämpfte. Sie hatten eine ähnliche Statur, Anker Dahl war es auch schwergefallen, die Hosenbeine über die Schuhe zu streifen. Niels hatte nichts zu Valdemar Dahl gesagt. Gar nichts. Das hatte niemand im Polizeipräsidium, aber genau das - das Schweigen - vermittelte ihm das Gefühl des Misstrauens. Wie in seiner Familie. Er hatte keine Ahnung, was sie glaubten und dachten. Aber statt es anzusprechen, hatte er sich entschieden, es zu ignorieren. Es konnte ihm egal sein. Er war zum Vizepolizeidirektor ernannt worden, wie es ihm der Polizeidirektor versprochen hatte. Der ehemalige Vizepolizeidirektor Kurt Olsen war in den Ruhestand gegangen und hatte ihm etwas widerwillig seinen Stuhl und sein Büro überlassen. Jetzt war er derjenige, der bestimmte. Wenn in dem Respekt Verachtung mitschwang, machte es ihm nichts aus. Er hatte auf seinem Weg an die Spitze ein bisschen was von allem probiert und würde sicher viel Schlimmeres erleben, bis er ganz oben war.
„Wurden die Nachbarn verhört?“, fragte er Niels Nyborg, der sich gerade mit dem Rücken zu ihm aufrichtete. Der Beamte drehte sich um und guckte ihn mit offenem Mund an. Nase und Augen liefen in dem angeschwollenen Gesicht um die Wette.
„Nein, noch nicht.“
„Mach es jetzt, solange du hier bist und es eventuellen Zeugen in frischer Erinnerung ist. Die meisten sind sicher zu Hause an einem Pfingsttag. Wir müssen auch klären, wo sich Zuzanna Johansen gestern Abend aufgehalten hat und mit wem sie zusammen war.“
Anker Dahl eilte hinaus. Er hatte den Plan, ins Polizeipräsidium zu fahren und zu arbeiten, jetzt, da er eine Chance hatte, dem Familientreffen zu entkommen, das sich wie eine Pflicht anfühlte für die paar Gäste, die für Hering und Schnaps angerückt waren. Und sie fühlten sich Ann-Marie und Robin verpflichtet. Nicht ihm.
Er blieb vor dem Haus hinter dem leicht flatternden Absperrband stehen und betrachtete das offene Fenster zu der Wohnung, die im Erdgeschoss lag. Die Lundbyesgade war eine ruhige Straße. Besonders an Pfingsten. Keine Menschenseele war zu sehen. Viele hatten sicher die Pfingstsonne tanzen gesehen und er befürchtete, dass es schwer werden könnte, nüchterne, glaubwürdige Zeugen zu finden.
Während er in der Sonne stand, sah er die Katze sich nähern. Ganz weiß und den Schwanz hochgereckt. Sie saß einen Augenblick lang unterm Fenster und schaute nach oben. Sie trug ein Halsband. Anker Dahl ging zu ihr. Sie wirkte zahm und miaute. War ihretwegen das Fenster offen? Konnte sie wirklich hoch- und hineinspringen? Vielleicht, wenn sie den Stromkasten oder das abgestellte Fahrrad als Sprungbrett benutzte. Was würde sie erzählen können?
Er setzte sich auf die Treppenstufe und versuchte, sie zu sich zu locken. Er war kein Katzenliebhaber, streckte aber dennoch die Hand aus, um ihr übers Fell zu streichen, doch die Katze wich nervös zurück. Nun war es so, dass es tatsächlich die Katzen waren, die ihn nicht liebten, musste er erkennen; was genau sie an ihm nicht leiden konnten, wusste er nicht. Vielleicht war es sein Geruch, vielleicht der bohrende Blick, vor dem auch alle anderen Respekt hatten. Er konnte die Techniker drinnen in der Wohnung rumoren hören, sicher war es das, was die Katze am Hochspringen hinderte. Er nutzte ihre Unaufmerksamkeit, warf sich nach vorn, erwischte sie und hielt sie fest. Kitto hieß sie. Das stand auf der runden Katzenmarke, die am Halsband befestigt war mit einer eingravierten Pfote auf der Vorderseite. Die Adresse passte. Das Erste, was er bemerke war, dass ihr Fell schwach nach Parfum duftete. Die Katze zappelte und zerkratzte seine Hände und Arme, dann spürte er etwas im Rückenfell der Katze an seinen Fingern kleben. Als er sich vorstellte, was es sein könnte, ließ er sie angewidert runter. Kitto sah scheu zu ihm auf, als er ihr obendrein einen Schubs mit dem Fuß gab, um sie zum Verschwinden zu bringen. Sie spurtete weg und verschwand unter einem geparkten Auto. Dann realisierte er, was das an seinen Fingern und der hellen Windjacke war. Es war Blut.
3
„Doch nicht den Schlips, Kurt!“ Eves Stimme klang vorwurfsvoll.
„Welchen dann?“ Kurt Olsen zerrte vor dem Badezimmerspiegel grimmig seine Lieblingskrawatte vom Hemdkragen.
„Den, den du von mir zum Vatertag geschenkt gekriegt hast zum Beispiel.“
Sie stellte sich neben ihn an das Doppelwaschbecken und musterte zufrieden ihr eigenes Spiegelbild, richtete sich die Haare ein wenig und frischte den Lippenstift auf. Korallenrot. Ja, damit sie zum Schlips passte, knurrte Kurt innerlich, während er ihn gehorsam aus dem Garderobenschrank