Die Abenteuer des Kapitän Hatteras. Jules Verne
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Von Uppernawik an bot das Land einen anderen Anblick, und es zeichneten sich am Horizont die Profile unermesslicher Gletscher auf grauem Himmelsgrund. Am 10. ließ der Forward die Bai Hingston rechts nächst dem vierundsiebzigsten Breitengrad: mehrere hundert Meilen westlich von dem Eingang des Lancaster-Sund.
Dann aber verschwand die ungeheure Wasserfläche unter ausgedehnten Eisfeldern, auf welchen regelmäßige Spitzhügel wie die Kristallisation der nämlichen Substanz sich erheben. Shandon ließ heizen, und bis zum 11. Mai schlängelte der Forward durch die gewundenen Engen, und sein schwarzer Rauch zeichnete am Himmel den Weg, welchen er nahm.
Aber bald zeigten sich neue Hindernisse; da die schwimmenden Massen beständig ihre Stelle wechselten, so schlossen sich die engen Fahrwasser; vor dem Vorderteil der Forward drohte jeden Augenblick das Waser zu mangeln, und wenn er eingeklemmt wurde, würde es ihm schwerfallen, sich wieder herauszuziehen. Jeder wusste es, jeder dachte daran.
Auch zeigten sich an Bord dieses Schiffes ohne Ziel, ohne bekannte Bestimmung, das sinnlos nach Norden zu steuerte, einige Symptome schwankender Gesinnung; unter den an ein Leben voll Gefahren gewöhnten Leuten fanden sich manche, die trotz der gebotenen Vorteile es bereuten, sich so weit gewagt zu haben. Es herrschte bereits in den Gemütern eine gewisse Entmutigung, welche durch die Angst Cliftons und die Reden von einigen Anstiftern, wie Pen, Gripper, Waren und Wolsten noch zunahm.
Zu der gemütlichen Herabstimmung der Mannschaft gesellten sich dann noch erschöpfende Strapazen, denn am 12. Mai war die Brigg auf allen Seiten eingeschlossen; die Dampfkraft reichte nicht mehr aus, man musste sich durch die Eisfelder eine Bahn machen. Bei den sechs bis sieben Fuß dicken Blöcken war die Anwendung der Sägen sehr mühevoll; wenn in einer Länge von hundert Fuß zwei Parallelschnitte gemacht waren, musste man das zwischen denselben befindliche Eis mit Äxten und Hebebäumen zerbröckeln; dann steckte man Anker durch ein mit einem starken Bohrer gemachtes Loch; dann begann man die Winde anzuwenden und zog das Schiff mit den Armen; eine sehr große Schwierigkeit bestand noch darin, dass man die Eisstücke unter die Blöcke bringen musste, um dem Fahrzeug Bahn zu machen; und man musste sie vermittels langer Stangen mit einer eisernen Spitze hinwegstoßen.
Kurz, das Sägen, Ziehen, Winden, Stoßen – unablässig notwendige, gefährliche Verrichtungen mitten im Nebel oder dichtem Schnee, die niedrige Temperatur, Augenleiden, Gemütsbefangenheit – alles wirkte zusammen, die Mannschaft herabzustimmen und auf ihre Einbildungskraft zu wirken.
Haben es die Matrosen mit einem energischen, kühnen, überzeugten Manne zu tun, der seines Zweckes, seines Weges und Zieles sicher ist, so hält das Vertrauen sie wider Willen aufrecht; sie sind mit ihrem Haupt eines Sinnes, stark durch seine Kraft, und ruhig durch seine Ruhe. Aber an Bord der Brigg wusste man, dass der Befehlshaber nicht sicher war, bei dem unbekannten Ziel und Bestimmungsort schwankte. Trotz der Energie seines Charakters gab sich durch Änderung der Befehle, unvollständige Manöver, unzeitige Bemerkungen, durch eine Menge Einzelheiten, welche der Mannschaft nicht unbemerkt bleiben konnten, seine Schwäche unwillkürlich kund.
Und dann, Shandon war doch nicht Kapitän des Schiffes, von dem nach Gott alles abhing; Grund genug, dass man über seine Befehle disputierte, und vom Disputieren bis zur Gehorsamsverweigerung ist nur ein leichter Schritt.
Die Unzufriedenen gewannen bald den ersten Maschinisten für sich, der bisher sich streng an seine Pflicht hielt.
Am 16. Mai, sechs Tage nachdem der Forward bei der Eisdecke angelangt war, hatte Shandon noch keine zwei Meilen nordwärts zurückgelegt. Man war mit dem Schicksal bedroht, im Eise stecken zu bleiben. Das war ein bedenklicher Fall.
Gegen acht Uhr gingen Shandon und der Doktor in Begleitung des Matrosen Garry aus, um auf der unermesslichen Ebene zu rekognoszieren; sie waren bedacht, sich nicht allzu weit von dem Schiff zu entfernen, denn es wurde schwierig, sich in den weißen Einöden, deren Ansichten sich unaufhörlich änderten, Merkpunkte zu bilden. Die Strahlenbrechung hatte sonderbare Wirkungen, sodass der Doktor darüber staunte; wo er meinte, nur einen Fuß weit springen zu müssen, musste man über fünf bis sechs Fuß hinaus; oder es fand der entgegengesetzte Fall statt: In beiden Fällen aber kam es auf den glasharten Eisstücken zum Niederfallen, was, wenn auch nicht gefährlich, doch immer beschwerlich war.
Shandon suchte mit seinen Begleitern fahrbare Wasserwege; in einer Entfernung von drei Meilen vom Schiff erstiegen sie mit ziemlicher Beschwerde einen Eisberg, welcher dreihundert Fuß hoch sein mochte. Von hier aus schweifte ihr Blick über diesen wüsten Haufen, gleich den Trümmern einer Riesenstadt mit umgeworfenen Obelisken, zusammengestürzten Türmen und umgekehrten Palästen. Die Sonne zog mühsam ihre Kreise um einen mit Bergspitzen besetzten Horizont und warf lange, schiefe Lichtstrahlen ohne Wärme, als wenn nichtwärmeleitende Stoffe zwischen sie und dies traurige Land gedrungen wären.
Das Meer schien, soweit die Blicke nur reichten, völlig festgefroren.
»Wie kommen wir weiter?« fragte der Doktor.
»Ich weiß nicht«, erwiderte Shandon, »aber wir kommen weiter, müssten wir auch diese Berge mit Pulver sprengen; ich lasse mich gewiss nicht durch diese Eisblöcke bis zum nächsten Frühjahr hier festhalten.«
»Wie das jedoch«, sagte der Doktor, »dem Fox fast in diesen nämlichen Gegenden passiert ist. Ei doch! Wir dringen durch … mit ein wenig Philosophie. Sie werden sehen, das ist so viel wert wie alle Maschinen!«
»Man muss zugeben, dass dieses Jahr nicht eben günstige Aussicht darbietet.«
»Unstreitig, Shandon, und ich bemerke, dass das Baffins-Meer die Neigung zeigt, in den Zustand vor 1817 zurückzukehren.«
»Meinen