Flusenflug. Peter Maria Löw

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Flusenflug - Peter Maria Löw

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hatte Ralf bereits bei Abflug eines reservieren lassen. Etwas überrascht waren wir nun, als uns der Angestellte mitteilte, dass wir gleich unter zehn Cabrios wählen konnten. Alle seien verfügbar. Entweder hatten sie unendlich viele Cabrios oder irgendetwas stimmte nicht. Letzterer Fall erwies sich als richtig, als wir abends, auf Kangaroo Island angekommen, feststellen mussten, dass wir nicht auf dem Weg zu einer gesunden Bräune waren, sondern eher wie in kochendes Wasser geworfene Hummer aussahen. Wir hatten uns einen ziemlich schweren Sonnenbrand eingefangen. Jetzt erst wurde uns klar, warum kein Mensch im Sommer in Sydney und Umgebung ein Cabrio mietet, die UV-Strahlung ist einfach zu hoch. Ein Cabrio in Sydney ist eher ein Winterfahrzeug. So fuhren wir also die nächsten Tage und Wochen in unserem Cabrio bei geschlossenem Verdeck, labten unsere Wunden und versuchten, mit Kapuzenpullover und Sonnenschutzcreme Stärke 50++ einigermaßen über die Runden zu kommen.

      Nachdem wir irgendwann dann über Canberra wieder nach Sydney zurückgecruist waren, sollte Phase zwei unserer Reise beginnen. Wir begaben uns, frohgemut wie wir waren, zum nächsten Flughafen außerhalb von Sydney, um dort ein Flugzeug anzumieten. Auch Schläpferli besaß eigentlich eine Fluglizenz. Was er aber nicht hatte, war ein gültiges Medical, also ein medizinisches Zeugnis, das ihn für flugtauglich erklärte. Dieses war nämlich blöderweise eine Woche vorher abgelaufen. Ein neues Medical zu erhalten stellte sich als schier unmöglich heraus, denn er hatte eine US-amerikanische Lizenz und hätte ein hochkompliziertes Konversionsverfahren durchlaufen müssen. Ich dagegen besaß ein Medical mit längerem Gültigkeitsdatum. Dies beruhte jedoch nur auf der Tatsache, dass sich der attestierende Arzt versehentlich beim Ablaufdatum um zwei Jahre verschrieben hatte. Ich hatte also ein materiell ungültiges Medical, das jedoch formal mit dem eingetragenen Datum richtig aussah. Das musste reichen. Und so gelang es mir, das Flugzeug zu mieten und noch besser, ich war der einzige formelle »pilot in command«, hatte also schon von Gesetzes wegen als Einziger das Sagen. Ralf schäumte ein bisschen. Unter meinem Kommando mitzufliegen war offenbar nicht seine Traumvorstellung. Aber so sind halt nun einmal die harten Regeln der Luftfahrt.

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      Wir flogen mit unserer Cessna 182 fröhlich Richtung Norden an der Küste entlang. Immer wenn wir etwas Interessantes entdeckten, landeten wir am nächsten kleinen Flughafen und sahen uns um. Wir steuerten einsame Inseln an und übernachteten dort, flogen in die Berge, über das Great Barrier Reef und wieder zurück. Dass dabei natürlich auch das ein oder andere Missgeschick auftreten konnte, war eigentlich klar, wurde jedoch von Ralf immer wieder genutzt, um meine Pilotenqualifikation in Frage zu stellen. So war ich beispielsweise einmal bereits im Landeanflug auf einen wunderschönen Flugplatz einer tropischen Insel, als urplötzlich eine farbenfrohe Beleuchtung des Flugplatzes eingeschaltet und aus Geschütztürmen Kanonenrohre bedrohlich auf unser Flugzeug gerichtetet wurden. Ich beschloss in letzter Sekunde, unsere Landung abzubrechen und unsere Maschine doch nicht neben einer ganze Reihe von Flugzeugen, die sich als Militärdüsenjets erwiesen, zum Stehen zu bringen. Tatsächlich handelte es sich um ein Restricted Area und einen Militärflughafen, dessen unbefugte Benutzung im schlimmsten Fall mit einem Abschuss belohnt worden wäre.

      Ein andermal beabsichtigte ich, über eine, wie es aussah, ziemlich weit ausladende Halbinsel in einem Shortcut hinwegzufliegen. Mir war schon klar, dass die Berge, die man im Hintergrund sehen konnte, eine beträchtliche Höhe hatten. Ich hatte aber ein sehr breites Tal ausgemacht, in das ich hineinfliegen wollte, um dann auf der anderen Seite irgendwie schon wieder herauszukommen. So würde ich mir ein mühseliges Umfliegen der Halbinsel ersparen. Schläpferli war natürlich wieder einmal etwas nörglerisch und warnte vor allen möglichen Gefahren. Es war sehr schönes Wetter und so entschloss ich mich als »pilot in command«, einfach einmal reinzufliegen. Nun, das schöne, sehr breite Tal wurde nach zehn Minuten Flugzeit dann immer enger und enger, die Berghänge vor allen Dingen immer höher, und unsere kleine Maschine hatte irgendwann schon etwas Schwierigkeiten, in dieser Höhe und der dünnen Luft noch zu steigen. Das Ende des Tales kam bald in bedrohliche Nähe. Auch mir erschien es jetzt ein wenig unsicher, ob unsere Maschine die geforderte Höhe überhaupt noch rechtzeitig erreichen könne. In einem meisterhaften U-Turn konnte ich Schläpferli dann doch noch von meinen Flugkünsten überzeugen. Der fand das in der Zwischenzeit aber trotzdem nicht mehr witzig. Ich erklärte ihm, er solle sich nicht so haben, irgendwie hätten wir das ja geschafft, das hätte ich schon vorher im Gefühl gehabt. Nur wegen seines Genörgels würden wir jetzt wieder zurückfliegen.

      In Cairns angekommen hatte Schläpferli endgültig keine Lust mehr weiterzufliegen. Wir mieteten uns erstmal ein Auto und setzten den dritten Teil unserer Reise fort. Wir fuhren also ein wenig Richtung Süden an der Küste entlang, um ungefähr in der Höhe der Whitsunday Islands ein Boot zu mieten. Ralf, der immerhin einen Segelschein besaß, hatte schon alles organisiert. Er hatte ein Segelboot für sechs Personen vorbestellt für zehn Tage. Er erklärte mir, Segeln sei eigentlich ganz einfach. Es mache nichts, dass ich überhaupt keine Ahnung vom Segeln hätte, er würde mir einfach Kommandos geben, auf dem Boot wäre er ja der »pilot in command«.

      Schon bei der Bestellung des Bootes war Ralf jedoch ein kleines Missgeschick unterlaufen. Auf dem Verpflegungszettel, den man vorher ausfüllen musste, hatte er nämlich nicht begriffen, dass es sich bei den einzutragenden Angaben um die Mengen pro Tag handelte, sondern er ging beim Eintragen stattlicher Zahlen davon aus, dass es um die Verpflegung für die gesamte Zeit gehen würde. So erhielten wir also statt einer normalen Verpflegungsausstattung für zehn Tage für zwei Personen die zehnfache Menge. Das Boot jedenfalls quoll bei unserer Ankunft mit Lebensmitteln über. Der Vermieter hatte sich dabei nichts gedacht, da das Boot ja für sechs Personen ausgelegt war und manche Leute auf See großen Hunger entwickeln können. Wir hatten an die sechzig Steaks an Bord, was ja noch ging, aber zwanzig komplette Käsekuchen stellten schon eher eine körperliche Herausforderung dar. Darüber hinaus gab es natürlich Unmengen an Cornflakes, Kaffee, und mit unserem Eiervorrat hätten wir ganze Kindergärten, und zwar für Ostern, ausrüsten können. Aber alles hat natürlich auch zwei Seiten, und so sollten sich diese Vorräte auf hoher See zu einer ganz hervorragenden Tauschwährung mit anderen Segelbooten entwickeln. Im Gegenzug gegen Mückenschutz, frische Fische oder sonstige Dinge, die wir vergessen hatten, kam uns unsere Käsekuchenwährung sehr zugute. Selbst kleinere Arbeiten, wie z. B. das Auffüllen unserer Tauchflaschen, konnten damit ganz vortrefflich beglichen werden. Bis heute erinnere ich mich noch mit Staunen an die gastrischen Höchstleistungen unserer Körper, die in kurzer Zeit Unmengen von gegrillten Steaks verkraften mussten.

      Nun steuerten wir also mit unserem 6-Mann-Segelboot, mit einer Besatzung bestehend aus einem Skipper aus der meerreichen Schweiz, der immerhin einen Segelschein besaß, und einem Matrosen ohne Segelkenntnisse mitten auf das Meer hinaus, um die Whitsunday Islands und das Great Barrier Reef zu erkunden. Gleich am ersten Tag zog ein kräftiger Sturm auf. Nachdem diese Segelboote nicht sonderlich wendig sind, beschloss unser Captain zu meiner großen Überraschung und meinem noch größeren Entsetzen mitten in den Sturm hineinzusteuern. Dies sei besonders effizient, meinte er, denn dann sei man auch schnell wieder heraus. Nun erlebte ich also auch einmal hautnah diese Szenen, die man aus Robinson-Crusoe-Filmen kurz vor Untergang des Schiffes kannte. Das Boot befand sich urplötzlich in einer doch sehr bedenklichen Schräglage. Irgendwie gelang es uns noch, den Großteil der Segel einzuholen. Das Wasser schwappte von vorne, von hinten und von der Seite in völlig unregelmäßigen Abständen über das Boot. Aus dem Bauch des Schiffes hörte man die klirrend zerspringenden Gläser der Bordausstattung und das Schlagen der Schranktüren. Ich hatte mich schlauerweise immerhin schon einmal am Boot festgebunden, damit es mich nicht gleich ins Meer spülte. Andererseits, so dachte ich mir, war das auch wieder nicht so praktisch, falls das Boot unterginge.

      Wie lange wir tatsächlich in dem Sturm waren, weiß ich nicht mehr so genau, denn ähnlich wie in der Nähe eines Schwarzen Lochs scheint auch in einem solchen Sturm eine andere Art des Zeitablaufs zu herrschen. Ob es ganz kurz war oder sehr, sehr lange, kann ich nicht mehr genau sagen. Ich weiß nur, irgendwann war dieser Sturm so urplötzlich vorüber, wie er gekommen war. Schläpferli grinste vergnügt und meinte: »Siehst du, ich hab’s dir doch gesagt«. Ich konnte ein wenig nachvollziehen, warum sich Ralf

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