Drache und Diamant. Barbara Cartland

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Drache und Diamant - Barbara Cartland Die zeitlose Romansammlung von Barbara Cartland

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Stanton Ware. »Ich wollte Sie um Rat bitten.«

      Tseng-Wen seufzte.

      »Unsere Unterhaltung sollte unbedingt unter uns bleiben.« Er hielt einen Augenblick inne und fuhr dann mit gesenkter Stimme fort: »Ihre Majestät, die Witwe des Kaisers, ist besessen von der Idee, daß die Boxer die Rettung für unser Land sind. Seit ich es wagte, ihr zu widersprechen, hat sich eine dunkle Wolke vor die Sonne geschoben, und ich lebe in der Finsternis.«

      »Ihre Majestät glaubt das wirklich?« fragte Stanton Ware.

      Der alte Mann nickte.

      »Sie war schon immer sehr abergläubisch«, entgegnete er, »und besucht viele Orakel und Hellseher.«

      »Dann weiß sie aber doch sicher auch, daß für dieses Jahr ein großes Unglück prophezeit wurde?« wandte Stanton Ware ein.

      Tseng-Wen seufzte erneut.

      »Die Kaiserin ist von skrupellosen Menschen umgeben, müssen Sie wissen, und sie erzählen ihr, was sie hören möchte.«

      Stanton Ware wußte, daß das der Wahrheit entsprach und daß es viele Regierungsbeamte in der Verbotenen Stadt gab, für die es nur von Vorteil sein konnte, wenn die Kaiserin nicht alles erfuhr, was draußen geschah.

      »Aber die Kaiserin glaubt doch sicher nicht an ihre angeblichen Zauberkräfte?« fragte Stanton Ware.

      Tseng-Wen schüttelte gequält den Kopf.

      »Jemand, der es wissen muß, erzählte mir, daß sie ihre Parolen siebzigmal am Tag wiederholt.«

      »Wie bitte?« fragte Stanton Ware irritiert.

      Der alte Mann zögerte, als wolle er seine Lippen nicht mit den Worten beschmutzen, dann zitierte er: »Ich bin der Geist der kalten Wolke, hinter mir liegt der Gott des Feuers. Fleht die schwarzen Götter der Pest um Hilfe an!« Seine Augen waren umwölkt, als er fortfuhr: »Jedes Mal, wenn Ihre Majestät diese Sprüche wiederholt, ruft ihr Oberdiener: ,Da ist wieder ein fremder Teufel!'«

      »Das ist kindisch«, erklärte Stanton Ware.

      »Wer immer auch das Feuer entfacht - die Qualen, die es verursacht, werden die gleichen sein«, stellte der alte Mann fest.

      »Gibt es irgendetwas, das ich tun kann?«

      »Ich habe darüber nachgedacht, bevor Sie kamen«, antwortete Tseng-Wen. »Wie Sie sicher wissen, gibt es nur einen Mann, der China retten kann, wenn er dazu bereit ist.«

      Stanton Ware sagte nichts, er kannte die Antwort.

      »Ich habe Li Hung-Chang mein ganzes Leben lang vertraut«, fuhr Tseng-Wen fort, »obwohl ich weiß, daß viele Dinge über ihn gesagt werden, die seinem Ansehen geschadet haben und die den Westen vermuten lassen, daß er nicht der ist, für den er sich ausgibt.«

      Tseng-Wen brauchte nicht zu wiederholen, was man Li Hung-Chang nachsagte, Stanton Ware kannte die Gerüchte.

      Es hieß, Li Hung-Chang habe Bestechungsgelder entgegengenommen - kein Zweifel, er war einer der reichsten Männer Chinas -, und er habe trotz seiner fortschrittlichen Einstellung den Kaiser im Kampf gegen seine Tante nicht unterstützt.

      Doch er hatte sein Leben in den Dienst Chinas gestellt, und seine Meinung über die Ausländer war stets die gleiche gewesen: »Ihre Gefühle für China sind aufrichtig und freundschaftlich und ohne jede Feindseligkeit.«

      Er war kein Mandschu wie der größte Teil der Gefolgschaft der Kaiserin, ja, wie beinahe alle, die Mi den Regierungsgeschäften in China zu tun hatten.

      Er war ein Han-Chinese, ein ungewöhnlich ehrgeiziger Mann von großem Durchsetzungsvermögen, der den breiten Dialekt seiner Heimat Anhwei sprach.

      Li Hung-Changs Familie war von den Taiping-Rebellen getötet worden. Im Alter von neununddreißig Jahren wurde er Gouverneur von Kiangsu.

      Sein Leben lang hatte er, manchmal sogar ganz auf eigene Faust, für die Entwicklung Chinas zu einer Großmacht in einer sich schnell entwickelnden Welt gekämpft, und Stanton Ware war sicher, daß Tseng-Wen recht hatte, wenn er sagte, ihre einzige Hoffnung sei jetzt Li Hung-Chang.

      »Wie kann ich mit ihm in Verbindung treten?« fragte er.

      »Es wird schwierig sein, doch es müßte sich machen lassen.«

      »Wie?«

      »Sie dürfen ihm nicht als Ausländer entgegentreten, das wäre gefährlich für Sie und für ihn. Die Stimmung hat sich so zugespitzt, daß nicht nur Sie Ihr Leben, sondern auch Li Hung-Chang seine Macht verlieren könnte.«

      »Man hat mich auch jetzt für einen Mandschu gehalten«, erklärte Stanton Ware lächelnd.

      »Das dürfte nicht allzu schwer für Sie sein«, erwiderte Tseng-Wen, »weil die Mandschus - anders als die Chinesen - groß sind. Und wenn Sie von der mandschurischen Grenze kommen, wird man nichts anderes erwarten als einen großen, starken Mann.«

      Stanton Ware wartete stumm.

      »Bei Mondwechsel wird Li Hung-Chang bei Prinz Tuan eintreffen, dem er einen Besuch abstatten will. Dessen Palast liegt zwei Tagesreisen von hier entfernt am Fuß der Westlichen Berge.«

      Stanton Ware war erleichtert. Er hatte befürchtet, in die Provinz Kwang Tung reisen zu müssen, deren Vizekönig Li Hung-Chang war.

      Er war sich klar darüber, daß die Reise nicht nur anstrengend sein würde, sondern daß sie auch allzu viel Zeit beanspruchen würde, so daß die befürchteten Ereignisse stattfinden könnten, lange bevor er das Ziel seiner Reise erreichte.

      »Mit Ihrer großzügigen Hilfe wird es mir ein leichtes sein, in den Palast zu gelangen«, meinte Stanton Ware. »Ich bin Ihnen sehr dankbar.«

      »Es ist an uns, die wir China lieben, Ihnen zu danken. Doch vor Ihrer Abreise bleibt uns noch viel zu tun.«

      Stanton Ware sah ihn überrascht an.

      »Sie werden nicht nur als Mandarin verkleidet reisen - Li Hung-Chang muß glauben, daß Sie einer sind.«

      Mit sehr ernster Stimme fuhr Tseng-Wen fort: »Wenn er Sie nicht anhören will und erfährt, daß Sie Ausländer sind, wird Ihr Leben in akuter Gefahr sein. Auch traue ich Prinz Tuan nicht.«

      Stanton Ware wartete schweigend, daß Tseng-Wen weitersprach.

      »Nur ein Narr würde unnötige Risiken auf sich nehmen«, fuhr er fort. »Ich habe einen guten Freund, der der Welt vor einem Jahr den Rücken kehrte und sich in ein Lamakloster zurückzog. Er ist ein Mandarin.«

      Tseng-Wen nahm einen Schluck aus seinem Weinglas, bevor er weitersprach: »Ich weiß, daß er stolz sein würde, Ihnen seinen Namen und seine Position zur Verfügung zu stellen, um damit unserem geliebten Land zu helfen.«

      »Ich fühle mich tief geehrt«, murmelte Stanton Ware.

      »Li Hung-Chang wird versuchen herauszufinden, wie ihn die Witwe des Kaisers empfangen würde, wenn er in die Verbotene Stadt kommt«, fuhr der alte Mann fort. »Wie Sie wissen, ist sie sehr launisch.«

      »Ich

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