Optimierung des Menschen. Группа авторов

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Optimierung des Menschen - Группа авторов Gesellschaftspolitische Texte des Lern- und Gedenkorts Schloss Hartheim

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aussehen – wie wirkliche Menschen. Und er hat es gemacht und er konnte das vorzüglich. Er war von seiner ganzen Technik her der beste Bildhauer seiner Zeit. Er hat die Figuren in Athen auf den Marktplatz gestellt und die Leute sind gekommen und waren voll Bewunderung, haben diese Figuren angeschaut und haben gesagt: „Das ist unglaublich. Die sehen wirklich fast aus wie Menschen.“ Und dieses „fast“ das hat den Daidalos innerlich gequält in seiner Künstlerseele. Er hat gesagt: „Was muss ich machen, damit ich dieses „fast“ eliminiere? Damit sie sagen, die sehen aus wie Menschen?“ Er hat gearbeitet und hat drüber nachgedacht und hat festgestellt, woran es liegt. Sie müssen sich bewegen. Er hat – und damit knüpfe ich an das letzte an, was Konrad Paul Liessmann gesagt hat – er hat praktisch Maschinen gebaut. Er hat seine Figuren so gebaut, damit sie sich bewegen können auf dem Marktplatz. Und was geschah? Es geschah gar nichts. Die haben nicht ausgesehen wie Menschen oder die Athener haben nicht gesagt: „Die sehen aus wie Menschen.“ Sondern sie haben einfach akzeptiert, es sind welche. Und da waren halt welche da und es ist kein Kommentar drüber abgegeben worden. Die sind nicht mehr als Kunstwerke, nicht mehr als Artefakte festgestellt worden, sondern die haben sich gedacht: „Da sind halt irgendwelche Leute da.“ Das hat ihn zutiefst frustriert, den Daidalos. Weil er hat die höchste Kunst geschaffen und sie ist in keiner Weise mehr anerkannt worden. Dann hat er gedacht: „Nein, mit der Kunst lass ich’s.“ Pallas Athene, die Göttin, die über solche Männer die Hand gehalten hat, über die Klugen, die hat ihm geraten: „Lass es sein. Lass die Kunst sein. Konzentrier’ dich ganz auf die Erfindungen.“ Und er hat große Erfindungen gemacht. Und er war ein guter Lehrer.

      Sein bester Schüler war sein Neffe Perdix. Der war so gut. Ein wirklich guter Lehrer hat ja immer die Ambition, einen Schüler heranzubilden, von dem er eines Tages sagt: „Der wird besser als ich.“ So ein guter Lehrer war Daidalos nicht. Sondern er hat voll Neid auf diesen jungen Perdix geblickt, der die Wasserwaage erfunden hat. Stellen Sie sich vor, der den Zirkel erfunden hat, der die Säge erfunden hat. Das waren so große Erfindungen, dass er eben sehr sehr neidisch geworden ist. Eines Tages führte Daidalos seinen Neffen Perdix auf den Felsen, wo das Meer ist, und sie unterhalten sich und so und Daidalos gibt dem Perdix einen Stoß und der Perdix stürzt von dem Felsen hinab ins Meer. Pallas Athene hat ihn noch gerettet und hat ihn im Flug noch in ein Rebhuhn verwandelt, den Perdix. Aber sie hat die Hand abgezogen von Daidalos, sie wollte nicht mehr seine Schutzgöttin sein und in Athen ist er angeklagt worden, des Mordes. Er ist geflohen aus Athen und hat um politisches Asyl angesucht auf Kreta.

      Nun war der Ruf des Daidalos schon ein weltweiter und der König von Kreta, Minos, der hat ihm dieses Asyl gerne gewährt. Hat er sich gedacht: „So einen Erfinder, den kann ich hier gut brauchen.“ Und er ist in den Dienst des Minos getreten. Eines Tages spazierte der Daidalos da in Gedanken versunken am Meer entlang in Kreta, im Exil, und da begegnet ihm eine Frau. Er sieht, diese Frau ist voll heller Verzweiflung und er spricht mit ihr und sie stellt sich vor, sie ist nämlich die Königin von Kreta, Pasiphaë, die Frau des Königs. Sie erzählt dem Daidalos ihre Verzweiflung und das ist eine furchtbare Geschichte. Eine schreckliche Geschichte. Ich muss ein bisschen ausholen.

      Der Minos ist ja der Sohn des Zeus. Seine Mutter ist Europa, übrigens. Eine asiatische Königstochter, die Zeus ver- und entführt hat. Zuerst ent- und dann verführt hat, nach Kreta mitgenommen hat. Und als Sohn des Zeus hat Minos einen großen Fehler begangen. Der hat nämlich gesagt: „Ich bete nur meinen Vater an. Ich opfere nur meinem Vater.“ Der Fehler bestand darin, dass er König einer Insel war. Es ist nicht so günstig, als König einer Insel dem Gott des Meeres, dem Poseidon, dem Bruder des Zeus, nicht ebenso zu opfern. Und er hat den Poseidon ganz ignoriert. Das hat den Poseidon, den Gott des Meeres, erzürnt und er hat gesagt: „Wieso? Er ist Bewohner einer Insel. Ich bin der Herr des Meeres, der soll mir auch irgendwie ...“ Und er hat Klage geführt bei seinem Bruder Zeus und der Zeus hat mit Minos gesprochen. „Kannst du ihm nicht irgendwie ein bisschen entgegenkommen, meinem Bruder?“ Er hat auch mit dem Poseidon gesprochen, hat gesagt: „Wirf ihm ein Hölzchen. Schick ihm doch einen Stier, den er opfern kann.“ Das ist ja schon demütigend genug für den Poseidon, selber die Opfergabe zu schicken, die man ihm darbringen soll. Er hat ihm einen weißen herrlichen Stier geschickt, der aus dem Meer herausgekommen ist, mit diamantenen Hörnern. Das war eben das, dass er diesen Stier opfern soll und Minos sah diesen Stier des Poseidon und hat sich gedacht: „Das ist so ein schöner Stier, den opfere ich nicht. Den nehme ich in meinen Stall, und da hab ich so einen alten Ochsen drin und den werd’ ich dem Poseidon opfern.“ Er hat also den Gott betrogen. Das hat den Poseidon unglaublich geärgert und er hat Zwiesprache gehalten mit Aphrodite, der Göttin der Liebe. Hat gesagt: „Was soll ich tun?“ Die Aphrodite, die hatte einen sehr, sehr bösen Plan, die hat in das Herz der Pasiphaë – der Frau des Minos – eine Gier, eine sexuelle Gier gepflanzt und zwar nicht eine Gier nach einem Menschen, sondern nach diesem Stier. Pasiphaë war verzweifelt, dass sie diesen Stier da so geliebt hat, dass sie diesen Stier so begehrt hat, aber sie wusste nicht, wie das gehen soll. Die Antiken und die Griechen die waren da ziemlich ..., die haben solche Dinge durchaus ausgesprochen. Da ging sie am Strand spazieren und war voll Verzweiflung und trifft auf den Ingenieur, auf den Erfinder und sagt: „Was soll ich tun?“ Und er sagt: „Ja, technisches Problem. Erfinden wir eine Lösung.“ Wie halt Ingenieure sind. Und der Daidalos hat eine Kuh gebaut aus Holz, die innen hohl war. Er hat gesagt: „Da legst du dich rein und dann kommt der Stier.“ Das hat Pasiphaë getan und so hat der Stier sie bestiegen, sie wurde schwanger und hat den Minotaurus zur Welt gebracht.

      Der Minotaurus ist ein Mischwesen, ein Knabe mit einem Stierkopf – halb Stier, halb Knabe. Ein gefährliches Wesen, das sich von Menschen ernährt hat. Was soll man mit so einem Ding tun? Ich mein’, der Minos hätte es gern erschlagen. Aber gleichzeitig hat er sich gedacht: „Nein, nein! Das kann ich irgendwie nicht, dann erzürn’ ich den Poseidon noch mehr.“ Und mit diesem Problem ist er zu wem gegangen? Zum Ingenieur, zum Erfinder, zu Daidalos. Und Daidalos hat gesagt: „Ja, Probleme sind dazu da, dass man sie löst.“ Und er hat ein Labyrinth gebaut, ein ganz kompliziertes Labyrinth. In der Mitte dieses Labyrinths, dort ist Minotaurus. Das war zu dieser Zeit, als Kreta Krieg geführt hat gegen Athen. Kreta hat diesen Krieg gewonnen und hat den Athenern eine Strafe auferlegt, nämlich sie müssen alle Jahre zwölf Jungfrauen und zwölf Jungmänner stellen, der Insel Kreta. Mit diesen Jungfrauen und Jungmännern wurde eben der Minotaurus in seinem Gefängnis, in diesem Labyrinth, gefüttert. Das war der Tribut, den Athen an die Insel Kreta zahlen musste. Es war sehr schmerzlich für die Athener und es war sehr schmerzlich für den König der Athener, für Aigeus. Und es war sehr schmerzlich für den Sohn des Aigeus, nämlich Theseus.

      Und Theseus sagt zu seinem Vater: „Ich möchte zu diesen Jungmännern gehören. Schick mich nach Kreta, schick mich dorthin! Ich werde den Minotaurus töten.“ Er hat ein Schiff bestiegen mit den anderen und ist nach Kreta gefahren. Er wollte in das Labyrinth und wollte gegen den Minotaurus kämpfen. Dann hatte die Tochter des Minos, eine der Töchter, nämlich Ariadne, hat zu ihm gesagt: „Das kannst du nicht. Du wirst nie mehr aus dem Labyrinth herausfinden.“ Das ist ein Problem. Wie kommt man in ein Labyrinth hinein? Das ist kein Problem, aber wie kommt man wieder heraus? Das ist ein Problem. Wen fragt man, wenn man ein Problem hat? Den Ingenieur. Und sie haben den Daidalos gefragt: „Wie komm ich rein und wieder raus?“ Daidalos hat gesagt: „Ganz einfach, nimm ein Wollknäuel, bindet es am Anfang des Labyrinths an und dann geh’ in das Labyrinth hinein. Wie du den Minotaurus besiegst, das ist deine Angelegenheit, aber heraus kommst du, in dem du dem Wollknäuel, dem Faden wieder folgst.“ Das ist der Ariadnefaden, der Faden der Ariadne. Und so ist Theseus in das Labyrinth, hat den Minotaurus erschlagen und kam wieder heraus auf diese Art und Weise und kam zurück nach Athen. Nun war natürlich der Minos, als er das gesehen hat, dass da der Daidalos praktisch jedem seine Dienste anbietet, da war er sehr zornig auf den Daidalos und hat gesagt: „Na gut, als Strafe …“ – inzwischen hat der Daidalos auf der Insel auch ein bürgerliches Leben angefangen, hat geheiratet, einen Sohn bekommen, Ikaros – „… als Strafe wirst du in dein eigenes Labyrinth versetzt. Du, zusammen mit deinem Sohn Ikaros.“ Und da waren sie drin. Jetzt würde man meinen, für den Erfinder des Labyrinths ist das leicht, wieder heraus zu kommen. Aber das war so unglaublich gut und Daidalos hat das Labyrinth immer nur von außen gesehen,

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