Der Klangmeister Rudolf Tutz. Группа авторов

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Der Klangmeister Rudolf Tutz - Группа авторов

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er war stets offen für völlig unkonventionelle Lösungen anstehender Probleme. Vor allem war ihm bewusst, dass jeder Spieler seine Eigenheiten hatte und dass es galt, ein Instrument „maßzuschneidern“, so wie es schon die großen Vorgänger getan hatten. Das zeichnete seine Arbeitsweise bis zuletzt aus, sowohl bei Neubauten als auch bei Reparaturen: Der unmittelbare und intensive Kontakt zu seinen Kundinnen und Kunden war für ihn zentral, er konnte intuitiv erfassen, wo das Problem lag, und schnell Lösungen anbieten.

      Dass die Werkstatt des Rudolf Tutz, die 1977 von der Maria-Theresien-Straße in die Innstraße übersiedelte, zum internationalen Brennpunkt der Alte Musik-Szene werden konnte, liegt natürlich auch an der strategisch außerordentlich günstigen Lage und den glücklichen Fügungen: Der schon genannte Otto Ulf machte mit den Ambraser Schlosskonzerten (ab 1964), der Internationalen Sommerakademie (ab 1972) und den Innsbrucker Festwochen der Alten Musik (ab 1976) Innsbruck zur musikalischen Drehscheibe der Szene. Aufgrund der Sommerakademie bevölkerten mehrere Wochen lang junge Musikerinnen und Musiker aus der ganzen Welt Innsbruck, die Konzertreihen boten ein Podium für die bald wie Pilze aus dem Boden schießenden Alte Musik-Ensembles. Rudolf Tutz profitierte nicht nur von diesen Entwicklungen enorm, sondern gestaltete sie aktiv mit. So geht die Konvention, Musik der Klassik (und Frühromantik) auf dem Stimmton von 430 Hz zu spielen, auf Rudolf Tutz und Barthold Kuijken zurück – der belgische Flötist schildert die Hintergründe in seinem Beitrag.

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      Die Werkstatt in der Innstraße „back stage“, Rudolf Tutz mit Elefanten-Stoßzahn, Foto: privat

      Der moderne Instrumentenbau war Rudolf Tutz zeitlebens ein Anliegen. Auch hier widmete er sich speziellen Problemen und versuchte sein umfassendes Wissen einzubringen. Immer wieder wurde er zu Hilfe gerufen, weil seine hohe Fachkompetenz und sein lösungsorientierter, unkonventioneller Ansatz geschätzt wurden. In den 1980er Jahren beispielweise widmete er sich intensiv dem „Wiener Klang“, der nach Meinung führender Musiker damals im Aussterben begriffen war. Rudolf Tutz hielt auf einem Symposion der Wiener Hochschule für Musik und darstellende Kunst ein viel beachtetes Referat und engagierte sich für die Wiederbelebung des Wiener Klangstils. Für den Solo-Oboisten der Wiener Philharmoniker, Walter Lehmayer, baute Tutz ein Instrument – über dieses Instrument und seine Premiere berichtet Prof. Lehmayer in seinem Kurzbeitrag in diesem Buch. Ab 1998 war Rudolf Tutz als Designer für die Firma Uebel in Markneukirchen tätig. Hier versuchte er, Erkenntnisse aus dem historischen Instrumentenbau in das Design moderner Klarinetten einfließen zu lassen.

      Rudolf Tutz, der Vielseitige, entzog sich der Spezialisierung. Seine Domäne blieben die historischen Klarinetten und Flöten. Sein Interesse galt aber genauso kuriosen Instrumenten, von der Säulenblockflöte bis hin zur Brezentrompete. Seine vielfältigen Forschungen führten ihn in die großen Musikinstrumentenmuseen der Welt, wo er die Originale studieren konnte; in der Biblioteca Filarmonica und der Biblioteca Capitolare in Bologna zum Beispiel begutachtete er die dortigen originalen Renaissance-Flöten und ließ auch hier seine Erkenntnisse in Nachbauten einfließen. Die Alte Musik-Bewegung entwickelte sich weiter. Viel vom Pioniergeist der 1970er und 1980er Jahre ging verloren, aber Rudolf Tutz blieb immer am Puls der Zeit und neugierig, ein kritischer Beobachter und Mahner. Er verkörperte den so essentiellen Pioniergeist und trug ihn weiter; mit seiner unermüdlichen Neugier vermittelte er Begeisterung. Noch als Pensionist – 2003 übernahm Sohn Rudolf (IV) Tutz die Geschäftsführung der seit 1992 bestehenden Tutz GesmbH – und bis zu seinem Tod 2017 war Rudolf Tutz unermüdlich am Arbeiten und bemühte sich, den Wünschen der Kunden aus dem In- und Ausland nach Möglichkeit zu entsprechen. Er fungierte auch als international gefragter Berater, Aussteller, Vortragender und Forscher. Nicht zu vergessen ist das jahrzehntelange Wirken von Rudolf Tutz für die Tiroler Wirtschaftskammer: Er war bis zur Zusammenlegung bzw. Neugründung der Innung der Kunsthandwerke 2010 viele Jahre Tiroler Landesinnungsmeister der Musikinstrumentenerzeuger und Bundesinnungsmeisterstellvertreter.

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      Das Musikhaus Tutz in der Innsbrucker Schullernstraße, Foto: TLM

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      Rudolf Tutz lässt sich zur Verleihung des Kulturehrenzeichens der Stadt Innsbruck chauffieren, Foto: privat

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      Rudolf Tutz am Strand mit der Einladung zur Verleihung des Jakob-Stainer-Preises, Foto: privat

      Dabei blieb er von Schicksalsschlägen nicht verschont: 1993 starb seine Frau Veronika nach langem Leiden. 1998 heiratete Rudolf Tutz die international erfolgreiche Traversflötistin Linde Brunmayr, eine ehemalige Schülerin von Barthold Kuijken. Immer wieder machte er seiner zweiten Frau außergewöhnliche Instrumente zum Geschenk. Eine Flöte, die er 1996 für sie baute, die „Flûte de la barre“ (so benannt in Erinnerung an den französischen Komponisten Michel de la Barre, aber auch deswegen, weil die Flöte mit einem Bassbalken nach dem Vorbild von Streichinstrumenten ausgestattet ist), erwies sich als Erfolgsmodell. Linde Brunmayr-Tutz spielt heute noch bevorzugt ein Instrument dieses Typs.

      Es ist ein großer Glücksfall, dass die Geschichte der Innsbrucker Instrumentenbauerdynastie Tutz mit Rudolf (III) nicht zu Ende erzählt ist. Sein Sohn Rudolf (IV) führt die Werkstatt weiter und hat sich in Musikerkreisen bereits einen guten Ruf erarbeitet. Auch er widmet sich in erster Linie dem Bau historischer Holzblasinstrumente. Mit Rudolf (III) Tutz schlug die Geschichte der Familiendynastie eine neue Richtung ein. Dieser Weg geht nun also weiter, in eine hoffentlich weiterhin prosperierende Zukunft. In diese Zukunft war der Blick von Rudolf Tutz stets gerichtet – er war noch kurz vor seinem Tod voller Pläne und Visionen. Sein kostbares Vermächtnis sind die Instrumente, die von Musikerinnen und Musikern auf der ganzen Welt gespielt werden.

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