No such Future. Friederike Müller-Friemauth

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No such Future - Friederike Müller-Friemauth Dein Business

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die City of London und die Wallstreet den Reichtum der Nationen erwirtschaften. Wo Finanzdienstleistungen den Sinn des (wirtschaftlichen) Seins ausmachen. Und Börsen- und Finanzmarkt-Akteure in Unternehmen die zentrale Rolle spielen. Aber: Wissen diese Monetär-Jongleure eigentlich, was sie meinen, wenn sie vom Morgen reden? Welche kurzfristige oder langfristige »Zukunft« haben sie dabei im Sinn? Die des Unternehmens oder ihre eigene?

      »Ja, Statistiken. Aber welche Statistik stimmt schon? Nach der Statistik ist jeder vierte Mensch ein Chinese. Aber hier spielt gar kein Chinese mit!«

      WERNER HANSCH

      Aber mal abgesehen von solchen Peanuts – Fakt ist: Das Konzept für Unternehmensbewertungen beruht auf Konventionen. Es ist willkürlich! »Gemacht«. Wechselnd. Was allerdings nicht heißen soll: Egal! Ganz im Gegenteil. Auch ein Konzept, das maßgeblich auf dem beruht, was noch gar nicht ist (Zukunft), hat beinharte gegenwärtige Konsequenzen – zum Beispiel für die Inhaber von Anteilsscheinen eines Betriebs, die aufgrund der Zukunftsaussichten ihrer Aktien über Geldsummen verfügen oder eben auch nicht. Sie erfahren also ganz »objektiv«, was »Zukunft« im betriebswirtschaftlichen Sinne »bedeutet«.

      Und die Pointe in Sachen Zukunftsforschung?

      Die unterschiedlichen Sichtweisen haben entscheidenden Einfluss auf unser Verständnis der Realität. Im 19. Jahrhundert war in puncto »Gewinn« pragmatische Vorsicht angesagt: Wann war ein Gewinn ein Gewinn? Nun, immer erst dann, wenn die Investition vollständig abgeschrieben war. Es dominierte eine Worst-Case-Orientierung (mit Perspektive auf eine mögliche Liquidation). Im 21. Jahrhundert hingegen sind – aus Gründen der Unternehmensbewertungs-Vorschriften – die zukünftigen (selbstverständlich rosigen) Aussichten bestimmend. Profite werden früh, »vorausschauend«, verbucht und bilanziert. Was zählt, ist der Best Case: ein U-Turn um 180 Grad.

      Zukunft aus dem schwarzen Block – Futures

      Einige Finanzprodukte und Termingeschäfte, sogenannte »Futures«, sind (wie der Name schon sagt) Wetten auf die Zukunft. BWL-geschulte Angestellte zocken auf das Auf und Ab von Unternehmungen. Insofern lässt sich das Dauerchaos im ökonomischen Bereich auch als Krise des betriebswirtschaftlichen Denkmodells betrachten. Wenn, wie oft behauptet, es stimmt, dass sich die internationale Finanzsphäre gegenüber der Realwirtschaft »verselbstständigt« hat (»Hyperrealität«), und wenn es sich bei den Staatsschulden-, Banken-, Finanz-und-so-weiter-Krisen auch um den Verlust von Bezügen und Bindungen an die Welt (das Leben, das Universum und den ganzen realen Rest) handelt, dann ist das gesamte System mit den gegenwärtigen Denkmitteln und Analyseinstrumenten der Betriebswirtschaft offensichtlich nicht mehr adäquat fassbar. Dass diese »Spielphilosophie« in Hochschulen und Universitäten dennoch unbeschadet überwintern kann, ist bemerkenswert. Auf die Zukunftskompetenz dieser Zunft lässt das nicht gerade schließen. Eher auf ein erstaunliches Beharrungsvermögen und eine unglaubliche Fähigkeit zur Abschottung gegenüber allem und jedem. Eben: Mia san mia!

      Einlauf

      Und genau das ist der Steilpass, der den dominanten exzentrischen Trendforschern die Möglichkeit gibt, sich ins Spiel der Werks-Mannschaft einzuwechseln. Aufgabe? Den Ball technisch gekonnt aufzunehmen. Den wirtschaftlichen, politischen, technologischen, sozialen, kulturellen und jeden anderen Wandel power(point)play-mäßig aufbereitet zu erklären und in künftiges Wert-Potenzial zu übersetzen. Das Ganze hübsch illustriert in Trendreportagen zu bugsieren. Und fürs BWL-gedopte Entscheider-Team per tödlichem Pass anschlussfähig zu machen, damit die Management-Player die butterweiche Vorlage aufnehmen und den Ball im Tor versenken können.

      Die allseits bekannten Trendforscher laufen also auf: als »Kreativkräfte« und Zuspieler für »gute Gründe«. Ausgestattet mit dem Sieger-Gen, das dafür sorgt, stets die passenden Argumente dafür parat zu haben, warum die Auflösung des Festgeldkontos und die dadurch ermöglichten Investitionen in die Zukunft zu(m) Gewinn führen werden. Geschickt spielen sie den Ball den Unternehmens-Entscheidern in deren BWL-einstudierten Laufweg, so dass diese – an Aufsichtsrat und Kontrollgremien vorbei – durchstürmen können und zum freien Abschluss kommen. Denn: Sie liefern ja die »Beweise« dafür, dass und warum sich aus ihren Visionen künftig Profit erzielen lassen wird. Solch spezielle Zukunftsforscher sind also eminent wichtig19 – und in diesem No-look-Pass- System werden sie immer wichtiger!

      »Wenn man Gelb hat und so reingeht, kann man nur wichtige Termine haben.«

      JOHANNES B. KERNER

      Den Trendreportage-Wölfen im Schafspelz der Zukunftsforschung gelingt es, im Akkord neue Optionen vorzuführen: (einigermaßen) konsistent – (einigermaßen) wahrscheinlich. Aber vor allem: (einigermaßen) BetriebsWirtschaftsLehrerisch vereinbar. Sie visionieren damit nicht nur »die« Zukunft, sondern erschaffen sich, wenn nur genügend Menschen an ihre Prognosen glauben und in der von ihnen vorgegebenen Richtung arbeiten, »ihre« Zukunft sogar selbst (Self Fulfilling Prophecy).

      Zu schön, um wahr zu sein?

      Zwei Teams – eine Vision

      Das Duo infernale in Sachen Zukunft

      Entscheider spielen Doppelpass ausschließlich mit denjenigen, die auf der gleichen Wellenlänge funken wie sie selbst. (Jeder Jeck tickt anders? Nee, nur in Kölle.) Und da Top-Unternehmer per definitionem optimistisch in die Zukunft blicken (sonst »unternehmen« sie ja nichts), wünschen sie sich Zukunftsforscher, die das Morgen genauso zuversichtlich beschreiben wie sie: »Machen wir mehr aus dem, was wir haben – und haben könnten!« So die Vision der beiden Traum-Truppen …

      Die stets positive, stupend optimistische Sicht auf das Auf-uns-Zukommende einiger Zukunftsforscher ist also weder Verschwörung noch Manipulation geschuldet (Alt-Experten sprachen vom Priestertrug), sondern für die exzentrischen Trendforscher schlicht überlebensnotwendig: Der Markt für ihre Expertise ist – vorsichtig formuliert – überschaubar. Alle konkurrieren um eine Handvoll von Firmenlenkern, die nicht nur ein Interesse an Zukunft haben, sondern vor allem auch die notwendigen finanziellen Mittel, sich mit dem Morgen wertsteigernd zu beschäftigen. Nur denen müssen die Ergebnisse gefallen! Ganz gemäß der Alltagsweisheit: Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler! Also nicht den Kleinen. Nicht dem Mittelstand. Nicht FamilienUnternehmen. Nicht jungen Innovatoren. Nicht den Medien. Nicht »der Gesellschaft«. Nicht … uns.

      Was aber, wenn der exklusive zahlungskräftige Kundenstamm für Zukunftsforschung wegbricht? Dann ist – rubbel die Katz – Schicht im Schacht. Und die Zukunft der Zunft? Vergangenheit! Daran ändern auch seriöse öffentlich-rechtliche Institute und wissenschaftliche Akteure wie Fraunhofer-Einrichtungen, Max-Planck-Gesellschaften, Organisationen für Technikfolgeabschätzung oder das Statistische Bundesamt nichts.

      »Ich wage mal eine Prognose: Es könnte so oder so ausgehen.«

      RON ATKINSON

      Affirmation also! Die Bestätigung der finanzkräftigen Entscheider und ihrer Visionen ist für den populär-exzentrischen Teil der Disziplin unabdingbar.

      Und wie geht so was?

      Ein typisches Zukunftsbild dieser Machart schauen wir uns jetzt einmal sehr genau in Slow Motion an.

      Zukunftsforschung und Trendreportagen

      Marktchancen und Perspektiven, die anschlussfähig sind an das Zahlen-Daten-Fakten-Denkmodell und zudem vereinbar mit den Visionen der jeweils entscheidenden Entscheider: Darum gehts. In fast allen Fällen bedienen sich diejenigen, die in Medien, Quatsch-Schauen (Talk-Shows) und auf unzähligen Zukunftskongressen als

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