No such Future. Friederike Müller-Friemauth

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No such Future - Friederike Müller-Friemauth Dein Business

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gesellschaftsübergreifend wichtigen Megatrends seien gar nicht als Prognosen (also zeitlich gerichtet) gemeint, sondern lediglich als Kampfzonen zwischen Entwicklung und Gegenentwicklung9 zu verstehen. Ausgang offen, Richtung unbekannt …

      ∎ Matthias Horx vermeldete, die vom Marketing geliebten »Zielgruppen« und deren jeweilige »Lebensstile«, auf die die Trends abzielten, gäbe es gar nicht mehr. Und der Begriff »Lifestyle«? Der sei eine Idee des letzten Jahrhunderts, lässt er durch sein Kelkheimer Zukunftsinstitut verlautbaren (sinnigerweise Herausgeber der Studie Lebensstile 2020). Unsere schnelllebige Zeit und die Konjunktur von Bastelbiographien ließen es nicht zu, dass ein Stil länger anhielte als bis zur nächsten Straßenecke. Die Zukunft gehöre dem Life-Morphing10 – also dem Stil-Mix. (Was listigerweise – trotz Büßerpose, Marktforschungs-Bekrittelung und Marketing-Kritik – die Ausgangslage dafür schafft, das Trendreporter-Fließband für neue Stile trotzdem einfach weiterlaufen zu lassen.)

      ∎ Die Kölner Möbelmesse brach 2012 mit einer langjährigen Tradition und stellte ihr Trendbuch ein. Mit der erstaunlichen Begründung, dass es einfach zu viele interessante Entwicklungen gäbe! Vor lauter Weak-Signals-Bäumen sieht man den Trendwald nicht mehr …

      ∎ Bei der empirisch fundierten Trendforschung, die durch Marktforschung absichert wird, sind es dagegen die Kunden, die sich zurückziehen: Da die Kosten für repräsentativ erhobene Programme die Marketing-Budgets von immer mehr Unternehmen sprengen, sind sie für viele schlichtweg nicht mehr bezahlbar.

      »Wichtig ist, dass er nun eine klare Linie in sein Leben bringt.«

      LOTHAR MATTHÄUS zum Kokaingeständnis von CHRISTOPH DAUM

      Analyse: Spielformular

      Unsere Darstellung der Herkunft der Zukunftsforschung bis in die Jetztzeit wollte mehr nachzeichnen als Glory Days.

      Erstens sollte klar geworden sein, dass die medial-öffentlich sichtbaren Trend-Master – die »exzentrischen« – lediglich die Spitze des Eisbergs von Zukunftsforschung darstellen. Diese hat nicht nur andere, seriöse Ursprünge (wie den leider fast vertrockneten wissenschaftlichen Zweig), sondern auch einen weithin unbekannt arbeitenden Teil (in Thinktanks, Wissenschaftsverbänden und Forschungsabteilungen von Großkonzernen beheimatet).

      Zweitens: Egal, wie unsichtbar der seriöse Bereich ist – höchstwahrscheinlich leistet sich beispielsweise das Militär als Dauernutzer von Zukunftsforschung keine Luxus-Sektionen. Schließlich geht es hier todernst zu. Irgendetwas an dieser Zunft wird also lohnend sein. Und Großkonzerne? Werden ebenfalls keine Spielwiesen unterhalten. Schließlich geht es bei ihnen noch ernster zu. Hier geht es nämlich ums Geld.

      Warum aber – drittens – der lange Anlauf? Über die Anfänge der Zunft und Delphi? Wohl kaum, um zu erklären, dass eine zeitgemäße Zukunftsforschung mit altgriechischen Orakelsprüchen wie »Kräht der Hahn auf’m Mist, ändert sich die Nachfrage oder sie bleibt, wie sie ist!« derzeit noch überlebensfähig wäre. Nö: Interessant an den Ursprüngen für alles Weitere ist etwas ganz anderes.

      Durch die entsprechenden Mahnungen und Sinnsprüche an den Wänden des Delphischen Tempels während der (künstlich verlängerten?) Wartezeit wurden die Kunden sanft, aber bestimmt mit sich selbst konfrontiert. Der Kunde saß in der großen »Wartehalle«. Überdachte seine Situation. Erwog vielleicht schon Szenarien, die auf mögliche Prophezeiungen folgen könnten. Hoffte und harrte oder bangte. Jedenfalls formte er schon erste Antworten auf sein Problem (genau: Zukünfte!). Trug also selbst bereits zum Erfolg der Prophezeiung bei. Denn derlei steigert nicht nur die Vorstellungskraft. Solch eine »Beratungstechnik« beflügelt nicht nur die Fantasie, eröffnet nicht nur einfach Perspektiven – sondern erhöht vor allem die Wahrscheinlichkeit, dass die Hälfte der (Entscheidungs-)Arbeit, die getan werden muss, bereits gemacht ist, bevor die Weissagung überhaupt erfolgt.11 (Der Glaube versetzt bekanntlich Berge. Und ein roter Bulle verleiht Flügel …)

      »Die haben den Blick für Orte, wo man sich die Seele hängen und baumeln lassen kann.«

      GERHARD DELLING

      Das ist nur auf den ersten Blick banal. Jeder Unternehmer, jeder Entscheider hatte doch schon mal mit Beratern zu tun. Und am Ende hinterließen diese dicke Aktenordner mit perfekten Vorschlägen für die optimale Performance des Unternehmens. Aus Zeitmangel ging der Papierstapel dann aus der Hand des Chefs an die Planungsleitung. Danach zum zuständigen Abteilungsleiter. Und so weiter, bis die Akten letztlich vom Hausmeister im Keller archiviert wurden. Asche zu Asche, Staub …

      Kanns das gewesen sein mit den guten Ideen für die Zukunft? Diese Form der Beratung hat eine zentrale Pointe von unternehmerisch bedeutsamer Zukunftsvorsorge nicht verstanden:

      Wenn die Zukunftsexpertise »von außen« oder »oben« wie der Heilige Geist auf das Unternehmen herniederkommt, darf es sich nicht wundern, wenn diese Expertise mit ihm nicht viel zu tun hat. Kaum trifft. Nicht relevant ist. Beliebig wirkt. Viel zu unkonkret ist. Und richtigerweise lieber im Keller sein Unwesen treibt als in den oberen Unternehmensetagen.

      Zeitgemäße, nutzbringende Zukunftsforschung hat hier also Alternativen zu bieten; zum Beispiel die Entscheider entscheidend miteinzubeziehen. Die Entscheider entscheidend (mit-)denken zu lassen. Die Entscheider entscheidend ihr Wissen und ihre Erfahrung zur Grundlage des Ganzen machen zu lassen. Denn nur die, die auf einem sicheren Fundament bauen, das sie gut kennen – vielleicht sogar selbst gelegt haben –, kommen auch hoch hinaus.

      Frontalunterricht oder perfekte Ratschläge?

      Forget it!

      Bevor wir aber zum Selbstdenken kommen, schauen wir uns zunächst die »Denke« und die »Ressourcen« an, die derzeit die Arenen beherrschen.

      Spiel-Philosophie: Mia San Mia!

      Betriebswirtschaftslehre und Zukunftsforschung

      Denkmuster der Old Economy

      Hier gehts ums Ganze. Um Hehres. Ums Ball-Hochhalten! Um das, was die Spitzen der wirtschaftlichen Hierarchie, die Top Level Accounts, als ihr ureigenes Spielfeld reklamieren. Vor allem aber um das auf diesem Heiligen Rasen gepflegte Denkmodell: das angeblich allein selig machende Konzept zur Erfassung der ökonomischen Nachtreterei.

      In diesem Unterkapitel lesen Sie,

      ∎ wie sich die Betriebswirtschaft (fast) alles erklärt,

      ∎ welches Team dafür Pate steht,

      ∎ was sich für ein (Groß-)Unternehmertum daraus ergibt,

      ∎ was die Zukunftsforschung damit zu tun hat,

      ∎ warum das Doppelpass-Spiel zwischen BWL-gedoptem Management und den Zukunftsforschung vermarktenden Liberos eigentlich niemandem auffällt.

      ∎ Und: Warum es auffallen sollte.

      Betriebswirtschaftslehre: Königsdisziplin des Unternehmertums? Jedenfalls ist es die Profession, auf die sich fast alle unternehmerisch Tätigen der Top-Etagen verlassen, wenn sie glauben, dass es ums Triple-E, das Eingemachte, geht: Erfassen, Entwickeln, Entcheiden. Welche Konzepte stellt der BWL-Grundlagenpool dafür zur Verfügung? Welche Weltanschauung steht dahinter? Und wer kennt die Grundlagen?

      Nur, wer die »Basics« beherrscht, kann beurteilen, ob er dieses Spiel wirklich spielen möchte. Denn wer weiß, dass er zwar mit Schachfiguren oder einem Tischtennisschläger

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