Steiermark Reiseführer Michael Müller Verlag. Andreas Haller
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Die Ramsau ist eine Streusiedlung mit einem erkennbaren Zentrum, Ramsau-Ort, und abgelegenen Teilorten. Den Namen erhielt die Aue von der Hohen Rams (2551 m), die zum Dachsteinmassiv gehört. In der Umgangssprache hieß die Gegend früher „Ahorntal“. Hin und wieder treffen Spaziergänger noch auf die typischen Ahornreihen, die einst die Gemarkungen zerteilten und die Höfe gegen den Westwind schützten. Auch Film- und Fernsehmacher haben den Ort für sich entdeckt: Seit Jahren werden hier die Staffeln der TV-Serie „Die Bergretter“ gedreht; wer mag, pilgert zu den Originaldrehorten und hält dabei nach den Lieblingsstars Ausschau.
Geschichte
Das berühmte Lied „Die Gedanken sind frei“ steht symptomatisch für die wichtigste Periode der Ortsgeschichte. Bergleute aus Sachsen hatten im 16. Jh. neben ihrem beruflichen Know-how die lutherische Lehre in die Ostalpen gebracht. Im Zuge der Gegenreformation wurde diese von den Habsburgern verboten, woraufhin man sich nach außen zum Katholizismus bekannte, in Wirklichkeit jedoch weiterhin protestantisch blieb. Dieser Geheimprotestantismus blieb bis zum Erlass des Toleranzpatents 1781 bestehen. Noch heute leben in der Ramsau 78 % Protestanten und 18 % Katholiken. Und selbstverständlich handelt es sich beim Gotteshaus in Ramsau-Ort mit seinen hübschen Holzemporen um eine evangelische Kirche. Auch ein Kapitel der Alpingeschichte wurde hier geschrieben: 1909 bezwangen die Brüder Georg und Franz Steiner als Erste die Dachstein-Südwand - mit einem Stock als einziges Hilfsmittel! Das Alpinmuseum in der Austriahütte illustriert diese Episode. In die Wintersporthistorie trug sich der Ort ein, als hier 1999 die nordische Skiweltmeisterschaft stattfand. Aus jener Zeit stammt auch die Sprungschanze am Kulm. Die ältesten Siedlungsspuren stammen übrigens aus römischer Zeit. Sie befinden sich am Burgstall oberhalb der Straße nach Weißenbach bei Haus. Ein Lehrpfad vermittelt Wissenswertes aus jener Epoche.
Sehenswertes
St. Rupert am Kulm: Wer auf direktem Weg von Schladming hoch zur Ramsau fährt, gelangt zunächst in den Ortseil Kulm. Gegenüber dem 1610 erstmals urkundlich erwähnten Kulmwirt liegt die katholische Kirche St. Rupert. Es handelt sich um den ältesten Sakralbau im Hochtal. Bemerkenswert im Innern sind spätromanisch-gotische Fresken im Chor und im Langhaus.
Museum Zeitroas: Das ansprechend gestaltete Heimatmuseum in Ramsau-Ort illustriert verschiedene Aspekte der Ortsgeschichte. Eine wichtige Stellung nimmt der Protestantismus ein, weitere Themeninseln beschäftigen sich mit der Jagd, mit dem Alpinismus und mit der touristischen Erschließung des Ramsauer Plateaus. Sehenswert ist überdies das dreidimensionale Landschaftsrelief der Dachstein-Salzkammergut-Region aus den 1960er-Jahren.
♦ Weihnachten bis Ostern und Mai bis Okt. Di/Mi 10-12.30, Mi−Fr 15-18 Uhr. 5 €, erm. ab 3 €. Ramsau 227, www.zeitroas.at.
Rittisberg
Der Kulmberg (1245 m) und der Rittisberg (1565 m) trennen mit ihren bewaldeten Kuppen das Ramsauer Plateau vom tiefer gelegenen Oberen Ennstal ab. Der Rittisberg präsentiert sich heute als Freizeitpark für Familien mit Kindern - mit Sessellift, Sommerrodelbahn, Waldhochseilgarten, Barfuß- und E-Bike-Parcours sowie einem Märchenweg für die ganz Kleinen. Vom Aussichtsturm am Gipfelkreuz fällt der Blick auf Kalk- und Zentralalpen. Trotz Kommerz finden auch Naturliebhaber hier das eine oder andere ruhige Fleckchen und an der Südseite des Bergs laden hinreißend gelegene Almhütten zur Mittagseinkehr und Kaffeepause ein (Informationen im Internet: www.rittisberg.at).
Dachstein
Paradeblick von der Neustattalm auf den Dachstein
Die Ramsau liegt auf der südlichen Sonnenseite der Kalkalpen, die vom mächtigen Dachstein dominiert werden. Dabei unterscheidet man das gesamte Bergmassiv vom eigentlichen „Hohen Dachstein“, der mit einer Gipfelhöhe von exakt 2995 m zum Verdruss vieler Einheimischen die 3000-Meter-Marke nur denkbar knapp verfehlt. Der Hohe Dachstein ist Teil eines Dreigestirns von Gipfeln, die sich die Steiermark mit den Nachbarbundesländern Oberösterreich und Salzburg teilen muss. Ähnliches gilt auch für den Dachsteingletscher − den östlichsten Gletscher der Alpen! Alpine Pfade und Klettersteige verbinden die Ramsau mit dem Gletscherplateau und dem Hauptgipfel. Die meisten Besucher wählen allerdings die bequeme Variante und fahren mit der Gletscherbahn nach oben. Diese katapultiert die Besucher in kürzester Zeit nach oben und bewältigt ohne Stützstreben eine Höhendifferenz von ca. 1000 m. Rundverglaste Gondeln − eine der beiden Gondeln verfügt sogar über einen durchsichtigen Boden − und schwindelnde Abgründe sorgen für den Zusatz-Thrill. Oben erwartet Gäste die Aussichtsplattform Skywalk, ein Bistro mit Selbstbedienung, eine Hängebrücke sowie der Eispalast, über dessen Nutzen und Schönheit man geteilter Meinung sein mag. Professionelle Eisschnitzer aus China schufen den unterirdischen Dom mit mystisch illuminierten Skulpturen in wochenlanger Arbeit. Überdies kann man auf dem Gletscher in einer Loipe in 45 Min. zur modernen Seethalerhütte wandern und dort auf 2740 m Höhe am Rand des Gletschers einkehren. An der Fassade des futuristischen ÖAV-Hauses klebt eine Fotovoltaikanlage, im Keller befindet sich ein Blockheizkraftwerk, das mit Rapsöl betrieben wird. Neben dem Neubau steht die meist zur Hälfte unter Schnee- und Eismassen begrabene Dachsteinwarte. Die 1929 erbaute Hütte drohte wegen des Klimawandels ins Tal zu rutschen, weshalb ein Neubau nötig wurde.
♦ Seethalerhütte: Juni bis Mitte Okt. und 25. Dez. bis Ende April geöffnet. Tel. 03687-81209, www.alpenverein.at/seethalerhuette.
Eispalast, Hängebrücke und „Treppe ins Nichts“: Ende Juni bis Anfang/Mitte Sept. tägl. 8.30−16.30 Uhr, Anfang/Mitte Sept. bis Nov. 8.30−16.15 Uhr. 10 €, erm. ab 5,50 €. Empfohlen werden gutes Schuhwerk und warme Kleidung. Tel. 03687-22042810, www.derdachstein.at.
Gedenken, um zu vergessen: das Dachstein-Projekt von Ai Weiwei
In einem Interview sagte der chinesische Künstler Ai Weiwei einmal, dass wir in einem „Zeitalter der Verrücktheit“ lebten (fünf Tage danach wurde er in Peking von der Polizei festgenommen). Verrückt klingt auch die Geschichte, die sich mit seiner Beteiligung im Sommer 2010 am Dachstein zutrug. Beim Kunstfestival Regionale X ließ Ai Weiwei einen 4 t schweren Felsbrocken auf