Der weite Weg nach Westen. William H. Clark

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Der weite Weg nach Westen - William H. Clark Paperback

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1805 sollte das »keelboat« mit der naturwissenschaftlichen Ausbeute der vergangenen Monate, den bis dahin gefertigten Landkarten und Tagebuchaufzeichnungen nach St. Louis zurückgeschickt werden. Die »permanent party« würde mit den Pirogen und selbst gefertigten Kanus weiter stromaufwärts in absolute »Terra incognita« möglichst bis zum Ursprung des Missouris vorstoßen, dann entweder die Boote in ein oder zwei Tagesmärschen über die kontinentale Wasserscheide der »Stony Mountains«, einem bescheidenen Bergrücken vom Höhenmaß der Appalachen, tragen oder für die Überquerung Pferde von den dort beheimateten Indianern vom Stamm der Shoshonen erwerben. An der Westflanke der »Stony Mountains« fände sich jener Fluss, vermutlich der Columbia, auf dem das »Corps« spätestens im Sommer 1805 den Pazifik erreichen könnte. Anschließend wäre rasch die Rückreise zur neuerlichen Überwinterung in »Fort Mandan« anzutreten, um schließlich im Frühjahr 1806 wieder St. Louis zu erreichen.

      Es ist viel passiert zwischen 1804 und 1806, was die Fragwürdigkeit, mehr noch: den illusionären Charakter dieser und anderer Annahmen und Vermutungen offenbart hat. Die Tücken des Missouris und Naturgewalten haben ein viel bescheideneres Vorankommen erzwungen, als es die Planungen vorsahen. Einige »Indian nations«, besonders die von allen Missouri-Indianern gefürchteten Sioux, betrachteten das »Corps of Discovery« als unerwünschten Eindringling – die Botschaft ließ die Sioux kalt, die Meriwether Lewis ihnen verkündete. »Der weiße Vater hat uns Kriegshäuptlingen aufgetragen, diese lange Reise zu unternehmen …, um mit euch und seinen anderen roten Kindern an diesen trüben Wassern (dem Missouri, der Verf.) Rat zu halten, euch seine guten Ratschläge zu übermitteln und jenen Weg zu weisen, den ihr gehen müsst, um glücklich zu werden …« Auch die anschließenden Drohungen – die roten Kinder sollten den Einflüsterungen schlechter Menschen widerstehen, »damit sie nicht durch einen falschen Schritt das Missfallen des Großen Vaters« auf sich zögen, »der sie zerstören könnte, wie Feuer das Gras der Plains vernichtet« – beeindruckten den kriegerischen Stamm nicht. Die Konfrontation nahm Ende September 1804 bedrohliche Ausmaße an, verzögerte die Weiterfahrt und hätte ohne das mutige Agieren der beiden Captains zum gewaltsamen Konfliktaustrag mit unvorhersehbarem Ausgang geführt. Die Kunde vom energischen Auftreten des »Corps of Discovery« verbreitete sich wie ein Lauffeuer stromaufwärts; von Indianern hatte die Expedition fürs Erste nichts mehr zu befürchten.

      Mit nahezu fünfzig Indianerstämmen ist die Truppe während ihrer Reise in Berührung gekommen; Sprachbarrieren zwischen diesen »sovereign nations« (Jefferson) wie zwischen den Indianern und dem »Corps« haben alle Verständigungsbemühungen erschwert. Entbehrungen und Strapazen nehmen in den Wintermonaten 1804/05 zu, die man im selbst gezimmerten »Fort Mandan« in Nachbarschaft zu den fünf Mandan- und Hidatsa-Dörfern verbringt. Ohne die Maislieferungen der ansässigen Indianer, mit denen sich ein freundschaftlicher Verkehr anbahnte, hätte der Hunger die Truppe im Fort noch stärker geschwächt, deren Kräfte in Eiseskälte und Winterstürmen ohnehin rapide schwanden.

      Dass sie sich nicht hat unterkriegen lassen, sondern sich in verringerter Zahl – ein Teil der Truppe kehrt mit dem »keelboat« nach St. Louis zurück – und voller Zuversicht im April 1805 mit den zwei Pirogen und sechs selbst gefertigten Kanus wieder dem Fluss anvertraut, signalisiert ein Tagebucheintrag von Meriwether Lewis: »Diese kleine Flotte, obzwar nicht ganz so eindrucksvoll wie die von Columbus oder Kapitän Cook, wurde von uns dennoch mit ebenso großem Vergnügen betrachtet, wie die zu Recht berühmten Abenteurer die ihrigen gesehen haben … Wir schickten uns jetzt an, ein Gebiet zu durchdringen, mindestens zweitausend Meilen weit, das noch kein Fuß eines zivilisierten Menschen je betreten hatte. Welches Gut oder Übel es für uns enthalten würde, musste sich im Fortgang unserer Reise erweisen …«

      Bald aber muss die Hochstimmung wieder stärkste Belastungsproben ertragen. Verborgene Sandbänke, gefährliche Flusswirbel und tückische Winde treiben einzelne Boote an den Rand des Kenterns, Begegnungen mit Grizzlybären machen aus den Jägern rasch Gejagte; der Oberlauf des Missouris erweist sich als kaum noch schiffbar, die »Great Falls« des Stroms sind majestätisch schön, aber von solchen Ausmaßen, dass ihre Umgehung viele Tage verschlingt und die Männer bis zur totalen Entkräftung fordert. Spätestens im August 1805, als Meriwether Lewis auf der kontinentalen Wasserscheide am Lemhi-Pass, an der Grenze zwischen den künftigen Staaten Montana und Idaho, steht, »von wo aus ich immense Ketten hoher Berge, immer noch weiter westlich von uns, sah, deren Spitzen teilweise mit Schnee bedeckt waren«, muss das »Corps of Discovery« der Hoffnung Valet sagen, es gebe eine direkte Wasserstraße über den Kontinent via Missouri und Columbia. Die Begegnung mit den Shoshonen verläuft positiv und ermöglicht den Kauf von Pferden; aber Marsch und Ritt durch die Bitterroot Mountains, einer endlos erscheinenden Häufung von winterlichen Schluchten und Bergrücken, erweisen sich als wahres Martyrium. Erst nach Wochen erreicht die Truppe halb erfroren, fast verhungert, von Krankheit und Entbehrungen ausgezehrt, die Ebenen Idahos und verdankt ihr Überleben indianischer Hilfsbereitschaft, dem Wohlwollen der Nez Percé. Der Columbia – da und dort mit den rasch gefertigten Kanus nur unter Mühen passierbar, sein Mündungsgebiet, Anfang November 1805 erreicht, ganz und gar unwirtlich. »Fort Clatsop«, das improvisierte Winterlager, beim heutigen Astoria in Oregon gelegen, ersäuft fast im Regen; grassierende Krankheiten, die Monotonie des Lagerlebens und die unzulängliche Nahrung machen dem »Corps« schwer zu schaffen. Ende März 1806 tritt die Truppe den Heimweg an; vom Umstand abgesehen, dass kein Schiff gesichtet worden war, verboten auch die Fährnisse der Landroute ihre ursprünglich geplante Aufteilung. Wieder erweist sich die »Bitterroot«-Kette als nahezu unüberwindbares Hindernis; erst Ende Juni gelingt mit indianischer Hilfe die Überquerung. Die zeitweilige Trennung der Captains samt Truppe – Clark folgt dem Lauf des Yellowstone, Lewis erforscht den Marias River zur britisch-kanadischen Grenze hin, – beschwört neue Krisen herauf. So gerät Lewis mit einigen Soldaten an eine Gruppe von Blackfeet und muss Fersengeld geben, nachdem zwei Indianer beim Diebstahl ertappt und getötet worden sind. Die Wiedervereinigung der Truppe am Zusammenfluss von Yellowstone und Missouri setzt noch einmal ausreichend Kräfte frei, um schließlich am 23. September 1806 wieder St. Louis zu erreichen, wo die Verschollenen oder Totgeglaubten mit Jubel empfangen werden.

      Ungefähr 8000 Meilen hatte die Truppe bei der Rückkehr nach St. Louis zurückgelegt, William Clark die Wegstrecke mit schlichter Technik und indianischer Mithilfe erstaunlich genau ermittelt. Die Kosten des Unternehmens hatten sich über die Jahre hinweg vervielfacht. Wo Jefferson beim amerikanischen Kongress ursprünglich um die Bewilligung von 2500 Dollar nachgesucht hatte, beliefen sich die Gesamtausgaben schließlich auf 38 000 Dollar. Ob dieses Geld gut angelegt war, ist noch einige Jahre lang zwischen den »Jeffersonians« und der oppositionellen »Föderalisten«-Partei umstritten geblieben.

      Für die beiden Captains und ihren Auftraggeber bestanden am Erfolg der Reise wenig Zweifel. Zwar mussten Lewis und Clark einräumen, dass die erhoffte transkontinentale Wasserstraße, die »Nordwest-Passage«, nicht gefunden worden war, vermutlich auch gar nicht existierte; dass sich die erkundeten Regionen nicht durchweg als der imaginierte »Garten Eden« präsentiert und die Kontaktbemühungen zu den Missouri-Indianern schwierig gestaltet hatten.

      Dafür verwiesen die Captains vor allem auf die wissenschaftliche Ausbeute des glücklich bestandenen Abenteuers. Ein halber Kontinent war erkundet, kartografiert und halbwegs vermessen worden. Lewis hatte 178 neue Pflanzen entdeckt und beschrieben, mehr als zwei Drittel davon westlich der kontinentalen Wasserscheide beheimatet, hatte 122 Tierarten aufgelistet und vorgestellt, und gemeinsam mit William Clark fremde »Indian nations« in all jenen Bereichen untersucht, die zu erkunden der Präsident aufgetragen hatte. Thomas Jeffersons Glück hätte fast vollkommen genannt zu werden verdient, wäre es gelungen, das neue Wissen möglichst rasch und vollkommen einer breiteren Öffentlichkeit in der »Neuen« und »Alten Welt« zugänglich zu machen. Dieses Vorhaben ist gescheitert (vgl. Literaturhinweis). Vermutlich ist Meriwether Lewis, vom Präsidenten als Lohn für seine Verdienste zum Gouverneur im »Louisiana Territory« ernannt, mit der editorischen Aufgabe überfordert gewesen, auch mit dem schnelllebigen Ruhm des Nationalheros nicht zurechtgekommen; wie anders wäre sein früher Tod von eigener Hand am 11. Oktober 1809 zu erklären. William Clark fehlten die Voraussetzungen für die literarische Aufbereitung der »Journals«;

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