Wirksam werden im Kontakt. Mechtild Erpenbeck
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Wenn es im Coaching geschieht, muss ich in der Lage sein, bewusst zu entscheiden, ob ich die entstandene Spannung eher auflösen oder halten will. Beides zu können ist wichtig. Spannung zu halten, ist dabei die anspruchsvollere Herausforderung. Sobald ich den unwillkürlichen Impuls habe, etwas zu sagen, um mich selbst von dem beschriebenen Unbehagen zu befreien, ist Gefahr im Verzug. Beliebt ist dabei zum Beispiel, eine gestellte Frage, die nicht gleich beantwortet wird, noch einmal zu präzisieren oder zu paraphrasieren, um die entstandene Stille zu überbrücken. Überhaupt sind weitere Erklärungen zum Gesagten ein unauffälliges Mittel zum Spannungsabbau, denn sie sind in der Sache immer gut begründbar. Wie viel »Schweigevermeidungstext« auf diese Weise produziert wird, kann man sich kaum vorstellen.
Man könnte von »Schweigekompetenz« sprechen und damit die Fähigkeit bezeichnen, Spannung in der Weise und in dem Maße halten zu können, die dem Prozess förderlich ist. Ohne Spannung entsteht keine Energie, keine Dringlichkeit. Ohne Spannung kann sich der Raum, den das Schweigen öffnet, nicht mit dem füllen, was gerade auftauchen will. Einfach ruhig und zugewandt warten, was passiert. Nichts tun, nichts sagen. Das ist eine Form der Aufmerksamkeit, deren Beherrschung schon eine gewisse Meisterschaft bedeuten kann.
1Was das Verstehen dieser unbewussten Vorgänge anbelangt, hat die Hirnforschung der jüngeren Zeit manch Neues beigetragen. Gerald Hüther (2005) lieferte eine sehr hand-habbare und plastische Aufbereitung der wichtigsten Forschungsergebnisse, die für die Praxis des Coachings und Selbstcoachings von Belang sind.
2Einige Schulen, die sich in besonderer Weise mit Körpersprache beschäftigen, fokussieren auf die Bemühung dahinterzukommen, was die Person »eigentlich« meint. Dazu werden Körpersignale unbewussten Botschaften zugeschrieben. Hier ist z. B. das NLP schon früh zu einem beachtlichen diagnostisch-methodischem Wissen vorgedrungen. Zu erwähnen sei hier auch das Körpersprache-Alphabet von Keith Johnstone (1993), das auf verblüffende Weise über die unbewussten Körperinszenierungen der Macht Auskunft gibt. Die Skepsis diesen Ansätzen gegenüber beruht darauf, dass sie ein recht starres Deutungsschema nahelegen.
3Bion (2009) nennt diesen Vorgang »Rêverie«, Träumerei. Ein zauberhafter Begriff. Er indiziert einen tagtraumähnlichen Zustand, der möglich macht, das Unbewusste der beiden Rollenträger in Resonanz zu bringen. Nota bene: »Rêverie« kann aber auch »Einbildung« heißen!
4An dieser Stelle ist es ratsam, sich auf Daniel Kahnemann (2012) zu beziehen. Er ist als der nüchterne Magier der Kognitionspsychologie sozusagen alternativlos.
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