Challenge Ironman. Frank-Martin Belz
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Warum begleitet mich der Ironman weiter im Leben? Was fasziniert mich an ihm? Worin besteht der tiefere Sinn für mich? Diese Fragen beschäftigten mich und gingen mir lange Zeit im Kopf herum. Am Anfang wollte ich sie einzig für mich selbst klären und einen kleinen Reflexionsaufsatz dazu schreiben – so, wie ich es mit meinen Erlebnisberichten der Ironman-Rennen gemacht hatte, die stets großen Anklang bei Familie, Freunden und Bekannten fanden. Doch dann kam COVID-19 und damit eine Zäsur, nicht nur für die gesamte Gesellschaft, sondern auch für die Welt des Sports. Ich war im März 2020 mit Triathlon-Freunden in einem Trainingslager auf Mallorca, als ich den ersten Lockdown erlebte. Wir waren von heute auf morgen angewiesen, in unserem Apartment zu bleiben und mussten gezwungenermaßen Ruhetage einlegen, anstatt unsere Königsetappe mit dem Rad von Alcúdia über das Kloster Lluc zur Bucht von Sa Calobra zu fahren. Jan Frodeno, Triathlon-Olympiasieger 2008 und dreifacher Ironman Hawaii Champion, veröffentlichte in diesem Zeitraum ein Foto auf Instagram, das ihn beim Laufen in einem dunklen Tunnel zeigt, an dessen Ende Licht zu sehen ist. „Chasing the light at the end of the tunnel. Only when it is taken away … you realise the true value and freedom of a run in the great outdoors”, schrieb er in seinem Post. Geprägt von den Eindrücken des Lockdowns, der die Bewegungsfreiheit erheblich einschränkte und in Spanien, Italien und Frankreich einer Ausgangssperre gleichkam, hob Jan Frodeno den Wert eines Laufes in der freien Natur hervor. Vieles lernt man erst zu schätzen, wenn man es nicht mehr hat.
Als klar wurde, dass fast alle Wettkämpfe im Jahr 2020 ausfallen würden, stellten sich viele Triathleten die Frage nach dem Sinn ihres Trainings. Manche hörten aufgrund der Umstände sogar ganz mit dem Triathlon auf, doch die meisten begaben sich auf die Suche. Neben gegenseitigen Ermunterungen und Durchhalteparolen fanden sich in den sozialen Medien viele Beiträge von Triathleten, in denen sie über ihr Training und die damit verbundenen Naturerlebnisse berichteten. Das inspirierte mich, und nach und nach wurde aus meinem kleinen geplanten Reflexionsaufsatz ein größeres Projekt, das sich nicht nur mit meinen eigenen Gedanken und Gefühlen beschäftigte, sondern mit denen vieler Triathleten, die zur großen Ironman-Familie gehören. Als Wissenschaftler, der es gewohnt ist, mit qualitativen Methoden zu arbeiten, fing ich an, mich systematischer auf die Suche nach dem Sinn eines Ironman zu begeben. Ich verfolgte Posts in sozialen Medien, las Blogs, Bücher und Triathlon-Magazine, die ich gezielt im Hinblick auf Fragestellungen zu Sinn und Bedeutung auswertete. Darüber hinaus führte ich zahlreiche Interviews mit Altersklassen-Athleten und Profis wie Patrick Lange, dem zweifachen Ironman Hawaii Sieger.
Der Frage nach dem „Warum?“ nachzugehen, war mir zunächst ein inneres Bedürfnis, das sich im Laufe der Zeit zu einem größeren Projekt auf der Suche nach dem Sinn entwickelte. Mit diesem Buch möchte ich der großen Ironman-Familie, mit der ich viele schöne Erlebnisse verbinde, etwas zurückgeben. Das Buch richtet sich an drei Gruppen: Zunächst ist es für alle Menschen geschrieben, die ihren Sport, insbesondere den Langdistanz-Triathlon, mit Begeisterung betreiben und einen tieferen (Lebens-) Sinn darin sehen. Darüber hinaus richtet sich das Buch an alle, die schon mal mit dem Gedanken gespielt haben, die Herausforderung Ironman anzunehmen. Sie werden sehen, wie facettenreich dieser Sport jenseits des Wettbewerbs und der Finish Line ist. Ich hoffe, die Erlebnisse und Emotionen von anderen Athletinnen und Athleten liefern ihnen Motivation und Inspiration für diese große Herausforderung, die sie und ihr Leben verändern wird. Um jedoch keine falschen Erwartungen zu wecken, möchte ich darauf hinweisen, dass es in dem vorliegenden Buch nicht um Trainingspläne und -methoden als Vorbereitung auf den Ironman geht. Wer daran Interesse hat, den verweise ich auf die sehr guten Trainingsbücher in diesem Bereich.1
Last but not least wendet sich das Buch an diejenigen, die zwar mit einer gewissen Bewunderung, aber letzten Endes doch verständnislos den Kopf schütteln und fragen: Warum machen die das? Ich versuche, Antworten auf diese Frage zu liefern und beschäftige mich mit den Motiven und den Bedeutungen, die Sportler dem Ironman beimessen. Häufig wird der Langdistanz-Triathlon mit außergewöhnlichen körperlichen Leistungen und Schmerzen verbunden. Mit dem vorliegenden Buch möchte ich jedoch auch das Schöne und das Sinnliche dieses Sports aufzeigen, das häufig im Verborgenen bleibt.
Freising, Januar 2021
Frank-Martin Belz
1IRONMAN ALS GLOBALER STAMM
Ich war gerade auf dem Weg in die Innenstadt von Freising, als ich an einer Ampel auf ein Paar aufmerksam wurde, das Spanisch miteinander sprach. Beide trugen ein Finisher-Shirt vom Ironman Mexico. „Wie ist der Ironman auf der Insel Cozumel?“, fragte ich sie. „Ich habe mir kürzlich die Videos vom Wettkampf im Internet angeschaut und spiele auch mit dem Gedanken, dort mal zu starten.“ So kamen wir sofort ins Gespräch, und die beiden erzählten mir begeistert von dem Wettkampf. Es stellte sich heraus, dass das Ehepaar aus Südamerika gerade vom Halb-Ironman aus Slowenien kam und nun durch Europa reiste. Nach ein paar Minuten schien es, als wären wir schon seit Jahren befreundet, so gut verstanden wir uns. Dabei kannten wir noch nicht einmal unsere Namen. Als der Ehemann schließlich sagte: „Ironman ist ein globaler Stamm, der denselben Lebensstil pflegt, ähnliche Werte und Erlebnisse teilt, die auf Anhieb miteinander verbinden“, konnte ich ihm nur aus tiefstem Herzen zustimmen. Der Ursprung dieses globalen Stammes lässt sich auf eine kleine Gruppe von Sportverrückten zurückführen. Doch wie konnte daraus eine Community entstehen, die Menschen weltweit in den Bann zieht?
MYTHOS
Die offizielle Geburtsstunde des Ironman ist der 18. Februar 1978. Es ist der Tag, an dem das Rennen erstmals mit 15 Teilnehmern in Honolulu auf Hawaii stattfand. Obwohl Football, Basketball und Baseball zu den beliebtesten Sportarten in den USA gehören, gab es in den 1970er Jahren einen Trend zu Ausdauersportarten. Zurückzuführen ist dieser auf Kenneth H. Cooper, der 1968 das Buch „Aerobics“ veröffentlichte.2 Der Titel kommt von „aerobic“, einem leichten ausdauerndem Training im aeroben Bereich. Als promovierter Sportmediziner stellte Cooper in seinen wissenschaftlichen Untersuchungen fest, wie positiv sich regelmäßige Bewegung und Ausdauertraining auf die Fitness und die allgemeine Gesundheit auswirken. Diese Erkenntnis entwickelte er zu einem Fitnessprogramm mit einem einfachen Punktesystem für jedermann. Offenbar traf er damit den Nerv der Zeit. Das Buch wurde zum Bestseller. In der Originalausgabe sind auf der Titelseite die drei Ausdauersportarten Schwimmen, Radfahren und Laufen dargestellt.
Das Buch und die Aktivitäten des „Cooper Aerobics Centers“, das 1970 gegründet wurde, lösten eine Fitnesswelle in den USA aus. Der Sieg des Amerikaners Frank Shorter über die Marathonstrecke bei den Olympischen Spielen von 1972 in München gab dem Ausdauersport nochmals zusätzlich Auftrieb. Joggen wurde zum Inbegriff des sportlichen „American Way of Life“, insbesondere in den Küstenstaaten Kalifornien und Florida. In San Diego, einer Stadt im Süden Kaliforniens, wurde die Kombination von Laufen und Schwimmen besonders populär. Gelaufen wurde am Strand und geschwommen in der geschützten Bucht von San Diego. Wettbewerbe dieser Art nannten sich „Biathlon“. Es waren Jack Johnstone und Don Shanahan, die auf die Idee kamen, Radfahren zu integrieren und am 25. September 1974 den ersten „Triathlon“ zu organisieren. Dieser nannte sich „Mission Bay Triathlon“ und ging über knapp 10 Kilometer Laufen, 8 Kilometer Radfahren und circa 500 Meter Schwimmen. Insgesamt gingen 46 Teilnehmer an den Start. Da das Rennen während der Woche stattfand und erst am späten Nachmittag startete, kamen die letzten Teilnehmer erst nach Einbruch der Dunkelheit ins Ziel. Um ihnen den Weg zu weisen, wurden Autos mit Scheinwerferlicht in die Zielarena gestellt. Unter den Finishern waren auch John Collins und seine Frau Judy, die vier Jahre