Perry Rhodan: Pan-Thau-Ra (Sammelband). Andreas Brandhorst
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Читать онлайн книгу Perry Rhodan: Pan-Thau-Ra (Sammelband) - Andreas Brandhorst страница 72
Lef-Krar schenkte ihr keine weitere Beachtung, sprach mit ihr lediglich, wenn die Umstände es erforderten, nahm die übrige Zeit keine Notiz von ihr. Es war, als sei nichts geschehen. Es gab Momente, in denen sie sich nichts mehr als das wünschte. Dass sie den Fremden nie getroffen hätte, dann wäre sie immer noch eine einfache Soldatin im Krieg für das Leben, die ihren kleinen, unbedeutenden Teil zum großen Ganzen beitrug. Ihre Zweifel wären beherrschbar, eine Art mentales Hintergrundrauschen, an das man sich schließlich so gut gewöhnte, dass man es nicht mehr wahrnahm. Dann hätte sie sich nicht vor Belor-Thon und Lef-Krar verstecken müssen, dann wäre der Drang, sich in eine Ecke zu verkriechen, die Beine an den Leib zu ziehen und die Flughäute über sich wie einen Schirm zu entfalten, endlich verschwunden.
An-Keyt hatte Angst. Angst vor dem, was ihre Begegnung mit dem Flachauge bedeuten mochte. Vor dem, was sie in ihr ausgelöst hatte. Vor dem, was sie ihrerseits auslösen musste, um nicht den Verstand zu verlieren.
Manchmal – wenn die Drogen sie aus ihrem Griff entließen, oder gerade dann, wenn sie sich fest in ihrem Griff befand – dachte sie daran, den Knoten platzen zu lassen, ein Ende zu machen. Zum Vordenker zu marschieren, oder wenigstens zum Navigator, und ihm die Wahrheit zu sagen. Ein Blick auf die Gestalt Negan-Parrs genügte für gewöhnlich, sie von dieser Absicht abzubringen. Der Vordenker hatte sich eine leicht nach vorn gebeugte Haltung zu Eigen gemacht, als sei er ein Raubtier, das nur auf die Gelegenheit wartete, Beute zu schlagen. Und Lef-Krar ... er schien weniger bedrohlich als unnahbar. Lef-Krar wirkte düster, in dunkle Gedanken versunken. Mehr noch, seit Mirton-Kehn ihn hatte fallen lassen und dazu übergegangen war, sich mit Belor-Thon zu paaren. Der alte Mann und der Junge waren ein Anblick, der nicht nur An-Keyt zu schaffen machte.
Vielleicht, dachte die Loowerin, ist das ein Ansatz. Ich spreche ihn darauf an und ...
Eine Stimme drang aus dem Akustikfeld ihres Helms. »Vordenker, da ist etwas!« Sie gehörte Saleng-Merv. Der Loower versuchte nüchtern und professionell zu wirken, betonte aber damit nur den schrillen Unterton der Aufregung in seiner Stimme.
»Das ist keine Meldung, Soldat«, kam die Entgegnung des Vordenkers. Er hatte sich angewöhnt, alle in der Gruppe stets mit »Soldat« anzusprechen. »Sei präzise!«
»Das ... es ... die Spürhelks melden ein organisches Wesen.«
»Schon besser, Soldat. Wo ist das Problem?«
An-Keyt hörte nur mit halber Aufmerksamkeit hin. Saleng-Merv war weit weg. Er und Belor-Thon bildeten an diesem Tag die Vorhut des Trupps, waren weit voraus. Der Höckerwulst der Loowerin pulsierte schmerzhaft, ihre Sprachblase war von einer Trockenheit befallen, die einfach nicht weichen wollte, obwohl sie ihr Wasser schneller aufbrauchte, als ihr Anzug es wieder aufbereiten konnte. Der letzte Schuss aus der Drogenküche des Söldners brannte in ihren Adern. An-Keyt wollte am liebsten an Ort und Stelle niedersinken. Oder noch besser: einen neuen Schuss. Wo steckte Jevek-Kart? Die Loowerin verdrehte suchend die Stielaugen.
»Das Wesen kommt auf uns zu.«
»Na und? Überlass es den Helks, Soldat. Sie kümmern sich darum.«
»Das ... das geht nicht, Vordenker.«
»Sind die Helk-Module defekt, Soldat? Wieso hast du dann keine Meldung erstattet? Das ...«
»Die Helks sind in Ordnung.« An-Keyt horchte auf. Saleng-Merv hatte dem Vordenker das Wort abgeschnitten! »Dieses Wesen ... die Helk-Daten weisen es als Loower aus.«
Der Vordenker schwieg verblüfft. Dann sagte er: »Das ist unmöglich, Soldat! Vor uns ist ungesichertes Territorium. Dort gibt es keine Loower!«
An-Keyt vergaß für einen Augenblick ihre Leiden. Der Vordenker hatte Recht. Ihr Trupp marschierte seit einiger Zeit wieder an der Spitze. Vor ihnen konnte es nur Feinde geben.
»Ich weiß, Vordenker. Es ist unmöglich, aber die Helk-Daten sind eindeutig. Vielleicht ein Angehöriger eines Spezialkommandos. Wie damals beim Hinterhalt.«
Durchaus plausibel. An-Keyt und ihre Kameraden hatten gelernt, dass sie nur bruchstückhaft über den Krieg unterrichtet waren. Spezialkommandos – wieso nicht? Und wenn es sie gab, war es nur folgerichtig, dass sie nichts von ihnen wussten. Sie waren einfache Soldaten. Was sie nicht wussten, konnte sie nicht verwirren, konnten sie nicht den Flachaugen verraten, sollten sie in ihre Gewalt geraten.
Die Gedanken des Vordenkers mussten in ähnliche Bahnen gehen. »Also gut, Soldat. Lasst den Kerl rankommen. Seht ihn euch gut an. Vorsichtig! Und dann bringt ihn her – ich will mit ihm reden.«
An-Keyts Helm fuhr aus, das Rundumdisplay erwachte zum Leben. Sie sah aus einigen Schritten Entfernung Saleng-Merv und Belor-Thon, gefilmt von einem Helk-Modul. Die beiden Loower hatten in einem der gesichtslosen Gänge der PAN-THAU-RA angehalten, flankiert jeweils von einem Helk. Die Soldaten traten nervös von einem Bein auf das andere, während sie angestrengt den Gang entlang starrten, dem Punkt entgegen, an dem sich der Orterimpuls in ein Wesen aus Fleisch und Blut verwandeln würde. Ihre Haut war fahl. An-Keyt fühlte Mitleid mit den beiden, besonders mit Belor-Thon. Er wirkte jetzt wieder wie ein Junge auf sie. Schutzbedürftig und verletzlich.
»Halt!«, rief Saleng-Merv in diesem Moment, lauter als nötig.
An-Keyts Display teilte sich. Eine Hälfte zeigte weiter ihre beiden Kameraden, die andere Belor-Thons Sicht der Dinge. Die stämmige Gestalt eines Loowers war am Ende des Gangs erschienen. Ein Umriss lediglich, der Gang war lang.
»Kameraden, nicht schießen!«
Der Umriss streckte beide Tentakel und Flughäute zur Seite, um zu zeigen, dass er unbewaffnet war. Die Gliedmaßen zu heben, wie es unter vielen anderen Wesen üblich war, hätte bedeutet, sich aufzuplustern, eine Drohgebärde.
Belor-Thons Kamera zoomte den Unbekannten heran. Es war ein Loower, kein Zweifel. Er sah schlecht aus. So schlecht, dass An-Keyt sich fragte, wie er sich noch auf den Beinen halten konnte. Von seinem Kampfanzug war fast nichts geblieben, nur an einer Schulter hing ein abgerissener Rest des Neuneckgewebes. Seine Haut schien eine einzige Schürfwunde, sein bloßes Fleisch wurde nur noch von getrocknetem Blut geschützt.
»Bitte nicht schießen! Bitte helft mir ... ich habe Durst.«
An-Keyt, die gerade an dem Wasserröhrchen ihres Kampfanzugs zog, verschluckte sich. Sie fühlte sich unendlich schäbig. Kameraden litten unsägliche Qualen. Und sie? Sie quälte sich selbst.
Saleng-Merv und Belor-Thon flüsterten miteinander, dann rief Ersterer: »Bleib ruhig, Kamerad. Du hast es gleich geschafft. Komm näher – aber langsam.«
Der Verwundete setzte sich torkelnd in Bewegung. Saleng-Merv schickte ein Helk-Modul aus. Der Roboter schoss vor, passierte den wankenden Loower und postierte sich am Ende des Gangs, um zu verhindern, dass Flachaugen sie überraschten.
Der Verwundete kämpfte weiter um jeden Schritt, die Tentakel steif zur Seite gereckt. Als er näher kam, erkannte An-Keyt, dass sein linker Unterschenkel nur noch von einer Metallstange und ein paar Plastikbändern zusammengehalten wurde. Eine Blutspur markierte seinen Weg, verlief in unruhigen Bahnen von Wand zu Wand.
Saleng-Merv und Belor-Thon erwarteten ihn mit gezogenen Strahlern. »Halt durch, gleich ist es vorbei!«
Zwei, drei Schritte vor den beiden Soldaten, bäumte sich