Fettnäpfchenführer Schweden. Cornelia Lohs

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Fettnäpfchenführer Schweden - Cornelia Lohs Fettnäpfchenführer

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nach oben und nimmt sich vor, auf dem Rückweg in einem der 7-Eleven-Shops vorbeizuschauen, die ihr unterwegs auf der Drottninggatan aufgefallen waren. Sie kennt die Läden der japanischen Einzelhandelskette aus den USA und wusste nicht, dass es sie auch in Schweden an jeder Ecke gibt.

      Katharina geht die Straße hinauf und betritt den nächsten 7-Eleven, der in ihr Blickfeld gerät. Sie entscheidet sich für eine Tüte Mandeln und zwei Bananen. Als sie bezahlen will und dem asiatischen Kassierer einen Kronenschein entgegenstreckt, sagt dieser: »Sorry, no cash!« Katharina versteht die Welt nicht mehr: Schon wieder keine Barzahlung möglich? Dass dies in den USA gang und gäbe ist, versteht sie ja, aber im kleinen Schweden?! Sie zieht ihre Kreditkarte aus dem Geldbeutel und steckt sie in das kleine Kartenlesegerät. Wenn das so weitergeht, dass keiner Bargeld akzeptiert, sind am Ende der drei Monate ganz schön viele Gebühren für den Karteneinsatz aufgelaufen, denn gebührenfrei ist der Einsatz der Kreditkarte ja nur zu Hause und in den Euro-Ländern, und dazu gehört Schweden mit seinen Kronen nicht. Mist!, denkt sie und trottet nach Hause.

       Was ist schiefgelaufen?

      Die Deutschen lieben das Bargeld, die Schweden nicht. Katharina, die sich kaum auf ihren Aufenthalt vorbereitet hat, stellt überrascht fest, dass das Land inzwischen zu einer fast bargeldlosen Gesellschaft geworden ist. Man findet tatsächlich nur noch wenige Geschäfte, die Münzen und Scheine akzeptieren. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich beim Kauf um eine Tasse Kaffee, eine Zeitung am Kiosk oder ein teures Abendessen handelt. Die Stockholmer Nahverkehrsbetriebe SL (Storstockholms Lokaltrafik) akzeptieren keine Barzahlung mehr, selbst öffentliche Toiletten und Parkautomaten wurden auf bargeldloses Zahlen umgerüstet. Die meisten Stockholmer zahlen per Smartphone mit Swish, dem mobilen Zahlungssystem schwedischer Banken, das von knapp sieben Millionen Schweden genutzt wird – das ist eine Menge, wenn man bedenkt, dass das Land nur 10 Millionen Einwohner hat. Swish ist praktisch, kann aber nur von denjenigen genutzt werden, die über ein schwedisches Girokonto, einen Wohnsitz in Schweden und ein nationales Personenkennzeichen, die »Personnummer«, verfügen. Vor der Reise nach Schweden Euro in Kronen umzuwechseln lohnt sich nicht. EC-Karten und alle gängigen Kreditkarten werden überall akzeptiert – auch bei Spenden in der Kirche und auf Floh- und Wochenmärkten.

       DIE »PERSONNUMMER«

      Was den Amerikanern die »Social Security Number«, ist den Schweden die »Personnummer«. Durch diese Identifikationsnummer, die 1947 eingeführt wurde und von der schwedischen Steuerbehörde Skatteverket ausgestellt wird, kann jeder Bürger des Landes eindeutig bestimmt werden. Die zehnstellige Nummer besteht aus dem Geburtsdatum in der Reihenfolge Jahr, Monat, Tag (z. B. 801211), einer dreistelligen Geburtsnummer (Geburtsort und Hinweis ob männlich oder weiblich) sowie einer Kontrollziffer. So wie wir in Deutschland bei Kontoeröffnungen, Telefonanschluss und Vertragsabschlüssen jeglicher Art nach Name, Geburtsdatum und Geburtsort gefragt werden, fragt man in Schweden nach der Personnummer. Ohne die geht gar nichts. Die Nummer erhält jeder, der bei der Steuerbehörde ins zentrale Melderegister (folkbokföring) aufgenommen wird. Als Nichtschwede muss man dafür über ein Aufenthaltsrecht verfügen und mindestens seit einem Jahr in Schweden leben.

       Katharina kann’s besser

      Katharina hat gleich zu Beginn ihres Stockholm-Aufenthalts Bekanntschaft mit der bargeldlosen Gesellschaft gemacht. Den Umtausch von Euro in Kronen hätte sie sich sparen können. Bei künftigen Reisen nach Schweden wird sie sich allein auf ihre EC-und Kreditkarten verlassen, sich aber vorab bei diversen Kreditkartenanbietern (z. B. in einem Vergleichsportal) erkundigen, wie hoch die Gebühren bei einem Karteneinsatz im Nicht-Euro-Land Schweden sind.

       DIE ENTWICKLUNG SCHWEDENS ZUR BARGELDLOSEN GESELLSCHAFT

      In Gelddingen war Schweden schon immer allen anderen voraus: 1661 war es das erste Land in Europa, das Geldscheine als offizielles Zahlungsmittel einführte. Dreieinhalb Jahrhunderte später gehören die technikbegeisterten Schweden weltweit zu den Ersten, die es wieder abschaffen. Kein Land der Welt, auch nicht die kreditkartenverliebten USA, ist auf dem Weg in die bargeldlose Gesellschaft so weit fortgeschritten wie Schweden. Im Kampf gegen Münzen und Scheine wurde 2008 von Banken, Gewerkschaften und dem Verband des Einzelhandels die Kampagne »Bargeldlos jetzt« ins Leben gerufen, die mit Sätzen wie »Bargeld braucht nur noch deine Oma – und der Bank räuber« warben. Wichtigstes Argument: Ist in Läden und Banken kein Bargeld mehr vorhanden, verhindert das Raubüberfälle. Der Erfolg zeigte sich schnell: Gab es in Schweden 2007 noch 110 Banküberfälle, waren es zehn Jahre später nur noch fünf. In zahlreichen Bankfilialen können Kunden heute Bargeld weder abheben noch einzahlen, Geldautomaten wurden zum Großteil abgebaut. Von den 20 SEB-Niederlassungen in Stockholm verfügen nur noch zwei über kontant, das schwedische Wort für Bargeld. Seit 2018 denkt die Reichsbank über die Einführung von elektronischem Geld nach. Mit der »E-Krone« wäre Schweden das erste Land mit einer eigenen Digitalwährung.

      5

       KATHARINA WILL ZU ABEND ESSEN

      Samstag, zweiter Tag in Stockholm. Es ist 18 Uhr, und Katharina plagt der Hunger. Emma ist schon seit dem Morgen mit ihrer Kamera unterwegs, und im Kühlschrank und in den Küchenregalen findet die junge Deutsche nichts, auf das sie auf Anhieb Appetit hätte. Der Kühlschrank ist zwar prall gefüllt, aber vieles von dem, was nicht eindeutig identifizierbar ist, kann Katharina nicht deuten, da sie kein Schwedisch spricht und nicht lesen kann, was auf den Verpackungen steht. Zudem weiß sie nicht, ob sie sich einfach so bedienen darf. Bisher war sie noch gar nicht dazu gekommen, ihre Vermieterin zu fragen, wie das mit der Küchenmitbenutzung gehandhabt wird. Ob Emma einkauft und sie sich finanziell beteiligt oder ob sie ihr eigenes Essen kauft.

      Als Katharina am Morgen noch halb verschlafen in der Küche erschienen war, befand sich die Fotografin bereits auf dem Sprung und erklärte ihr nur kurz, wo sie Kaffee und die übrig gebliebenen Zimtschnecken vom Tag zuvor finden würde. »Aber wenn du lieber einen Espresso möchtest, dort im Schrank steht eine Dose mit Espresso-Bohnen, Kaffeemühle und Espressokanne findest du im Regal über der Spüle. Ein paar Schritte die Straße runter gibt es auch ein Espresso House mit leckeren Kaffeespezialitäten.« Mit einem hejhej, das die Schweden sowohl für Hallo als auch für Tschüss verwenden, verschwand Emma aus der Tür.

      Katharina ging erst einmal duschen und schmiedete unter dem heißen Wasserstrahl Pläne für den Tag. Frisch geduscht, geschminkt und angekleidet bereitete sie sich einen Espresso zu und wärmte eine Zimtschnecke im Backofen auf. Anschließend verließ sie das Haus. An diesem Tag würde nur Sightseeing auf dem Programm stehen: Bis zum Mittag hatte sich Katharina die Altstadt (Gamla Stan) und Södermalm vorgenommen, am Nachmittag wollte sie ein paar Museen auf Djurgården besuchen.

      Als sie gegen 17 Uhr in die Wohnung zurückkehrt, tun ihr die Füße furchtbar weh, so viel ist sie gelaufen. Ganze 21 Kilometer, wie ihr der Kilometerzähler auf ihrem iPhone anzeigt. Am Mittag hatte sie unterwegs ein Sandwich gegessen, seitdem nichts mehr. Ich hätte auf dem Rückweg etwas einkaufen sollen, schließlich bin ich an zahlreichen Supermärkten und Lebensmittelläden vorbeigelaufen, denkt sie nun, während sie mit hochgelegten Beinen an ihrem Schreibtisch sitzt.

      Katharina quält sich von ihrem Stuhl, zieht ihre Jacke an und schnappt sich ihre Tasche. Sie verlässt die Wohnung und schlendert die Drottninggatan hinunter auf der Suche nach einem Restaurant, das auch Vegetarisches auf der Speisekarte anbietet. Nach wenigen Metern sieht sie auf der anderen Straßenseite ein Restaurant, das recht einladend aussieht. Vor der Eingangstür steht ein Schild, auf dem die »Middag«-Gerichte

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