Fettnäpfchenführer Schweden. Cornelia Lohs

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Fettnäpfchenführer Schweden - Cornelia Lohs Fettnäpfchenführer

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middag bestellt sich Katharina eine Flasche stilles Wasser. Das findet sie auf der Getränkekarte zwar nicht, aber im Gegensatz zur Middag-Karte, wo unter den einzelnen Gerichten die englische Übersetzung steht, ist diese rein Schwedisch. Und sie hat ja nicht die geringste Ahnung, was »Wasser« auf Schwedisch heißt. Als die Bedienung wenige Minuten später ein großes Glas Wasser vor Katharina auf den Tisch stellt, wundert sie sich, warum es ohne die dazugehörige Flasche serviert wird. Nein, also das mag sie gar nicht, dass die Kellnerin oder wer auch immer in der Küche das Wasser schon vor dem Servieren ins Glas schüttet. So kennt sie das nicht. Ist es hier etwa nicht üblich, dass die Bedienung die Flasche erst am Tisch öffnet und dann einschenkt? Wer weiß, ob sie mir hier statt Mineralwasser nicht ein Glas Leitungswasser serviert und im Glauben, ich würde den Unterschied nicht schmecken, mir hinterher den Preis für die Flasche berechnet, denkt Katharina.

      Sie deutet auf das Glas und sagt: »Das habe ich nicht bestellt. Ich wollte eine Flasche stilles Wasser.«

      »Aber das ist doch stilles Wasser«, antwortet die Kellnerin.

      »Ich möchte aber eine Flasche Wasser«, beharrt Katharina.

      Die Bedienung sieht sie seltsam an, nimmt das Wasserglas und geht damit in die Küche zurück. Kurz darauf kommt sie mit einer Deko-Flasche und einem Glas wieder und stellt beides mit den Worten »Wasser in der Flasche« vor dem deutschen Gast ab.

      Ich fasse es nicht – sie hat das Wasser anscheinend vom Glas in die Flasche geschüttet. Die will mich wohl für blöd verkaufen, denkt Katharina und sagt: »Ich wollte eigentlich eine richtige Flasche stilles Wasser haben.«

      Die Bedienung schaut sie an, als frage sie sich, was die seltsame Deutsche eigentlich will. Katharina ist am Verzweifeln. Wenn sie doch nur wüsste, welche Mineralwassersorten es hier gibt und wie sie heißen, wäre es einfacher, der Bedienung zu erläutern, was diese anscheinend nicht versteht oder verstehen will. Dann könnte sie ihr wenigstens die Marke nennen. Sie versucht es trotzdem: »Eine Flasche Aqua Panna? Evian? Volvic?«

      Die Kellnerin schüttelt den Kopf. Diese Marken kennt sie nicht.

      Katharina nimmt einen letzten Anlauf. Sie zieht ihr iPhone aus der Tasche, geht ins Internet und tippt bei Google Translate die Phrase »eine Flasche Mineralwasser« ein. Das Ergebnis, »en flaska mineralvatten«, hält sie der Bedienung unter die Nase, die daraufhin erklärt, dass sie leider kein Mineralwasser in Flaschen haben, sondern nur, und hier fällt ihr das Englische Wort gerade nicht ein, kranvatten. Dabei zeigt sie auf das in eine Dekoflasche gefüllte Wasser. Katharina googelt die Übersetzung für kranvatten und findet »Leitungswasser«. Also doch, denkt sie. Ich habe es ja geahnt. Wahrscheinlich sind ihnen heute die Wasserflaschen ausgegangen, samstags wird nichts angeliefert, und jetzt servieren sie eben Leitungswasser. Was mir dafür wohl berechnet wird?

      Missmutig schaut sie auf die Dekoflasche und hofft, dass das Wasser nicht so chlorhaltig schmeckt, wie sie es aus amerikanischen Restaurants kennt. Dort wird ja auch immer Leitungswasser serviert, garniert mit tausend Eiswürfeln. Sie schenkt sich etwas Wasser aus der Flasche ins Glas, probiert und findet, dass es gar nicht so schlecht schmeckt. Zumindest nicht nach Chlor. Als sie nach dem Essen bezahlt, bemerkt sie, dass das Wasser auf der Rechnung nicht aufgeführt ist. Ist ja auch nur gerecht, denkt Katharina.

       Was ist schiefgelaufen?

      Die Stockholmer lieben ihr kranvatten – für sie ist es eines der besten Leitungswässer der Welt. Anders als die Deutschen schleppen die Schweden keine Wasserkästen vom Supermarkt nach Hause. Wenn sie Durst haben, drehen sie einfach den Wasserhahn auf. Und weil es so gut schmeckt, wird das Leitungswasser auch in Restaurants serviert. Wie auch im Rest Schwedens, wo das Leitungswasser von äußerst hoher Qualität ist. Viele Restaurants führen gar kein abgefülltes Mineralwasser, eben weil das Wasser aus dem Hahn so hervorragend ist. Das Wasser, das oft in hübschen Glaskaraffen oder Dekoflaschen serviert wird, ist für den Gast kostenlos.

      Stockholm bezieht sein Trinkwasser aus dem Mälaren, der mit 1090 Quadratkilometern doppelt so groß ist wie der Bodensee. Erzeugt wird es in den Wasserwerken Norsborg und Lovö, die täglich rund 370.000 Kubikmeter Trinkwasser für mehr als eine Million Menschen im Großraum Stockholm produzieren. Das Wasser wird in drei Schritten gereinigt, bevor es den häuslichen Wasserhahn erreicht. Der Reinigungsprozess beginnt bereits mit der Gewinnung von Wasser aus dem Mälaren zwischen fünf und fünfunddreißig Meter Tiefe. Wie jedes Seewasser enthält es organische Substanzen, die entfernt werden müssen, bevor es zum Trinkwasser wird. In der Ansaugkammer wird das Wasser durch ein feinmaschiges Netz gesiebt, das Wasserpflanzen und andere gröbere Gegenstände auffängt. Das gesiebte Wasser wird danach zum Wasserwerk gepumpt, wo es zwei weiteren Reinigungsschritten unterworfen wird. Der gesamte Prozess dauert etwa zwölf Stunden.

      Natürlich gibt es in schwedischen Supermärkten auch Mineralwasser in Flaschen. Das bekannteste ist Ramlösa aus der gleichnamigen Heil- und Mineralwasserquelle in Helsingborg. Der Großteil der Schweden schwört indes auf das heimische Leitungswasser. Für unterwegs wird Ramlösa jedoch gern gekauft. Vor allem das leicht sprudelnde und das Wasser mit Erdbeer- und Zitronengeschmack.

       Katharina kann’s besser

      Da die junge Deutsche zum ersten Mal in Schweden ist, konnte sie natürlich nicht wissen, dass das Land von Nord bis Süd über Leitungswasser von so ausgezeichneter Trinkwasserqualität verfügt, dass es auch in der Gastronomie serviert wird. Nachdem sie auch diesem Missverständnis auf den Grund gegangen ist, hat sie sich vorgenommen, in Zukunft in Restaurants nicht mehr nach kommerziellem Mineralwasser zu fragen: aus finanziellen Gründen, der Umwelt zuliebe – und weil das schwedische kranvatten einfach besser schmeckt.

       DIE SCHWEDISCHE KÜCHE – MEHR ALS KÖTTBULLAR

      Dank Ikea kennen auch diejenigen, die noch nie in Schweden waren, das Nationalgericht köttbullar (ausgesprochen schöttbullar). Wer jetzt aber glaubt, die Schweden seien alle verrückt nach diesen Fleischbällchen, irrt. Seit die Dänen Anfang der 2000er die »Neue Nordische Küche« (nordisk mat) entwickelten, hat sich auch die schwedische Küche neu erfunden und ist kreativer denn je. Die jungen Köche setzen auf Qualität statt Quantität und zum großen Teil auf einheimische Produkte. In Topf und Pfanne kommt, was Süß- und Salzwasser, Wiesen und Wälder, Garten und Hof hergeben.

      Ein wichtiger Bestandteil der schwedischen Küche ist seit Jahrzehnten das smörgås, ein üppig belegtes Butterbrot. Abhängig vom Belag, verwendet man dafür Weißbrot, Roggenoder Schwarzbrot. Auf die gebutterten Scheiben werden unterschiedliche Zutaten geschichtet. Das räksmörgås (Krabbenbrot) gehört zu den beliebtesten Varianten. Hauptzutaten sind Roggenbrot, Krabben, Salatblätter, Gurken- und Tomatenscheiben. Darüber kommt eine Salatsoße aus saurer Sahne und Mayonnaise, garniert wird das Sandwich mit Schnittlauch oder Dill und Herinsgrogen. Beliebt sind auch das gravad lax smörgås (Lachsbrot) und das hering-smörgås, die ähnlich belegt werden. Vegetarische und vegane Varianten des smörgås werden mit diversen Gemüsesorten, Sprossen und eifreier Mayo belegt. Auf smörgåsboards (Buffets) in Restaurants werden nicht nur, wie der Name vermuten lässt, smörgåsar (Butterbrote; Plural) angeboten, sondern auch verschiedene kalte und warme Speisen.

      7

       KATHARINA SCHNEIDET EINEN KUCHEN AN

      Katharina

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