Franz Kafka: Sämtliche Werke. Knowledge house

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Franz Kafka: Sämtliche Werke - Knowledge house

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könnten, wenn es Ihnen recht ist, zusammenhalten. Gleich wie ich Sie zum erstenmal gesehn habe, habe ich Vertrauen zu Ihnen gehabt. Und trotzdem – denken Sie, so schlecht bin ich – habe ich auch Angst gehabt, die Frau Oberköchin könnte Sie an meiner Stelle zum Sekretär machen und mich entlassen. Erst wie ich da lange allein gesessen bin, während Sie unten im Bureau waren, habe ich mir die Sache so zurechtgelegt, daß es sogar sehr gut wäre, wenn Sie meine Arbeiten übernehmen würden, denn die würden Sie sicher besser verstehn. Wenn Sie die Besorgungen in der Stadt nicht machen wollten, könnte ich ja diese Arbeit behalten. Sonst aber wäre ich in der Küche gewiß viel nützlicher, besonders da ich auch schon etwas stärker geworden bin.“ „Die Sache ist schon geordnet“, sagte Karl, „ich werde Liftjunge und Sie bleiben Sekretärin. Wenn Sie aber der Frau Oberköchin nur die geringste Andeutung von Ihren Plänen machen, verrate ich auch das Übrige, was Sie mir heute gesagt haben, so leid es mir tun würde.“ Diese Tonart erregte Therese so sehr, daß sie sich beim Bett niederwarf und wimmernd das Gesicht ins Bettzeug drückte. „Ich verrate ja nichts“, sagte Karl, „aber Sie dürfen auch nichts sagen.“ Nun konnte er nicht mehr ganz unter seiner Decke versteckt bleiben, streichelte ein wenig ihren Arm, fand nichts Rechtes, was er ihr sagen könne und dachte nur, daß hier ein bitteres Leben sei. Endlich beruhigte sie sich wenigstens so weit, daß sie sich ihres Weinens schämte, sah Karl dankbar an, redete ihm zu, morgen lange zu schlafen und versprach, wenn sie Zeit fände, gegen acht Uhr heraufzukommen und ihn zu wecken. „Sie wecken ja so geschickt“, sagte Karl. „Ja einiges kann ich“, sagte sie, fuhr mit der Hand zum Abschied sanft über seine Decke hin und lief in ihr Zimmer.

      Am nächsten Tage bestand Karl darauf gleich seinen Dienst anzutreten, trotzdem ihm die Oberköchin diesen Tag für die Besichtigung von Ramses freigeben wollte. Aber Karl erklärte offen, dafür werde sich noch Gelegenheit finden, jetzt sei es für ihn das Wichtigste mit der Arbeit anzufangen, denn eine auf ein anderes Ziel gerichtete Arbeit habe er schon in Europa nutzlos abgebrochen und fange als Liftjunge in einem Alter an, in dem wenigstens die tüchtigern Jungen nahe daran seien in natürlicher Folge eine höhere Arbeit zu übernehmen. Es sei ganz richtig daß er als Liftjunge anfange, aber ebenso richtig sei, daß er sich besonders beeilen müsse. Bei diesen Umständen würde ihm die Besichtigung der Stadt gar kein Vergnügen machen. Nicht einmal zu einem kurzen Weg, zu dem ihn Therese aufforderte konnte er sich entschließen. Immer schwebte ihm der Gedanke daran vor Augen, es könne schließlich mit ihm, wenn er nicht fleißig sei, soweit kommen wie mit Delamarche und Robinson.

      Beim Hotelschneider wurde ihm die Liftjungenuniform anprobiert, die äußerlich sehr prächtig mit Goldknöpfen und Goldschnüren ausgestattet war, bei deren Anziehn es Karl aber doch ein wenig schauderte, denn besonders unter den Achseln war das Röckchen kalt, hart und dabei unaustrockbar naß von dem Schweiß der Liftjungen, die es vor ihm getragen hatten. Die Uniform mußte auch vor allem über der Brust eigens für Karl erweitert werden, denn keine der zehn vorliegenden wollte auch nur beiläufig passen. Trotz dieser Näharbeit die hier notwendig war, und trotzdem der Meister sehr peinlich schien – zweimal flog die bereits abgelieferte Uniform aus seiner Hand in die Werkstatt zurück – war alles in kaum fünf Minuten erledigt und Karl verließ das Atelier schon als Liftjunge mit anliegenden Hosen und einem trotz der bestimmten gegenteiligen Zusicherung des Meisters sehr beengenden Jäckchen, das immer wieder zu Athemübungen verlockte, da man sehen wollte, ob das Athmen noch immer möglich war.

      Dann meldete er sich bei jenem Oberkellner unter dessen Befehl er stehen sollte, einem schlanken schönen Mann mit großer Nase, der wohl schon in den vierziger Jahren stehen konnte. Er hatte keine Zeit sich auch nur auf das geringste Gespräch einzulassen und läutete bloß einen Liftjungen herbei, zufällig gerade jenen, den Karl gestern gesehen hatte. Der Oberkellner nannte ihn nur bei seinem Taufnamen Giacomo, was Karl erst später erfuhr, denn in der englischen Aussprache war der Name nicht zu erkennen. Dieser Junge bekam nun den Auftrag Karl das für den Liftdienst Notwendige zu zeigen, aber er war so scheu und eilig, daß Karl von ihm, so wenig auch im Grunde zu zeigen war, kaum dieses Wenige erfahren konnte. Sicher war Giacomo auch deshalb verärgert, weil er den Liftdienst offenbar Karls halber verlassen mußte und den Zimmermädchen zur Hilfeleistung zugeteilt war, was ihm nach bestimmten Erfahrungen die er aber verschwieg, entehrend vorkam. Enttäuscht war Karl vor allem dadurch, daß ein Liftjunge mit der Maschinerie des Aufzugs nur insoferne etwas zu tun hatte, als er ihn durch einen einfachen Druck auf den Knopf in Bewegung setzte, während für Reparaturen am Triebwerk derartig ausschließlich die Maschinisten des Hotels verwendet wurden, daß z. B. Giacomo trotz halbjährigen Dienstes beim Lift weder das Triebwerk im Keller, noch die Maschinerie im Innern des Aufzugs mit eigenen Augen gesehen hatte, trotzdem ihn dies, wie er ausdrücklich sagte, sehr gefreut hätte. Überhaupt war es ein einförmiger Dienst und wegen der zwölfstündigen Arbeitszeit, abwechselnd bei Tag und Nacht, so anstrengend, daß er nach Giacomos Angaben überhaupt nicht auszuhalten war, wenn man nicht minutenweise im Stehen schlafen konnte. Karl sagte hiezu nichts, aber er begriff wohl, daß gerade diese Kunst Giacomo die Stelle gekostet hatte.

      Sehr willkommen war es Karl, daß der Aufzug den er zu besorgen hatte, nur für die obersten Stockwerke bestimmt war, weshalb er es nicht mit den anspruchsvollsten reichen Leuten zu tun haben würde. Allerdings konnte man hier auch nicht soviel lernen wie anderswo und es war nur für den Anfang gut.

      Schon nach der ersten Woche sah Karl ein, daß er dem Dienst vollständig gewachsen war. Das Messing seines Aufzugs war am besten geputzt, keiner der dreißig andern Aufzüge konnte sich darin vergleichen und es wäre vielleicht noch leuchtender gewesen, wenn der Junge, der bei dem gleichen Aufzug diente auch nur annähernd so fleißig gewesen wäre und sich nicht in seiner Lässigkeit durch Karls Fleiß unterstützt gefühlt hätte. Es war ein geborener Amerikaner, namens Rennel, ein eitler Junge mit dunklen Augen und glatten, etwas gehöhlten Wangen. Er hatte einen eleganten Privatanzug, in dem er an dienstfreien Abenden leicht parfumiert in die Stadt eilte; hie und da bat er auch Karl ihn abends zu vertreten, da er in Familienangelegenheiten weggehn müsse, und es kümmerte ihn wenig, daß sein Aussehn allen solchen Ausreden widersprach. Trotzdem konnte ihn Karl gut leiden und hatte es gern, wenn Rennel an solchen Abenden vor dem Ausgehn in seinem Privatanzug unten beim Lift vor ihm stehen blieb, sich noch ein wenig entschuldigte, während er die Handschuh über die Finger zog und dann durch den Korridor abgieng. Im übrigen wollte ihm Karl mit diesen Vertretungen nur eine Gefälligkeit machen, wie sie ihm gegenüber einem ältern Kollegen am Anfang selbstverständlich schien, eine dauernde Einrichtung sollte es nicht werden. Denn ermüdend genug war dieses ewige Fahren im Lift allerdings und gar in den Abendstunden hatte es fast keine Unterbrechung.

      Bald lernte Karl auch, die kurzen tiefen Verbeugungen machen, die man von den Liftjungen verlangte und das Trinkgeld fieng er im Fluge ab. Es verschwand in seiner Westentasche und niemand hätte nach seinen Mienen sagen können, ob es groß oder klein war. Vor Damen öffnete er die Tür mit einer kleinen Beigabe von Galanterie und schwang sich in den Aufzug langsam hinter ihnen, die in Sorge um ihre Röcke, Hüte und Behänge zögernder als Männer einzutreten pflegten. Während der Fahrt stand er, weil dies das unauffälligste war, knapp bei der Tür mit dem Rücken zu seinen Fahrgästen und hielt den Griff der Aufzugtüre, um sie im Augenblick der Ankunft plötzlich und doch nicht etwa erschreckend seitwärts weg zu stoßen. Selten nur klopfte ihm einer während der Fahrt auf die Schulter, um irgendeine kleine Auskunft zu bekommen, dann drehte er sich eilig um, als habe er es erwartet und gab mit lauter Stimme Antwort. Oft gab es trotz der vielen Aufzüge, besonders nach Schluß der Teater oder nach Ankunft bestimmter Expreßzüge, ein solches Gedränge, daß er, kaum daß die Gäste oben entlassen waren, wieder hinunterrasen mußte, um die dort Wartenden aufzunehmen. Er hatte auch die Möglichkeit, durch Ziehen an einem durch den Aufzugskasten hindurchgehenden Drahtseil, die gewöhnliche Schnelligkeit zu steigern, allerdings war dies durch die Aufzugsordnung verboten und sollte auch gefährlich sein. Karl tat es auch niemals wenn er mit Passagieren fuhr, aber wenn er sie oben abgesetzt hatte und unten andere warteten, dann kannte er keine Rücksicht, und arbeitete an dem Seil mit starken taktmäßigen Griffen, wie ein Matrose. Er wußte übrigens, daß dies die andern Liftjungen auch taten und er wollte seine Passagiere nicht an andere Jungen verlieren. Einzelne Gäste, die längere Zeit im Hotel wohnten,

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