Im wilden Balkan. David Urquhart

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Im wilden Balkan - David Urquhart Edition Erdmann

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Konsul ein Brief von einem Schiffskapitän in der Nähe mit dem Hinweis, es heiße, dass ein von Mitylene nach Salonika bestimmtes griechisches Boot mit zwei Engländern an Bord im Golf von Salonika von einem griechischen Seeräuberboot genommen worden sei; dass einer der Engländer ermordet sei und der andere wegen des Lösegeldes gefangen gehalten werde und gegenwärtig auf einer kleinen Insel im Golf des Berges Athos sei, die die Griechen Amiliari, die Türken Eski Adasi nennen. Hierauf ersuchte der Konsul den Pascha, Schritte einzuleiten, um der Sache auf den Grund zu gehen und den Engländer zu befreien. Der Pascha erklärte grob, er wüsste nichts damit anzufangen, und kaum hatte ich die Geschichte erfahren, da vermutete ich, die unglücklichen Reisenden könnten Freunde von mir sein, und ich entschloss mich dazu, ohne Verzug aufzubrechen, zumal ich dachte, dass ich durch mein Çatir, also meine Einflussmöglichkeiten1 bei den Klephten, die Befreiung des Überlebenden leicht erwirken könnte. Da dies einmal so festgesetzt war, erklärte der Pascha, er würde mich nicht unbegleitet reisen lassen, sondern ein Paar Kavasche sollten mich nach Kassandra2 bringen, wo ein griechischer Kapitano von Einfluss wohne, der nebst dem türkischen Statthalter angewiesen werden solle, die Schritte zu tun, die ich für zweckgemäß halten würde; auch sollten Boote und Leute zu meiner Verfügung gestellt werden. Nur wenige Stunden, nachdem die Nachricht eingetroffen war, ritt die oben beschriebene Prozession aus dem Tor von Salonika. Der mich begleitende Franke war ein Kaufmann, der Geschäfte in Kassandra hatte und die Gelegenheit wahrnahm, dorthin zu gelangen.

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       Bitola

      Der Distrikt, den ich jetzt zu besuchen mich aufmachte, stand an Interesse kaum hinter Thessalien oder dem Olymp selbst, weil er seit vielen Jahren nicht weniger unbesucht war von Reisenden und dennoch interessante und anziehende Gegenstände der Forschung darbot in seiner natürlichen Schönheit, in seiner sonderbaren geographischen Bildung und in der Geschichte und dem Verhältnis zweier der außerordentlichsten Gemeinden im ganzen Orient. Sowohl Athen als auch Sparta hatten diese Gegend zur Gründung wichtiger Kolonien gewählt, und hier wurde bei mehr als nur einer Gelegenheit das Schicksal des Peloponnes entschieden. Von hier holte man das Metall für die schönen makedonischen Münzen, die des Liebhabers Kabinett schmücken und ohne die die Schlachten am Granicus1 und bei Arbela2 nie gewonnen wären, ohne die eine griechische Flotte nicht den Indus befahren, noch ein Aristoteles die Naturgeschichte Mittelasiens in ein System gebracht hätte. Hier musste man die Schlacken der seit langer Zeit kalten Hochöfen des Panagaios3 suchen, hier die seit langer Zeit stummen Haine von Stageira4; hier musste man nach dreißig Jahrhunderten den noch immer bezweifelten Zug der Flotten des Xerxes suchen oder sehen. Doch auch an Gegenständen von mehr unmittelbarem Interesse fehlte es nicht. Die Mönchsregel des Athos erregt die Aufmerksamkeit eines jeden, der an all den mit dem griechischen Glauben und Namen verknüpften ausgedehnten Verbindungen Anteil nimmt, und die politischen Einrichtungen der blühenden Gemeinden, die man die Mademo Chória5 nennt, sind ganz dazu geeignet, das Interesse eines jeden in Anspruch zu nehmen, der nach dem Zustand und den Aussichten des Osmanischen Reiches forscht oder der sich überhaupt um Regierungskunst bekümmert.

      Hier kann man überdies die Wirkung sehen, die der griechische Aufstand auf jene Provinzen ausübte, die seinem ursprünglichen Entstehungsort so fern waren. Der Berg Athos, durch seine mächtige geistliche Organisation in unmittelbarer Berührung mit Griechenland einerseits und mit Russland andererseits, jagte die umliegenden Gegenden in einen plötzlichen und verzweifelten Aufstand, während kein unmittelbarer Druck die Tat rechtfertigen, keine Aussicht auf Erfolg die Täter entschuldigen konnte. Die blühenden Gemeinden der Mademo-Chória sahen ihre übertriebenen Erwartungen zugleich mit ihrer wirtschaftlichen Blüte vernichtet; ihre bis dahin friedlichen Flecken wurden Aschenhaufen. Zehn Jahre lang ist die Chalkidike mit seinen drei Vorgebirgen den Klephten und den Piraten eine Beute zu Lande und zu Wasser geworden, und noch im gegenwärtigen Augenblick ereignen sich dort dieselben Auftritte der Anarchie und Unordnung, denen in den westlichen Provinzen erst so spät ein Ende gemacht wurde.

      Wir sollten die erste Nacht in Battis schlafen, einem Dorf zehn Meilen von Salonika. Die Gegend rund umher, von der Küste bis zu den Hügeln im Norden, schien abscheulich und unfruchtbar; Gras und Gesträuche waren zu sandgelber Farbe versengt, und der Boden selbst war heller, sandiger Ton. Etwa zwei Meilen von Salonika lag ein Hügel von glänzendem Grün, mit Weingärten bedeckt. Jenseits davon, längs der abfallenden Hügel, die sich nördlich vom Golf ausdehnten oder sich vor und in das Vorgebirge von Karaburnu1 erstreckten und einen weiten durchbrochenen Halbkreis bildeten, konnte man nur drei Tschiftliks oder Pachthöfe, ein einziges gut aussehendes Haus und ein Dorf links vom Weg unterscheiden, das durch einen Anflug von Zypressen und ein verfallenes Minarett die Augen auf sich zog.

      Sieben Meilen von Salonika kamen wir in eine schmale Ebene, deren Küste den inneren Winkel oder die Biegung des Golfes von Salonika bildet, und durch diese Eben kriecht der Schabreas1 dahin. Sie ist drei Meilen breit und berührt etwa fünfzehn Meilen nach Nordosten durch die Gebirge schon Chalkidike, in ihrer ganzen Ausdehnung nur eine ununterbrochene Steppe verwelkten Grases darbietend. Die einzigen Beweise dafür, dass sie für Menschen bewohnbar sei, waren zwei Scheunen, ein Bauernhaus neben dem Weg und in weiter Ferne auf den Seiten der Hügel ein Dorf und ein Weiler. Und dennoch ist es erst neun Jahre her, dass diese Aussicht, auf die ich nun blickte, mit dem Namen der „Dörfer“, also der Mademo-Chória, bezeichnet wurde.

      Als wir unseren Weg längs der Küste der kleinen Ebene hinwanderten, amüsierte ich mich über ungeheuer große Büffel, die wiederkäuend im Meer lagen, so dass nur ihre ungelenken Köpfe aus dem Wasser hervorragten. Ihre Schnauzen waren dem Seewind zugewendet, und die spielenden Wellen brachen sich daran. Als wir den langen niedrigen Hügel hinaufritten, der die östliche Seite der Ebene des Schabreas bildet, blickten wir hinab auf die weißen Mauern und Minaretts von Salonika mit den ankernden Schiffen. Es lag nichts Malerisches in den hingestreckten Linien der nackten Dünen und Hügel, und dennoch, mochte es nun von der Fremdartigkeit der Aussicht oder der frühlingsgleichen Wirkung der Abendluft herrühren, es lag etwas sehr Angenehmes, etwas Szenisches und Traumartiges darin. Kaum aber hatten wir den hügeligen Grund erstiegen, als wir, wie gewöhnlich, den aus den Ebenen verschwundenen Anbau wieder fanden. Wir waren hier geschützt von dem so schädlichen Anblick der Landstraße – und Weingärten und Felder mit Baumwolle, Mais und Sesam lachten nun um uns her.

      In dem einst beträchtlichen Dorf Battis befanden sich zwanzig Häuser mit Dächern; sie waren indes emsig beim Bauen und bedienten sich alter hellenischer Felsblöcke als Steinbruch; zu meinem Entsetzen sah ich die Bruchstücke einer Bildsäule von griechischen Händen in einem Kalkofen zerstampft werden.1

      Das Landvolk hierselbst bietet einen auffallenden Kontrast mit dem in Thessalien. Die Leute haben ein gesundes Aussehen und freundliche Gesichter und sind zierlich gekleidet in weiße Jacken und Schürzen, ganz wie bei den Albanern, aber ohne ihre übermäßige Weite; ihre Turbane, Gürtel und andere Teile ihres ganz weißen Anzuges sind kunstvoll in viereckige Flächen bestickt, ganz wie die Schals. Dies Dorf ist ganz griechisch. Diese Beschreibung würde auf die türkischen Bauern nicht passen, die ich in fast allen Teilen Makedoniens entschieden den Griechen nachstehend getroffen habe. Ganz allgemein gesagt, der griechische Bauer verkommt in Asien, der türkische in Europa, d.h., wo sie in Berührung kommen, verlieren beide ihren Wert: So ergeht es den Türken in Berührung mit den Europäern und den Europäer unter den Türken. Beide Systeme, wenn nebeneinander gestellt und nicht unter der Aufsicht eines Geistes, der beide begreift, richten sich gegenseitig zu Grunde. Der moralische Charakter beider geht verloren, meiner Meinung nach infolge der Verwirrung äußerer Zeichen oder überkommener Laute, durch welche sich die Menschen ihre Gefühle mitteilen. Verschiedenheit der Sprache macht wenig aus, wenn Sitten und Ideen dieselben sind. Bei verschiedenen Sitten, Ideen und Sprachen aber kann es Menschen nicht gelingen, zu einem gemeinsamen Verständnis zu kommen; böser Wille und Hass sind das Ergebnis eines Verkehrs ohne gegenseitige Übereinstimmung und Achtung.

      Als die Sonne unterging, wurde mir mein Abendessen

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