Die bedeutendsten Grabreden. Bruno Kern

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Die bedeutendsten Grabreden - Bruno Kern marixwissen

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      Zu Utnapischtim, des Ubara Tutu Sohn, nehme ich eilends den Weg.

      […]

      Gilgamesch sagt zu ihm, zu Utnapischtim:

      „Wie sollen nicht meine Wangen abgezehrt,

      Mein Antlitz gesenkt,

      Mein Herz betrübt und aufgerieben meine Gestalt sein?

      Wie sollte nicht Weh in meinem Herzen sein?

      Wie sollte ich nicht einem Wandrer ferner Wege gleichen?

      Wie sollte mein Antlitz nicht von Kummer und Leid verstört sein?

      Wie sollte ich nicht von weit her über die Steppe eilen?

      Mein Freund, der Panther der Steppe,

      Engidu, mein lieber Freund, der alles vermochte,

      Dass wir den Berg erstiegen,

      Den Himmelsstier packten und schlugen,

      Chumbaba niederwarfen, der im Zedernwald hauste,

      Und in Bergesschluchten Löwen erlegten,

      Mein Freund, der mit mir alle Mühsal durchwanderte,

      Engidu, mein Freund, der mit mir Löwen tötete,

      Der mit mir alle Mühsal durchwanderte,

      Ihn hat das Schicksal der Menschen erreicht.

      Sechs Tage und Nächte habe ich um ihn geweint,

      Bis zum siebenten Tag ließ ich ihn nicht begraben.

      Da fürchtete ich mich […]

      Und Furcht vor dem Tode ergriff mich.

      Deshalb eile ich über die Steppe.

      Das Schicksal meines Freundes lastet auf mir:

      Deshalb eile ich einen weiten Weg über die Steppe.

      […]

      Wie soll ich es verschweigen?

      Wie soll ich es hinausschreien?

      Mein Freund, den ich liebe, ist zu Erde geworden.

      Engidu, mein Freund, den ich liebe,

      ist zu Erde geworden!

      Werde nicht auch ich,

      Wie er, mich niederlegen müssen

      Und nicht wieder aufstehen in alle Ewigkeit?

      „… viel wunderbarer als die Liebe von Frauen“

      Davids Totenlied für Saul und Jonatan (2 Sam 1, 17 – 27)

      (1. Jahrtausend v. Chr.)

      Einführung

      Das Alte Testament kennt nur zwei „echte“ Totenlieder; neben dem hier wiedergegebenen ist dies die Totenklage König Davids auf Abners Tod (2 Sam 3,33ff). Doch im übertragenen Sinn, für das Schicksal einer politischen Größe, wurde diese literarische Gattung von der prophetischen Tradition aufgegriffen. (vgl. Am 4,2; Jes 14,4 – 21; Ez 27; 28, 11 – 19; 32,2 – 16). Unmittelbar voran geht diesem Lied die Schilderung des Todes König Sauls und seiner Söhne im Kampf gegen die Philister – in zwei miteinander nicht zu vereinbarenden Versionen! Nach 1 Sam 31 stürzt sich Saul selbst in sein Schwert, nach 2 Sam 1 versetzt ihm ein Amalekiter den Gnadenstoß, der dann die Botschaft mitsamt Sauls Stirnreif dem David überbringt. Nachdem David den Überbringer der Nachricht töten ließ, stimmt er die Totenklage über den König und dessen Sohn Jonatan an. Wie so oft in der Bibel werden unterschiedliche Überlieferungen nicht harmonisiert, sondern in ihrer Widersprüchlichkeit einfach nebeneinander stehen gelassen. Das gilt bereits für die unterschiedlichen, nicht miteinander zu vereinbarenden Schöpfungserzählungen!

      Es ist nicht leicht, die Entstehungszeit des Textes zu bestimmen. Er steht im Kontext des sogenannten deuteronomistischen Geschichtswerkes. Martin Noth war der Erste, der feststellte, dass das fünfte Buch Mose (Deuteronomium) mit den darauffolgenden sechs biblischen „Geschichts“-Büchern (Josue, Richter, 1/2 Samuel, 1/2 Könige) eine literarische Einheit bildet. Ältere Überlieferungsstücke, eigenständige Textsammlungen etc. erfuhren eine Endredaktion durch eine Gruppe von Schriftgelehrten, für die das Deuteronomium und die von ihm geforderte Alleinverehrung Jahwes theologisch zentral waren. Sie deuteten die wechselvolle Geschichte als Konsequenz der Treue zu Jahwe oder des Abfalls von ihm. Diese theologische Interpretation bildet nun den Rahmen der einzelnen Erzählstücke. Innerhalb einer etwa fünfhundert Jahre währenden Redaktionsgeschichte hat sich also die Endgestalt jener biblischen Bücher entwickelt, deren älteste Texte in die frühmonarchische Zeit (Beginn des 1. vorchristlichen Jahrtausends) zurückreichen mögen.

      Den historischen Kontext der Erzählung bilden einerseits die Bedrohung durch die Philister (die Bezeichnung „Palästina“ geht auf sie zurück) und andererseits die Auseinandersetzung um die Errichtung einer Monarchie. Zu Beginn des 12. Jahrhunderts v. Chr. waren die Philister im Zuge einer größeren Völkerwanderung in der Region an die Mittelmeerküste abgedrängt worden. Ein weiteres Vordringen nach Süden verhinderte das ägyptische Pharaonenreich. Die Philister waren dem entstehenden Israel weit überlegen und stellten eine ernsthafte Bedrohung für es dar. Umgekehrt waren die erstarkenden Stämme Israels wohl für die Philister ein willkommener Puffer gegen Norden.

      Die beiden Samuelbücher reflektieren zum großen Teil Israels Transformationsprozess von einem Stammesbund zu einer von einem König zentral regierten Nation. Während für zahlreiche Völker des alten Orients die Monarchie eine selbstverständliche Gegebenheit war, bedeutete sie für die israelischen Stämme einen radikalen Bruch der Sozialstruktur, auf deren Grundlage sich der Jahweglaube entwickelt hatte. Die Einführung der Monarchie war deshalb heftig umstritten, und beide Tendenzen haben in den deuteronomistischen Geschichtsbüchern deutliche Spuren hinterlassen. So ist etwa die einzige im Alten Testament enthaltene Fabel (die „Jotamfabel“ im Buch der Richter, 9. Kapitel) der scharfen Polemik gegen die Monarchie gewidmet – es ist wohl ein einzigartiges herrschaftskritisches Dokument des Altertums. Andererseits enden viele Schilderungen von Gräueltaten, Gewalt, Rechtsbeugung und Korruption mit dem tendenziösen Kommentar, dass es damals noch keinen König in Israel gegeben habe. Ausschlaggebend dafür, dass sich die Monarchie letztlich durchsetzen konnte, waren neben der äußeren militärischen Bedrohung sicher auch innergesellschaftliche Gründe.

      Auch die Gestalt des David selbst bleibt höchst ambivalent. Seine spätere Idealisierung zum Modell des Monarchen schlechthin war kein Hindernis dafür, dass Überlieferungen erhalten blieben, die diesem Bild diametral widersprechen. Rückschlüsse auf komplizierte Machtstrukturen können oft nur aus kurzen Bemerkungen im überlieferten Text selbst gezogen werden. Das gilt eben auch für die direkte Nachfolge Sauls. Es darf darüber spekuliert werden, ob Davids Totenklage nicht auch die Funktion hatte, seinen Rechtsanspruch auf die Nachfolge zu unterstreichen. Eine kurze Bemerkung zu Beginn des 3. Kapitels im selben Buch deutet auf einen langen Kampf mit Sauls Dynastie hin. Und auch seine Rolle bei Sauls Tod selbst darf hinterfragt

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