Nordwestpassage. Roald Amundsen
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»Nanu –?«
»Meine Herren«, sagt Leutnant Hansen, »es sind Eisberge.«
Empörter Widerspruch unsererseits; man späht aus und disputiert, und indessen nähern wir uns dem streitigen Gegenstand immer mehr. Die Aufregung verschwindet, das Vollschiff wird aufgegeben, die Brigg desgleichen. Der Schoner hat noch einen Anhänger, bis wir so weit herangekommen sind, dass wir vor uns eine große Ansammlung von Eisklippen haben, die auf dem Grund von der »Großen Hellefiskbank« zu stehen scheinen.
Etwas später am Vormittag bekamen wir die Insel Disko in Sicht, hoch und oben abgedacht und aus weiter Ferne leicht erkennbar. Aber es ist ein weiter Weg bis zu ihr hin. Um acht Uhr abends waren wir noch dreißig Seemeilen entfernt und erst um halb elf Uhr am nächsten Vormittag erreichten wir das Land. Eine Reihe fest stehender Eisklippen sah aus, als wollte sie die Einfahrt zu dem dahinter liegenden Godhavn absperren. Aber bald kam der Kolonievorstand Nielsen mit einem Boot zu uns heraus, uns willkommen zu heißen und hereinzulotsen.
Schwere Windstöße fuhren uns entgegen, und wir mussten hineinkreuzen, da der Motor uns nicht allein weiterbrachte. Nachts um ein Uhr warfen wir den Anker aus.
Godhavn liegt auf einer kleinen, niedrigen Insel, die von der Insel Disko durch einen ganz schmalen Sund getrennt ist. Die Ortschaft zählte im Jahre 1903 hundertundacht Seelen und sie ist der Wohnsitz des grönländischen Inspektors. Sie liegt außerordentlich schön da mit dem mächtigen hohen Disko im Norden sowie im Süden wie im Westen das Meer, das von Zeit zu Zeit mit gewaltigen Eisbergen angefüllt ist.
Wir machen sofort Besuch bei den Spitzen des Ortes, dem Inspektor und dem Kolonievorstand. Schon im vergangenen Jahr hatte ich mit Herrn Inspektor Daugaard-Jensen in Briefwechsel gestanden, und er hatte versprochen, mir zehn Schlittenhunde mit allem Zubehör zu verschaffen. Er empfing uns mit großer Liebenswürdigkeit und konnte uns mitteilen, dass alles wohlbehalten angekommen sei – Schlitten, Kajaks, Ski, zwanzig Fass Petroleum und so weiter … Der königlich-dänische Grönlandhandel war so entgegenkommend gewesen, diese ganze Ausstattung auf einem seiner Schiffe hierher zu befördern. Ich schulde Herrn Direktor Rydberg und dem Herrn Bureau-Vorsteher Krenchel warmen Dank für die ausgezeichnete Behandlung, die der Gjöa-Expedition vonseiten des Grönlandhandels zuteilwurde.
Godhavn mit der Insel Disko im Hintergrund
Kolonievorstand Nielsen war in jeder Beziehung unermüdlich dienstfertig. Wir Expeditionsleute teilten uns sogleich in zwei Parteien, von denen die eine die notwendigen Beobachtungen vornehmen sollte, während die andere alle Arbeit an Bord besorgte. Leutnant Hansen stand den astronomischen, Wiik den magnetischen Beobachtungen vor. Lund und Hansen sollten alles an Bord befördern und außerdem das Schiff zur Fortsetzung der Reise klarmachen. Ristvedt eilte hin und her und hatte alle Hände voll zu tun. Bald musste er dem Astronomen, bald dem Magnetiker den Chronometer ablesen, bald war er im Schiffsraum und untersuchte die Wasserbehälter, bald bei den Maschinen und zapfte Petroleum ab.
Es war eine arbeitsreiche Zeit! Aber wie auch alles vorwärtsging! Alle schienen von demselben Drang beseelt zu sein, die Arbeit gut auszuführen, damit wir sobald wie möglich klar wären und dann keine Zeit oder Gelegenheit zur Weiterfahrt versäumen müssten.
Lindström verstand die ganze Maschinerie zu schmieren, und zwar auf seine Weise. Er war überall unterwegs, kaufte und handelte mit den Eskimos, bald um einen gesalzenen, bald um einen frischen Lachs, bald um einen Eidervogel, bald um eine Lumme. Und in dieser Zeit war demgemäß der Speisezettel sehr abwechslungsreich.
Lindströms Münze dafür waren Bäcker Hansens schimmlige Honigkuchen aus Kristiania. Und wenn sie auch nicht klingend, ja nicht einmal ganz gut waren – so waren sie doch sowohl rund als auch gangbar.
Wenn ein Eskimo zum Handeln auf dem Schiff erschien, wurde Lindström auf Deck geholt. Die Verhandlungen wurden in der Eskimosprache und auf gut Nordländisch-Norwegisch geführt. Die Entgegnungen fielen von beiden Seiten umständlich aus, vonseiten der Eskimos aber fast immer demütiger und ängstlicher, angesichts des väterlich herablassenden, nichts auf der Welt vermissenden oder sich wünschenden Lindström.
Wir, die wissen, dass unser lieber Koch keine Ahnung von einem einzigen Wort der Eskimosprache hat, versammeln uns um das Paar und können uns kaum das Lachen verbeißen. Wenn dann die Verhandlungen eine Weile gedauert haben, macht Lindström das Zeichen plötzlich aufdämmernden Verstehens und verschwindet im Schiffsraum. Selbstbewusst und vergnügt kehrt er zurück – unter jedem Arm einen schimmligen Honigkuchen. Der Eskimo betrachtet ihn mit den Zeichen lebhaftesten Erstaunens. Für seinen Lachs hat er nämlich Tabak verlangt. Aber bei dem Versuch, Lindström seinen Irrtum begreiflich zu machen, stößt er auf eine freigebige, herablassende, schulterklopfende Unempfänglichkeit. Lindström nimmt den Lachs, der Mann bekommt die Kuchen – und die Sache ist erledigt. Das Nachspiel ist aber vielleicht doch noch das Netteste vom Ganzen, nämlich Lindström erzählen zu hören, dass er selbstverständlich jedes Wort des Eskimos verstanden habe; »aber als dieser drei Kuchen verlangte, da habe ich getan, als ob ich ihn nicht verstände, und ihm nur zwei gegeben«. Ich hatte einen lästerlichen Verdacht, dass der Eskimo mehr als einmal mit seinen Kuchen zu den Seinigen zurückkehrte und – unzweifelhaft mit größerem Recht – vor diesen behauptete, dass er »getan habe, als habe er nicht verstanden«!
Der Aufenthalt auf Godhavn war von Anfang bis Ende äußerst angenehm. Die Hauptplage dort waren die Mücken, die uns in dem Grade bei der Arbeit quälten, dass wir uns oft mittendrin in die Kajüte flüchten mussten, nur um etwas Ruhe vor ihnen zu bekommen.
Am einunddreißigsten Juli waren wir fertig. Die verschiedenen Beobachtungen waren aufgenommen und die ganze Ausstattung war an Bord gebracht. Da wir uns sowieso schon verspätet hatten, mussten wir uns jetzt beeilen. So verabschiedeten wir uns denn von den liebenswürdigen Menschen in Godhavn und lichteten den Anker. Der Inspektor, der Kolonievorstand und der Assistent begleiteten uns zum Sund hinaus. Die öffentlichen Gebäude hatten beflaggt und die »Batterie« auf dem Hügel schickte uns einen »Salutschuss« nach. In den Schären verabschiedeten wir uns endgültig von unseren Freunden, winkten der gastfreien dänischen Flagge noch einmal zu – und dann waren wir uns wieder selbst überlassen. Gleich vor dem Sund draußen trafen wir unseren alten Bekannten, den Nordwestwind, und mussten sogleich kreuzenderweise weiterfahren.
Das Parry-Riff war auf unserer Karte unrichtig angegeben und wir wären beinahe darauf losgefahren. Glücklicherweise sahen wir aber das Aufschlagen der Wogen und konnten noch beizeiten wenden. Dieses Riff ist ganz niedrig und gleicht zum Verwechseln dem Rücken eines Walfischs.
Während des Aufenthalts in Godhavn hatte ich jedem von den Teilnehmern an der Expedition von unseren dicken wollenen Unterkleidern, Islandjacken und Nansenkleidern ausgeteilt; wir waren also wohlvorbereitet auf das Eis. Die meisten von uns hatten sich überdies auch Anzüge aus Seehundfellen eingetauscht.
Am sechsten August waren wir dwars vor Upernivik, in zwölf Seemeilen Entfernung. Hier hatten sich Hunderte von Eisbergen gesammelt, die größer und gewaltiger aussahen, als die wir südlich davon getroffen hatten. Treibeis sahen wir noch keines, und wir begannen schon zu hoffen, wir könnten am Ende ungehindert in die Melville-Bucht hineingelangen.
Am nächsten Tag fuhren wir an Itivdliharsuk vorüber auf 73° 30’ nördl. Breite – dem nördlichsten von zivilisierten Menschen bewohnten Ort. Am achten August waren wir bei der Insel Holms und sollten da die Fahrt über die Melville-Bucht antreten. Dies ist die gefürchtetste Strecke in diesem Teil des Arktischen Ozeans. Gar viele Schiffe haben hier ihre letzte Reise gemacht. Doch sind diese Verhältnisse meistens nur früher im Jahr so besonders gefährlich. Im Juni