Thomas von Kempen. Thomas von Kempen

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Thomas von Kempen - Thomas von Kempen Die Mystiker-Reihe

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groß und imponierend ist somit auch die Zahl der Zeugnisse, die die Bedeutsamkeit des Buches unterstreichen. Katholiken und Protestanten waren und sind sich in der Wertschätzung ziemlich einig geblieben. Das zeigt die Aufnahme der Schrift in allen Reformationskirchen und deren geistlichen Gemeinschaften ebenso wie in den geistlichen Exerzitien des Ignatius von Loyola. So nachhaltige Erneuerungsbewegungen wie der überaus differenzierte Pietismus haben aus dem Buch von der Christus-Nachfolge geschöpft. Das geht aus den Lebensbeschreibungen Ungezählter hervor. Offizielle Empfehlungen wurden katholischerseits ausgesprochen. „Die Zeugnisse hervorragender Männer und Frauen ließen sich endlos fortsetzen“, schreibt der Jesuit Josef Sudbrack: „... so haben die Päpste bis heute immer wieder auf die Imitatio Christi hingewiesen. Und wenn auch die überschwängliche Bewunderung des Clemens Brentano, der die Imitatio sogar der Bibel vorziehen wollte, weil sie ungeschichtlicher sei, nicht mehr geteilt wird, so ist der Einfluss des bescheidenen Büchleins doch geblieben. Man denke nur an die zahlreichen Neuausgaben der jüngsten Zeit.“1

      „KOMMT UND FOLGT MIR NACH!“

      Was die Thematik anlangt, so ist der Ruf in die Christus-Nachfolge unauflöslich mit der ursprünglichen Botschaft des Wanderpredigers Jesus von Nazaret und daher mit dem Christsein als Existenzform verbunden. Und diese Botschaft lässt sich bereits durch den in diesem Wort enthaltenen Imperativ konzentriert zum Ausdruck bringen.

      Es sind bedeutsame, zugleich prototypische Situationen, die die Evangelien schildern – auf der einen Seite die drei Synoptiker Matthäus, Markus und Lukas, auf der anderen Seite das Johannesevangelium. Bald einladend, bald gebieterisch fordernd tritt der wandernde Jesus an Menschen heran, an Einzelne und an kleine Gruppen mit der Anrede „Kommt und folgt mir nach!“ Dieses Wort gilt neben Einzelbeispielen einigen Fischern am See Genezaret in Galiläa, die sich als Jünger der sich bildenden Jesus-Bewegung angeschlossen haben und als Apostel tätig geworden sind. Man hört auffälligerweise von keiner vorausgehenden Diskussion, von keinem durchaus zu erwartenden „Ja, aber“ der Angesprochenen. Vielmehr wird erzählt, wie diese Männer ihre Fischernetze verlassen und ihre Arbeitsverhältnisse, gegebenenfalls sogar die Familie aufgeben, als hätten für sie zuvor keine festen Bindungen bestanden. Den Evangelisten lag zweifellos daran, der letztlichen Unbedingtheit – Meister Eckhart würde sagen: „ohne Warum“ (sunder warumbe) – Nachdruck zu verleihen. Die Christus-Nachfolge gestattet jedoch keine Privilegien oder private Zugeständnisse. Auch das betont das Evangelium; denn „wer die Hand an den Pflug legt und blickt zurück, der ist nicht geschickt zum Reiche Gottes“ (Lk 9,62).

      Weil es sich sowohl um die Aufforderung zu einem äußeren Anschluss als auch und vor allem um ein inneres Teilnehmen an dem Leben des kommenden Messias handelt, verweist das ursprüngliche Wort von der „Nachfolge“ auf das „Herzstück christlicher Spiritualität“ überhaupt (E. von Severus). Es geht um nichts Geringeres als darum, dass die Angesprochenen ihrem bisherigen Leben eine entscheidende Wendung und einen neuen Inhalt zu geben bereit sind. Mit dem Wort von der Nachfolge wären andere Grundworte der neutestamentlichen Botschaft (euangélion), nicht minder gewichtige, zu verknüpfen, etwa das Wort von dem anbrechenden „Reich“ (Dein Reich komme!), das mit und in den Menschen der Nachfolge beginnt (Lk 17,21). Nicht zuletzt hat diese Nachfolge mit einer existenziellen „Umkehr“ (metánoia) zu tun, die viel mehr als ein bloßes Umdenken meint: „Du musst dein Leben ändern!“ (Rilke)

      Die Nachfolge Christi zieht somit tiefgreifende Konsequenzen für die äußerlich wie innerlich Angesprochenen nach sich. Der Anschluss an den Nazarener bedeutet für seine ersten Anhänger und Anhängerinnen, den Weg zu gehen, wie er ihn durch sein Leben vorgezeichnet hat. Dieser Weg führt durch eine Reihe charakteristischer Durchgangsstationen der Prüfung und der Bewährung hindurch. Deren Symbolhaftigkeit reicht bis tief in die Reifungsprozesse eines jeden Menschen hinein. So gesehen wird es jeweils darauf ankommen, dass man das in Bild und Gleichnis geschilderte Jesus-Leben so für sich erschließt, dass deren individuelle Bedeutsamkeit für jeden Einzelnen einsichtig und umsetzbar wird. Das zeigen all jene, die inmitten ihres bisherigen und künftigen Berufs je auf ihre individuelle Weise die Christusnachfolge zu praktizieren versuchen.

      Von daher gesehen muss man sich klar machen, was Jesu Worte „Seht, wir gehen hinauf nach Jerusalem!“ – das heißt: zum Kreuz – in ihrer existenziellen Tiefe meinen, wenn man sie in der gebotenen Weise auf sich selbst bezieht. Es kann jedenfalls nicht etwa gemeint sein, Jesus in äußerlicher Weise im Sinne einer buchstäblichen Imitatio lediglich nachzuahmen. Jesus trägt sein Kreuz. Seinen Jüngern ist es aufgetragen ihr eigenes Kreuz und ihr eigenes Leben, gerade auch mit seinen Belastungen und Beschwernissen, zu leben. Darüber hinaus gilt: „Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“ (Gal 6,2) Und dazu gehören die von den Evangelien in ihrer konkreten Vielfalt geschilderten Akte der Nachfolge, etwa die Freundes- wie die Feindesliebe (agápe), die Bereitschaft zur „Fußwaschung“ als Ausdruck einer diakonisch-karitativen Dienstbereitschaft. Dazu gehören die bei Matthäus in der Gerichtsrede beispielhaft genannten Zeichen der Barmherzigkeit: „Was ihr einem unter meinen geringsten Brüdern (und Schwestern!) getan habt, das habt ihr mir getan!“ (Mt 25,40).

      Bleibt nur noch zu resümieren,

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