Die Sieben Weltwunder. Johannes Thiele

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Die Sieben Weltwunder - Johannes Thiele marixwissen

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sich zweihundertachtzig Kilometer vor der Mündung des Nils in das Mittelmeer zu einem mit der Spitze nach Süden gerichteten Dreieck, dem Delta. Der Nil und die mit seiner Hilfe geschaffenen Kanäle sowie die idealen klimatischen Verhältnisse waren die Quellen des Reichtums Ägyptens. Mit ausdauerndem Fleiß und einem hohen Grad an Geschicklichkeit bebauten die Ägypter ihre riesige Nil-Oase, und daran hat sich bis heute kaum etwas geändert.

      »O Ägypten, Ägypten – deine Religion wird nur noch eine Fabel sein, die deine eigenen Kinder nicht mehr glauben. Nichts wird bleiben als Worte in Stein gehauen. Götter und Menschen werden sich schmerzvoll trennen. Und es wird scheinen, als habe Ägypten umsonst mit frommem Gemüt an der Verehrung der Gottheit gewirkt«, so prophezeite es Priesterweisheit am Ende des ägyptischen Reiches. Der ewig wandernde Sand der Wüste verwehte die heiligen Stätten. Und mit dem Sieg des Christentums im Laufe der Spätantike erlosch die Kenntnis von der »heiligen« Hieroglyphenschrift für fünfzehnhundert Jahre. Ägypten wurde ein unlösbares Rätsel, ein hermetischer Raum für Geheimnisforscher, Abenteurer, Astrologen und Verschwörungstheoretiker.

      Erst die Expedition Napoleons nach Ägypten im Jahr 1799 und die damit verbundene Erschließung des Nil-Tals brachte die Wende. Bei Schanzarbeiten französischer Soldaten wurde der sogenannte Stein von Rosetta entdeckt, auf dem ein Priesterdekret in hieroglyphischer, koptischer und griechischer Sprache und Schrift eingemeißelt war. Es gelang dem Franzosen François Champollion, die Schrift zu entziffern und nach zehn Jahren mühsamer Erforschung 1822 zum Verständnis aller erreichbaren Inschriften und Papyri vorzudringen.

      Als der geniale Forscher 1832 starb, hatte er den Schlüssel zum wahren Verständnis der Geschichte des alten Ägypten gefunden. Erst jetzt war es möglich, den ägyptischen Kalender, der auf der Einteilung des Jahres in drei Jahreszeiten basierte, zu verstehen und damit die Perioden der Geschichte Ägyptens zu erkennen.

      DIE WELT DER PHARAONEN

      Fünftausend Jahre lang regierten im altägyptischen Reich die Pharaonen – Könige ihres Landes und als Söhne des Sonnengottes Re unumschränkte Herrscher über Leben und Tod, Mittler zwischen Himmel und Erde. Schon zu Lebzeiten als Gottkönige verehrt, wurden die Pharaonen nach ihrem Tod den anderen Göttern gleichgestellt.

      Um seine Stellung als Gottkönig über den Tod hinaus zu manifestieren, begann der Pharao bereits zu Beginn seiner Herrschaft mit dem Bau eines Grabmals, einer Pyramide, die alle bestehenden Bauwerke an Größe, Pracht und Himmelsnähe übertreffen sollte.

      Ein wesentlicher Bestandteil der ägyptischen Religion war die Vorstellung, der Pharao werde nach seinem Tod zu den Sternen aufsteigen, wo sein Vater Re, der Große Gott, ihn in seinem himmlischen Sonnenschiff abholen werde.

      Da der gesamte Staat letztlich in der Person des Pharao konzentriert war, blieb es daher die höchste Aufgabe des Reiches, dem König auch nach dem Tod die Herrscherstellung für alle Ewigkeit zu erhalten. Seine Eingeweide wurden zum Schutz vor Verwesung in Krügen aufbewahrt, verziert mit den Köpfen der Horussöhne, die Hülle des Körpers durch Einbalsamierung für Zeit und Ewigkeit konserviert. Das Herz wurde durch einen steinernen Skarabäuskäfer, das Abbild des Sonnengottes, ersetzt, auf dem die Worte stehen: »O Herz, tritt nicht gegen mich als Zeuge auf.«

      So wurde der Körper des Pharao zur Mumie, vor gewaltsamer Zerstörung von außen geschützt. Sogar Nahrung wurde dem Toten, der ja in Wahrheit ewig lebte, mitgegeben. Für die Opfergaben wurden Gefäße zur Aufnahme von Salben und erfrischenden Flüssigkeiten aufgestellt. Das Abbild des Pharao wurde errichtet, damit der Geist des Toten in ihm Wohnung nehmen konnte.

      In das Grab wurde eine große Steintafel in Gestalt einer verschlossenen Haustür, der sogenannten Scheintür, eingemauert: der Eingang in die Welt der Geister. Die Welt, die den Lebenden umgeben hatte, sollte auch dem Toten zugänglich sein: Familie, Diener, Knechte, Felder und Rinder, Fische und Vögel und die ganze Köstlichkeit des Lebens. Der Sinn dieses Totenkults: das kurze Menschenleben in alle Ewigkeit zu verlängern. Das scheinbar Unmögliche möglich zu machen.

      Und der Pharao ließ seine Familie teilhaben an seiner Unsterblichkeit: Gemahlinnen und Kinder, die Mitglieder seines Hofstaats und die höchsten Reichsbeamten. Rings um die Gräber der Pharaonen entstanden Totenstädte für die Angehörigen der königlichen Familie. In regelmäßig angelegten Straßen reihte sich Grabbau an Grabbau. Was dem Pharao im Großen, im Übermenschlichen errichtet wurde, wiederholte sich dort in überschaubaren Maßen.

      Wenn auch Ägypten zum Mittelpunkt der ganzen Welt wurde – mit der Zeit begann der Boden unter den lebenden Pharaonen zu wanken. Noch saßen sie auf den Thronen, aber die Priester und Adlige gewannen mehr und mehr an Macht. Der Sonnengott Re wurde zum neuen Gott auf Erden, und die Könige wurden seine Diener. Hinter den Königsstädten von Memphis entstand das Sonnenheiligtum von Abusir. Die Idee des Gottkönigtums erlosch. Re war der neue Herrscher des Reiches und aller Welten, und der Pharao sein gehorsamer Sohn, der seinen Willen erfüllte, aber nach seinem Tod zum Gott wurde.

      Schließlich waren die Pharaonen des sogenannten Alten Reichs, das kaum sechshundert Jahre bestand, entthront. Geblieben sind die Pyramiden von Gizeh, das erste und älteste der Sieben Weltwunder der Antike.

      DIE PYRAMIDEN VON GIZEH

      Die Großstadt Kairo, mit acht Millionen, in der Agglomeration zur Zeit über vierzehn Millionen Einwohnern, hat sich längst an die Pyramiden heran geschoben. Kairo ist ja, zur Überraschung der meisten Reisenden, eine moderne Großstadt mit Hochhäusern: Das unabsehbare Häusermeer hat die Motive aus Tausendundeiner Nacht, die vierhundert Moscheen und die Gräber der Kalifen überwältigt.

      Nur acht Kilometer vom Stadtzentrum entfernt, am Rande der Lybischen Wüste, deren Hitzewellen über Kairo hinweg ziehen, liegen die Pyramiden, schon nahe an die Metropole herangerückt, was irgendwie nicht angemessen erscheint. Das Gefühl trügt nicht: Ursprünglich waren die Pyramiden in weitem Abstand von Mauern umgeben, feierliche Prozessionen bewegten sich auf große Tore zu. Die Pyramiden waren unnahbar, erstrahlten hinter den Mauern des Tempelbezirks wie riesige Kristalle.

      Es war König Cheops, ein energischer Herrscher, mit dem die 4. Dynastie begann und der mit seiner Pyramide das gewaltigste Bauwerk der Geschichte errichten ließ.

      Die Ausmaße der Großen Pyramide von Gizeh, errichtet etwa um 2600 v. Chr., sind bis heute unübertroffen. Ihre Grundfläche – eine quadratische Basis von 230 Meter Seitenlänge – entspricht einer Größe von sieben Fußballfeldern, und fünf der größten Kirchen der Erde könnten in ihr Platz finden: die Peterskirche in Rom, die Dome von Mailand und Florenz, die St. Pauls-Kathedrale und die Westminster-Abtei in London.

      Die Pyramide des Cheops, genannt »Horizont des Cheops«, die größte, heute 137 Meter hoch, einst noch zehn Meter höher, würde das Straßburger Münster überragen. Steht man zu ihren Füßen, verschlägt es einem den Atem. So groß, so mächtig hat man sie sich nicht vorgestellt.

      Südwestlich von dem Bau des Cheops ließ sich der Pharao Chephren auf dem gleichen Felsplateau seine Pyramide nach den gleichen Prinzipien erbauen wie sein großes Vorbild. Die kleinste der Pyramiden von Gizeh ist die von Mykerinos, Chephrens Sohn und Nachfolger. Mit den beiden großen Pyramiden und der nach Osten, nach Sonnenaufgang, errichteten geheimnisvollen Sphinx bietet dieses Ensemble von Gizeh ein überwältigendes Panorama.

      Zwar sind die Pyramiden, für sich betrachtet, Wunder der von Menschen geschaffenen Welt, doch sind sie nur ein Teil der Grabanlage. Der Gesamtkomplex bestand aus dem am Ufer des Nils gelegenen Torbau, dem bis zu vier Kilometer langen Aufweg zum Wüstenplateau, dem Totentempel zu Füßen der Pyramide

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