Gott sagte: Willst du mit mir leben? Und ich so: Klar.. Nathanael Draht

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Gott sagte: Willst du mit mir leben? Und ich so: Klar. - Nathanael Draht

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mein Herz zerriss.

      Schmerzen, Trauer und eine unbekannte Sehnsucht überwältigten mich. Tränen schossen mir in die Augen. Ich sah mich vorsichtig um, aber niemand schien etwas Ähnliches zu spüren. Sollte ich nach vorne laufen und Jesus in mein Leben einladen? Alle meine Prinzipien über den Haufen werfen? Mich von irgend so einem dämlichen Gefühl verarschen lassen?

      Ich versuchte, meine Gefühle zu unterdrücken.

      Dann kam tatsächlich ein Aufruf, nach vorne zu kommen: Wer sich angesprochen fühle und heute sein Leben Jesus geben wolle, könne jetzt zum Kreuz kommen. Irgendwer würde dann beten.

      Niemals! Was sollte mein Bruder dann von mir denken, was sollten die Leute alle denken? Machen die hier eigentlich jeden Sonntag so einen Aufruf? Vielleicht ist das nur so eine Masche: Die sorgen für die richtige Stimmung, bisschen Musik, irgendwelches Psychozeug. Und wer dann nicht widerstehen kann, landet in den Fängen dieser Sekte, verliert seine Kohle und muss sich fortan den Zwängen von Religion und Askese beugen. Ein spaß- und ruhmloses Leben erwartet ihn.

      Nach der Lobpreiszeit predigte jemand, aber ich bekam keinen klaren Gedanken. Zu viele Fragezeichen schwebten über meinem Kopf. Dann kam das Missionarsehepaar Weinert nach vorne, um von seiner Arbeit in Südafrika zu berichten. Irgendetwas war bei diesen beiden anders und ich war gespannt, was diese Menschen, die an vorderster Front mit Gott arbeiteten, zu berichten hatten.

      Neben der Missionsarbeit hatte das Ehepaar eine Näherei aufgebaut, damit einige Frauen der Umgebung etwas Geld verdienen konnten. Keine schlechte Idee, fand ich. Als kürzlich ein wichtiger Terminauftrag fertig werden musste, ging einen Tag vor der Auslieferung die Knopflochmaschine kaputt. Eine defekte Knopflochmaschine irgendwo in Südafrika ist vergleichbar mit einem Feuer auf einer Ölbohrplattform in der Nordsee. Hilfe ist weit weg und Selbsthilfe aussichtslos.

      Was tun? Beten! Das war jedenfalls die Lösung der Weinerts. Sie gingen nach Hause, beteten zu ihrem Gott und legten sich schlafen. Bitte was? Was für eine dämliche Art von Vertrauen ist das denn? Wenn der allmächtige Gott tatsächlich so allmächtig ist, warum hat er dann die Knopflochmaschine überhaupt kaputtgehen lassen? Ist das der Dank für 20 Jahre Missionsarbeit? Aber über die Lippen der beiden kam kein Wort von Undankbarkeit, Missmut oder Anklage.

      Am nächsten Morgen sagte die Frau zu ihrem Mann: »Ich hatte einen komischen Traum. Der Pfarrer der Nachbargemeinde hat die Knopflochmaschine repariert«, und lachte herzhaft. »Dabei hat er doch zwei linke Hände! Was für ein komischer Traum.« Doch nach dem Frühstück gab sich der Mann einen Ruck und rief den Pfarrer an.

      Seine spontane Reaktion: »Klar, da kenne ich einen, der kann die Maschine reparieren. Ich rufe ihn sofort an.«

      Keine fünf Minuten später stand jemand vor der Tür und sagte, dass der Pfarrer ihn angerufen habe und er zufällig in der Nähe sei. Er reparierte die Maschine in kürzester Zeit, sodass der Auftrag noch fristgerecht fertiggestellt werden konnte. Und was machten die Missionare? Sie strahlten um die Wette, dankten dem Herrn und priesen ihn für dieses Wunder.

      Dass jemand in Südafrika zufällig in der Nähe war, um eine Knopflochmaschine zu reparieren, ist genauso wahrscheinlich wie wenn man bei dem Brand auf der Ölbohrplattform einen Bekannten anruft, der in London wohnt, welcher dann antwortet: »Kein Problem, bin zufällig in einem Hubschrauber mit einem Team von Löschspezialisten auf dem Weg von Hamburg nach London und etwa 40 Kilometer von euch entfernt. Ich bin in vier Minuten bei euch.«

      Ein Gedanke drängte sich in meinen Kopf: »Was, wenn all das passiert ist, damit das Ehepaar hier und heute davon erzählt, an dem einzigen Tag, an dem sie und ich gemeinsam in dieser Gemeinde sind, damit ich das höre und mich bekehre?«

      Es fällt mir schwer, zu beschreiben wie ich mich in diesem Moment fühlte. Überwältigt, ergriffen, paralysiert, durchrüttelt, mit einem Herzschmerz erfüllt, den ich nie zuvor gefühlt hatte. Das Wort Zufall hat seit diesem Tag eine völlig neue Bedeutung für mich.

      Mir war klar, dass ich niemanden kannte, der mir jetzt weiterhelfen konnte. Keiner aus meiner Familie oder meinem Bekanntenkreis hatte jemals etwas Ähnliches erzählt. Aber wenn jemand auch nur ansatzweise eine lebendige Beziehung zu Gott hätte, der müsste solche Dinge doch zumindest ab und zu erleben und davon erzählen, oder? Solche krassen übernatürlichen Dinge kann man doch nicht verschweigen, wenn man sie erlebt hat.

      Am Ende des Gottesdienstes erzählte noch jemand, dass das Missionarsehepaar Weinert auch beim nächsten Velberter Missionsfest sein würde. Wer dorthin wolle, könne sich ja zu Fahrgemeinschaften zusammenschließen. Und ich entschied, dass die beiden wohl die Einzigen waren, die meine Fragen beantworten konnten. Beim Rausgehen nahm ich mir unauffällig einen Flyer vom Missionsfest mit. Wir fuhren zu meiner Oma, meine Gedanken drehten sich jedoch immer nur um das, was ich an diesem Vormittag erlebt hatte:

      »Wo bist du da nur gelandet? Du bist doch ein intelligenter Mensch. Lass dich doch von solch einer emotionalen Entgleisung nicht aus der Bahn werfen. Das ist bestimmt eine Sekte. Du bist nur kurzfristig psychisch labil, warum auch immer. Stell dir nicht so viele Fragen, mach einfach weiter wie bisher. Warum solltest du deine Einstellung und dein Leben ändern? Dir geht es doch super, du hast doch alles, was ein Mensch nur haben kann. Komm runter, bleib wo und wie du bist, lass dich nicht verarschen.«

      … und Gott beantwortete meine Fragen.

      Meine Bekehrung

      Einige Tage später hatten mich meine Gedanken immer noch nicht losgelassen. Ich schrieb die Gemeinde wegen des Missionsfests an und hoffte irgendwie darauf, dass mich so kurzfristig niemand würde mitnehmen können. Das Fest sollte am Vatertag stattfinden und ich wollte eigentlich mit meinen Freunden wandern gehen. Samt Druckbetankung und fest eingeplantem Exitus mit Filmriss. Dummerweise antwortete mir aber der Jugendpastor Josef. Zufälligerweise war noch Platz in seinem Auto. Also fuhr ich mit.

      Es war eine alte evangelische Kirche, gefühlte 300 Jahre alt. Wir saßen oben auf der Empore in der ersten Reihe. Die Kirche war voll, ganz unterschiedliche Menschen waren gekommen: dicke und dünne, geschminkte Frauen und ungeschminkte, dunkelhäutige und hellhäutige, Männer in teuren Mänteln und Anzügen, Jugendliche, Pfadfinder und was die menschliche Vielfalt sonst noch zu bieten hatte.

      Eine amateurhafte Band spielte, sie trafen nicht jeden Ton und legten auch noch eine mäßige tänzerische Performance hin. Aber sie hatten Spaß. Mit meiner ersten Gemeindeerfahrung hatte das wenig zu tun und auch sonst wurden meine Vorstellungen von Kirche einmal mehr gesprengt. Warum fahren über 1 000 Leute aus ganz Deutschland Hunderte von Kilometern hierher, um dann einen Stehplatz in dieser Kirche zu ergattern, anstatt entspannt auszuschlafen und im Bett zu frühstücken? Warum bin ich nicht im Bett geblieben? Und wo waren die Weinerts?

      Statt des Missionarsehepaares betrat der durch seine Massenbekehrungen in Afrika bekannte Prediger Reinhard Bonnke die Kanzel. Ein junger, dynamischer Mann um die 70 Jahre. Erstaunlich, wie frisch er noch aussah. Als er anfing zu predigen, war dieses Gefühl wieder da. Dieses unbeschreibliche Gefühl, als ob mein Herz zerrisse. Ich spürte instinktiv, dass sich etwas Übernatürliches anbahnte.

      Während Bonnkes Predigt stellte ich Gott einige Fragen und bekam innerhalb kürzester Zeit extrem komplexe und vollständige Antworten. Diese mischten sich irgendwie mit Reinhard Bonnkes Worten. Kaum etwas davon kann ich heute nachvollziehen, wenn ich mir die Predigtaufnahmen von damals anhöre.

      Es fällt mir schwer, das, was da passierte, in Worte zu fassen. Entführ mal einen schlafenden nepalesischen Mönch, der sein Kloster noch nie verlassen hat, der weder Elektrizität noch Sonnencreme kennt, gib ihm etwas

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