Der Televisionär. Группа авторов

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Menge – durch eine Vielzahl kreativer und zugleich populärer Drehbücher zu Fernsehspielen und Fernsehserien, aber auch durch spektakuläre Auftritte als Talkshow-Gastgeber. Dass Menge von dem neuen Massenmedium angezogen und dann in ihm zum Star wurde, scheint mehr als zufällig. Denn er war, was man technikaffin nennt. Schon das erste Geld, das er kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs als Journalist verdiente, gab er – zu einer Zeit, in der die meisten deutschen Autoren mit der Hand schrieben und zu Fuß gingen – für Schreibmaschinen und Autos aus. Vor allem aber liebte er die industriellen Massenmedien. Seine Karriere zeichnete gewissermaßen die Geschichte ihrer technischen Entwicklung nach: Er begann als Printjournalist und arbeitete sich über Radio und Film zum Fernsehen vor, dem damals jüngsten, technisch fortgeschrittensten und organisatorisch offensten, deshalb für ihn spannendsten Medium.

       I Vor dem Fernsehen schildert Wolfgang Menges Kindheit, Jugend und seinen frühen Werdegang als Journalist für Print und Radio sowie als Drehbuchautor für den Film. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gelangte der junge Autor zunächst von Gedichten zu Nachrichten, von Erfundenem zu Gefundenem. Seine damaligen Erfahrungen mit dem ›britischen Stil‹ journalistischer Berichterstattung – verkürzt gesagt: mit der Insistenz auf Faktenrecherche statt Meinungsmache – sollten bis zuletzt sein künstlerisches Werk prägen. Zu dessen wichtigstem formalen Moment wurde die Konzentration auf semi-dokumentarische Formen und damit verbunden die Produktion von Authentizität beziehungsweise das mediale Spiel mit ihr.

       II Im Fernsehen der 1950er und 1960er Jahre verfolgt Menges Wechsel vom – damals kulturell noch angeseheneren – Film zum Fernsehen und seine zweigleisige Karriere in dem neuen Medium: zum Ersten als Autor der ersten bundesdeutschen Kriminalserie und anderer erfolgreicher Kriminalspiele, zum Zweiten als Autor kritischer und formal innovativer Fernsehspiele zu aktuellen politischen Fragen.

       III Im Fernsehen der 1960er und 1970er Jahre analysiert, wie Menge zwischen 1968 und 1973 TV-spezifische Formate wie Magazin oder Show narrativ für das Fernsehspiel nutzbar machte. Inhaltlich versuchte er damit gegenwärtige Zustände in denkbare Zukünfte fortzuschreiben. Zentral für den Erfolg dieser Fernsehspiele bei Kritik wie Publikum aber war der Rekurs auf mediale Mischformen aus Fakten und Fiktionen, wie sie bis dahin nur im angelsächsischen Radio, Film und auch Fernsehen existiert hatten.

       IV Im Fernsehen der 1970er und 1980er Jahre beschreibt, wie Wolfgang Menges Interesse an liveness als besonderer Qualität des Mediums Fernsehen ihn in den frühen siebziger Jahren zu dreierlei Innovationen veranlasste. Zunächst importierte und adaptierte er das angelsächsische TV-Format der Talkshow und wurde damit zwischen 1973 und 1986 als Talkshow-Gastgeber selbst zum Fernsehstar. Nahezu zeitgleich importierte und adaptierte er auch die Form der vor Publikum live produzierten Sitcom – situation comedy –, um in ihr den sozialen und kulturellen Wandel so aktuell begleiten und satirisch kommentieren zu können, wie es sonst nur dem Kabarett möglich war. Gegen Ende der siebziger Jahre schließlich wendete er sich Themen der deutschen Geschichte zu und entwickelte dafür innovative Darstellungsformen, in denen sich wiederum Dokumentarisches und Inszeniertes mosaikhaft zu einer nicht mehr linearen Narration mischten.

       V Jenseits des Fernsehens versucht, die Charakteristika von Menges Autorschaft zu bestimmen. Von entscheidender Bedeutung für seinen künstlerischen Erfolg scheint die Möglichkeit, im audiovisuellen Medium der Television eine Autorenrolle behaupten zu können, wie er sie aus den älteren Medien Print und Radio gewohnt war. Auf dieser souveränen Autorschaft basierte Menges Schaffen als Fernsehautor. Insofern war das Ende seiner TV-Karriere eng verbunden mit dem institutionellen Wandel und schleichenden Niedergang des öffentlich-rechtlichen Fernsehens selbst. Menges Kritik an der Selbstzerstörung des Fernsehens, wie er es kannte, begann in den späten 1970er Jahren und eskalierte sukzessive, bis ihm um das Jahr 2000 gewissermaßen das Medium abhanden kam, das seine künstlerische Karriere für fast vier Jahrzehnte bestimmt hatte.

      1 Kracauer, Siegfried: Jacques Offenbach und das Paris seiner Zeit, Werke, Bd. 8, Frankfurt am Main: Suhrkamp 2005 (*1937), S. 11.

      2 Ebd., S. 12.

      3 Ebd., S. 10.

      I Vor dem Fernsehen: Zeitung, Radio, Film

      Das Verlangen nach Television scheint so alt wie die Menschheit. In der westlichen Neuzeit lässt es sich über die Jahrhunderte hinweg auf eine lange Reihe mechano-optischer Schauapparate zurückverfolgen.

      1 Zur Vorgeschichte der Television: Sehnsüchte

      Grundsätzlich gliedern sich die televisionären Bestrebungen in zwei Varianten. Zum einen galt die Suche technischen Apparaturen, die – wie etwa das von Galileo Galilei im frühen 17. Jahrhundert entwickelte Fernrohr – Bli­cke auf ferne Realitäten ermöglichten, die das bloße Auge nicht mehr erkennen konnte, die jedoch dem Prinzip nach zeitgleich existierten. Zum anderen ent­standen technische Apparaturen, die – wie der seit dem 17. Jahrhundert be­kannte und seit dem 18. Jahrhundert äußerst populäre Guckkasten – Blicke auf Realitäten ermöglichten, die malerisch oder drucktechnisch erzeugt und über Lichteffekte optisch inszeniert oder auch animiert wurden, also dem Prinzip nach nicht vorgaben, zeitgleich zu existieren. Unter ihnen lassen sich wiederum faktisch und fiktional orientierte Darstellungen unterscheiden, also einerseits Inszenierungen von Orten und Ereignissen, welche die Macher aus eigener Anschauung kannten, wie etwa Nachempfindungen ferner Landschaften oder Städte, und andererseits Inszenierungen von historischen oder fiktiven Orten und Szenen, die frei gestaltet wurden, wie z. B. die Nachstellung von Szenen aus der klassischen oder christlichen Mythologie.

      Deutlich zeichnen sich so in den Vorläufermedien des industriellen Fernsehens bereits seine beiden hauptsächlichen Leistungen und Aufgabenfelder ab: die Live-Übertragung und das Transportieren beziehungsweise Versenden von vorproduziertem Material, sei es fiktional oder non-fiktional.

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