Die Poesie des Biers 2. Jürgen Roth

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Die Poesie des Biers 2 - Jürgen Roth

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      Roth

      Die Poesie des Biers 2

      Jürgen Roth

      Die Poesie des Biers 2

      Mit Gastbeiträgen von Marco Gottwalts und Thomas

       Kapielski sowie Gesprächen mit Eckhard Henscheid

       und Gerhard Polt

      © 2014 Oktober Verlag, Münster

      Der Oktober Verlag ist eine Unternehmung des

      Verlagshauses Monsenstein und Vannerdat OHG, Münster

       www.oktoberverlag.de

      Alle Rechte vorbehalten

      Satz: Henrike Knopp

      Umschlag: Thorsten Hartmann

      unter Verwendung eines Gemäldes von Metulczki (»Trinkgedächtnisse,

      Rudolf-Leonhard-Straße 2«, 2013, Acryl auf Leinwand, 24,5 cm x 20,5 cm,

       © Metulczki, Leipzig)

      Photos auf den Seiten 42, 43, 44, 45 und 46: Thomas Kapielski

      Photos des Bildteils: Jürgen Roth

      Herstellung: Monsenstein und Vannerdat

      ISBN: 978-3-944369-33-4

      eBook-Herstellung und Auslieferung:

       readbox publishing, Dortmund

       www.readbox.net

      Good men drink good beer.

      Hunter S. Thompson

      Alßdan vergessend mehr zu drincken / Sah man die Vier / wie fromme schaf / Zu grund vnd auff die bänck hin sincken / Beschliessend jhre frewd mit schlaf.

      Georg Rodolf Weckherlin

      Nicht ohne Grund habe ich gesagt, daß im Bier ein gewisses göttliches Getränk enthalten sei.

      Palladas

      Inhalt

      Eidetische Biere

      Die sieben heiligen Schlucke

      Wolkengewölle, dahin und wieder daher

      Das elektronische Huhn

      Lehnen wir ab

      Bierschatten – Von Thomas Kapielski

      Quatsch! Klar. Sowohl als auch. Logisch

      Vom Sinnlichkeitsvorreiter zur Sushibarbegeisterung

      Abhocken

      Konrad Duden, Oskar Werner und Dr. Potthoft – Von Marco Gottwalts

      Ein Überbleibsel

      Die rote Schlange von Izmir

      Die richtige Wahrheit

      Sinntal oder: Ali Baba und die vierzig Zwerge

      Wie wär’s mit der nächsten Melodie?

      Alle meine Vanessas

      Ich könnte mir gut vorstellen, Weihnachten mit Katrin Müller-Hohenstein zu verbringen

      Das Pumpernickelporter

      Der Lenin und wer da alles

      Alle Franz Xavers

      Kleinbürger im Konjunktiv

      Antarktis

      Enthusiasmierende Beweger

      Bierstandort Deutschland

      Diskobierabend mit Dreschflegeln

      Der leichte Wind

      Es gibt Glück

      Anhang: Marken und mehr

      Nachweise

      Eidetische Biere

      »Genaugenommen gibt es ›die Kunst‹ gar nicht. Es gibt nur Künstler«, beginnt Ernst H. Gombrichs Standardwerk Die Geschichte der Kunst, und ein paar Zeilen später weist Gombrich alles Gerede »über das ›Wesen der Kunst‹« als schädlich und töricht zurück.

      Damit hätten wir das.

      Also reden wir über den Künstler Metulczki. Als ich vor einigen Jahren zum erstenmal einiger Bilder aus seiner Serie »Bierleben«, die nun unter dem Titel »Trinkgedächtnisse« firmiert, ansichtig wurde, verschlug es mir buchstäblich beinahe den Atem. Die Präzision und die Leuchtkraft der meist kleinformatigen Acryl-Schellack-Lasurgemälde wirkten auf mich – und sie tun es bis heute unvermindert – epiphanisch, salvatorisch und beglückend zugleich. Das profane Wunder, das sich in zwei Biergläsern bezeugt, die, in warmes Licht gehüllt, auf einem Tresen oder einem hölzernen Kneipentisch stehen beziehungsweise ruhen wie Zeugen einer Welt ohne Kapital, Börse, Staat und Bürokratie – ja, tja, es ist eben: ein Wunder der Wirklichkeit selbst, eine Erscheinung dessen, was ist und zugleich sein sollte, ein Mirakel, das sich im Kleinteiligen, Mißachteten zeigt und deshalb schlicht von Wahrheit kündet, vom – mit Aristoteles und keinesfalls Richard D. Precht zu reden – guten Leben; das, Kürnbergers/Adornos Diktum vom Leben, das nicht mehr lebt, zum Trotz, in Trinkwirtschaften alten Stils noch eine Zufluchtsstätte findet; und auf Metulczkis verschwommenen, ins Abstrakte tendierenden »Kühlschrankbildern«, übermalten und mehrfach übergossenen und überklebten Alltagsphotoimpressionen von gesichtslosen Herumstehern und -hängern und -hockern und Säufern und Tippelbrüdern, schmerzlich konterkariert wird.

      Hie das Lichte, Exakte, Plastische, Gegenständliche, das in seiner »Zuhandenheit« (Heidegger) schier sprachlos machend Schöne und Besänftigende; da das Amorphe eines intoxikierten Lebens, das Metulczki, ohne uns mit sozialpädagogischen Implikationen zu behelligen, festhält, womöglich auch transzendiert.

      Das Stilleben war in der durchweg bewunderungswürdigen protestantisch-holländischen Malerei des 17. Jahrhunderts das am stärksten ausdifferenzierte Genre. Da »konnte der Künstler sich aussuchen«, schreibt Gombrich, »was er gerne malen wollte, und die Gegenstände so auf dem Tisch anordnen, wie es ihm paßte. So wurde die Bildgattung zu einem wunderbaren Experimentierfeld für malerische Probleme.«

      Hier war der Maler wohl zum erstenmal frei – befreit von den Diktaten seiner Auftraggeber, von den Potentaten, die schmeichelhaft-repräsentative Porträts bestellten, von geschichtlichen Großerzählungen und Mythenstoffen. In der Konzentration auf die Dinge vollzog sich die Suspendierung der Herrschaft,

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