Das Mitteldeutsche Seenland. Vom Wandel einer Landschaft. Lothar Eißmann
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Aus der folgenden Warmzeit, dem Eeminterglazial, sind nur außerhalb der beschriebenen Region Sedimente bekannt; genannt seien die von Grabschütz und Rabutz nördlich von Schkeuditz. In der Weichseleiszeit entstanden in der Weißelster- und Pleiße-Gösel-Aue bis 8 m mächtige Flussschotter. Auf den Hochflächen und Talhängen wurden ein 0,5 bis maximal 1,5 m mächtiger Sandlöß und sandiger Löß, südlich Weißenfels – Pegau – Borna bis über 5 m Löß, von Winden aufgeweht, die vom weichseleiszeitlichen Inlandeis in Brandenburg und Mecklenburg als Fallwinde nach Süden strömten. In der erdgeschichtlichen Gegenwart, dem Holozän, setzten die Flüsse in den heutigen Tälern geringmächtige Schotter und seit der beginnenden Jungsteinzeit vor ca. 7000 Jahren (Bandkeramik) zunächst geringmächtige, seit dem Hochmittelalter um 1200 n. Chr. die ganze Breite der Auen überziehende 2 bis 4 m starke Auelehme ab. In den Flussablagerungen dieser Zeit fanden sich mehrere tausend Stämme, Stubben und Äste der Eiche, die um 8500 v. Chr. hier wieder Fuß fasste. Zahlreiche archäologische Befunde in den holozänen Auensedimenten zeigen, dass der Mensch in den Talauen der Leipziger Bucht mindestens seit der Jungsteinzeit (ca. 5500 bis 2000 v. Chr.) mit ihren in den Keramiken erkennbaren verschiedenen Kulturstufen durchgängig sesshaft ist.
1 Elstereiszeitliche Seenformation (Rinnen)
2 Saaleeiszeitliche Seenformation, z. B. Lausitzer Urstromtal (Ältere Folge), Heidesande
3 Weichseleiszeitliche Seenformation (15000–12000 v. Chr.) verdeckt: z. B. Baruther Urstromtal, offen: z. B. Mecklenburger Seenplatte, Eberswalder Urstromtal
4 von Menschenhand geschaffene Bergbauseen, Teichlandschaften, Steinbrüche (seit rund 500 Jahren).
Die vierte Seengeneration in zeitlicher und geografischer Folge
Es gehört heute glücklicherweise in weiten Kreisen der Bevölkerung zum Allgemeinwissen, dass sich vor etwa 1,5 Millionen Jahren ein weltweiter Wandel im Klima vollzog, der den Beginn des bis heute reichenden quartären Eiszeitalters einläutete. Dieses war über einen Zeitraum von etwa einer Million Jahren in erster Linie gekennzeichnet durch den Wechsel von Zeiten eines gemäßigten Klimas – wie gegenwärtig – und von kalten Abschnitten mit ausgedehnten Steppen- und Taigawaldgebieten und darin lebenden, kälteangepassten Tierassoziationen, von denen uns vor allem die frühen Mammut- und Nashornarten, aber auch Rentiere und andere überliefert sind. Charakteristisch für die kalten Abschnitte dieses Zeitraumes war die Existenz eines dauergefrorenen Bodens. Vor etwa 500000 Jahren kam es zu einer neuen Qualität eines derartigen Wechselklimas, indem sich von Skandinavien aus mächtige Inlandeisdecken bis zum Ural und zu den Britischen Inseln vorschoben und während der maximalen Ausdehnung in Europa die Mittelgebirge von Schlesien, das Erzgebirge, den Harz sowie das Rheinische Schiefergebirge tangierten. Das Eis entwickelte dabei verschiedene Mechanismen, die wir in der modernen Technik des übertägigen Kohleabbaus wieder finden. Das Eis wirkte durch gespanntes, rasch fließendes Wasser, dabei den Untergrund ausspülend, unterirdisch linear wie ein Hydromonitor zur Gewinnung von Lockergestein. Des Weiteren wirkte es wie ein Schaufelradbagger, dabei den Untergrund ausspanend, oder aber auch schiebend, wie ein Schneepflug bzw. wie eine Planierraupe, wobei das lockere Material zu Bergen zusammen geschoben wurde oder sich flächenhaft vor ihm ausbreitete. Die dabei entstandenen Vertiefungen füllten sich beim Zerfall des Eises rasch mit Grund- und Oberflächenwasser. Das ist die Geburtsstunde der unzähligen Seen, die vom Ural über das Norddeutsch-Polnische Tiefland bis zu den Britischen Inseln das ehemalige Vereisungsgebiet nachzeichnen und die natürliche eiszeitliche Seenformation kennzeichnen.
Die Inlandeise stießen unterschiedlich weit nach Süden vor – das der Elstereiszeit, der ältesten im östlichen Deutschland, bis Erfurt, Zwickau und über Zittau hinaus, das der Saaleeiszeit bis Zeitz und Görlitz und jenes der Weichseleiszeit bis zur Linie der Städte Brandenburg und Guben. Die glazialen Sedimente und morphologischen Hinterlassenschaften (Glazialseen, Endmoränen) dieser drei großen Vereisungsperioden lagen im nördlichen Mitteleuropa parallel zu den einzelnen Vereisungsgrenzen. Im südlichen Raum war entsprechend die elstereiszeitliche, nach Norden zu die saaleeiszeitliche und schließlich ganz im Norden die weichseleiszeitliche Moränenplatte mit ihrer jeweiligen natürlichen Seenformation entwickelt. Die von Saale- und Elstereiszeit hinterlassenen Seen sind weitgehend verschüttet und morphologisch ausgelöscht. Dagegen sind die weichseleiszeitlichen Hinterlassenschaften in weithin frischer, bewegter Moränenlandschaft in einigen Tausenden noch überliefert.
Die Rinnen- und Beckenseen der Elstereiszeit waren die flächenmäßig größten und tiefsten. Sie bestanden teilweise über 50000 Jahre und erloschen wohl überwiegend vor etwa 200000 Jahren. Die letzten dieser ersten Seengeneration wurden vom Inlandeis der zweiten großen skandinavischen Inlandeisinvasion, der der Saaleeiszeit, ausgelöscht; darunter Seen mit Ausmaßen von weit über 1000 km² Fläche. So erreichte der bis 200 m tiefe Elbglazialsee zwischen Riesa, Dessau und Jüterbog mit Ausläufern bis Berlin eine Größe von rund 5000 km² und damit fast das zehnfache Ausmaß des Bodensees (Ansgar Müller 1988). Im Vergleich dazu nimmt der vor ca. 15000 Jahren gebildete, weichseleiszeitliche größte Glazialsee Mecklenburgs, die Müritz, eine Fläche von nur 117 km² ein.
In der saaleeiszeitlichen Vereisungsperiode entstand die bis südlich von Leipzig reichende zweite Seengeneration Norddeutschlands, doch ist diese nur ein schwacher Abglanz der vorangegangenen. Während der mehrfachen Eisrandschwankung bildeten sich in der Leipziger Bucht vor allem flache Grundmoränenseen, einer bei Magdeborn südöstlich von Leipzig, von dem der Tagebau Espenhain bis 5 m mächtige Sedimente erschloss. Aus der endgültigen Eiszerfallsphase sind nur fünf kleinere Seen bzw. größere Weiher bekannt, doch haben mit Sicherheit weitere existiert. Von einigen wissen wir, dass sie sich über die gesamte folgende Warmzeit, die Eemwarmzeit, bis in die letzte Kaltzeit, die Weichseleiszeit, erhielten, d. h. über einen Zeitraum von über 10000 Jahren, vermutlich 20000 bis 30000 Jahren. Das liefert einen guten Hinweis auf die zu erwartende Lebensdauer der Bergbauseen außerhalb der Täler. Nach Mammut und Wollhaarigem Nashorn weideten in der Nähe der Seen Waldelefant, Mercksches Nashorn, Edelhirsch, Elch, Ur und Wisent, jagten Braunbär, Luchs und Löwe, um danach wieder einer Kältesteppen angepassten Fauna Platz zu machen. Während im Norden am Ende der Weichseleiszeit die Landschaft noch einmal eine durchgreifende Auffrischung erfuhr und die dritte Seengeneration, das natürliche Seenparadies Mecklenburgs und des nördlichen Brandenburgs, entstand, endete mit der »Erblindung« der am Ende der Saalevereisung