Das Mitteldeutsche Seenland. Vom Wandel einer Landschaft. Lothar Eißmann

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Das Mitteldeutsche Seenland. Vom Wandel einer Landschaft - Lothar Eißmann

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Brunnen wirkenden Seen vor allem den unterirdischen Abfluss beschleunigen, die langzeitige kontinuierliche Verfügbarkeit des Grundwassers der Umgebung vermindern und schließlich auch zu einem Wasserverlust führen, bei wesentlich vermehrter Speicherung von Wasser in der Region.

      Die Füllung von Tagebauseen mit Grundwasser auf natürlichem Wege vollzieht sich anfangs rasch, verlangsamt sich aber mit steigendem Wasserstand und der damit verbundenen Gefälleminderung des Zustroms beträchtlich. Beide Seen würden ihren Endwasserspiegel erst nach der Mitte des Jahrhunderts, frühestens 2060 erreichen. Aus geotechnischen und wasserchemischen Gründen, nicht zuletzt einer raschen Nutzung wegen, sind, wie vorher in Cospuden, auch diese beiden Tagebaurestlöcher mit Fremdwasser geflutet. Seit dem 20. Juli 1999 wurde dem Markkleeberger See Grundwasser aus dem Braunkohlentagebau Profen zugeführt. Am Anfang betrug die Menge 30000 m³/Tag, seit dem Jahre 2000 rund 45000 m³/Tag. Der Endwasserstand bei +113 m NN wurde im Jahre 2006 erreicht. Im Störmthaler See ist im Frühjahr des Jahres 2000 mit der Stilllegung der Reinigungsanlage die Grubenwasserhaltung (Niederschlags- und Sickerwasser) endgültig eingestellt worden. Zusammen mit einem Teil des noch geförderten Filterbrunnenwassers flossen dem Restloch rund 3500 m³ pro Tag zu. Im Jahre 2003 begann die Hauptflutung mit der Einspeisung von 15000 bis 20000 m³/Tag Grundwasser aus dem Tagebau Profen. Ab 2007 wurde die Menge auf 70000 m³/Tag gesteigert, indem zusätzlich Grundwasser aus dem Tagebau Schleenhain zugeführt wurde. Der vorgesehene stationäre Strömungszustand bei +117 m NN wurde 2012 erreicht. Aufgrund seines stark calciumsulfat-betonten (Calcium 342 mg/l; Sulfat 992 mg/l), wenig karbonatgepufferten (Hydrogenkarbonat 36 mg/l) und sauren Seewassers (pH-Wert-Enwicklung: 2004 bis 2006: 3,4–4,0; 2010: 6,3) sind im Falle des Störmthaler Sees Nachsorgemaßnahmen zum Erreichen einer nachhaltigen Gewässergüte notwendig.

       Wasserqualität und Status der Seen

       Versauerungspotenzial

      Die Wasserbeschaffenheit von Seen, natürlichen wie Tagebauseen, ist zumindest in der Anfangsphase in hohem Maße von den Stoffströmen abhängig, die aus dem Einzugsgebiet zugeführt und aus den Seebecken wieder abgeleitet werden. Das normalerweise aus oberflächennahen Grundwasserleitern und künstlich nicht stärker kontaminierten Flüssen und Bächen sowie deren Uferfiltrat zufließende Wasser ist pH-neutral und mäßig bis mittelstark mineralisiert. Die tieferen, braunkohlenzeitlichen, vor allem marinen Schichten jedoch führen in erheblichen Mengen fein verteilte oder zu haselnuss- bis apfelgroßen Konkretionen zusammengewachsene Eisensulfide in Form von Markasit und Pyrit. Dazu kommen weitere Schwefelverbindungen und reiner Schwefel. Bei der Belüftung der gewachsenen Schichten durch Grundwasserabsenkung sowie bei Baggerung und Versturz und in die Kippmassen einsickerndem Niederschlagswasser entsteht durch Oxidation in der Bodenfeuchte Schwefelsäure. In Kippmassen zirkulierendes Wasser kann einen so hohen Säuregrad erreichen, dass es Schuhwerk und Kleidung in kurzer Zeit zerstört. Über das Sickerwasser oder das sich hebende Grundwasser gelangen die Säure und anderes Versäuerungspotenzial wie gelöstes zweiwertiges Eisen und Aluminium, aber auch andere Metalle, in die Seen. Sie führen daher in der Initialphase oftmals ein stark bis mäßig saures Wasser (pH-Wert 3,5 bis 6).

      Was die an die Seen angrenzenden mächtigen Kippmassen betrifft, noch einige wenige Bemerkungen. Es sind gegenwärtig und noch längere Zeit chemisch quasi »gärende« Erdmassen mit einer Zusammensetzung, die chemische Prozesse in Gang setzen, teils beschleunigen, teils hemmen oder ihre Wirkungen sogar wieder aufheben können. Das Kippenwasser ist durch Abdeckung der Kippen mit absorptionsfähigem, vielfach karbonathaltigem Mineralboden – einen hohen Kalkgehalt verstürzter mariner Sedimente wie Muschelschluff und Muschelsand und nicht zuletzt durch die in den Kippmassen ablaufenden reduktiven und Pufferungsprozesse (N. Hoth 2000 spricht in diesem Zusammenhang von einem »wirksamen Selbsthilfemechanismus«) – auf dem Weg intensiver Neutralisation und Wiederfestlegung mobilisierter Verbindungen (Metalle). Die tieferen Kippenwässer sind teilweise schon gipsgesättigt und stark Hydrogenkarbonat führend. Der hohe Feinkornanteil macht die Kippe zu einem »Schwamm« mit vereinzelten Wasserpassagen. Die den Seen zufließende Wassermenge ist daher im Verhältnis zum künftigen Grundwasserstrom aus dem gewachsenen Gebirge gering.

       Fremdwasser

      Eine rasche Flutung mit möglichst gut gepuffertem Wasser, d. h. mit einem Chemismus, der bei Zufuhr begrenzter Mengen an starken Säuren den pH-Wert praktisch konstant hält oder direkt zur Neutralisierung der Säuren führt, beispielsweise durch einen höheren Gehalt an Kalziumhydrogenkarbonat, ist die physikalisch-technisch wie chemisch beste Maßnahme, der Versauerung entgegenzuwirken. Die Erosionsfläche und damit der mechanische Eintrag von Säurebildnern in den See werden verringert. Der schneller als das Grundwasser ansteigende Seewasserspiegel blockiert nicht nur einen Teil des Grundwasserzustroms; Flutungswasser dringt in den belüfteten Porenraum auch ein und neutralisiert die Säure des Sicker-, Haft- und Grundwassers.

      Ein Glücksumstand für die Füllung der Tagebauseen um Leipzig ist die Tatsache, dass südlich einer bei Rötha in nordwest-südöstlicher Richtung verlaufenden geologischen Störung, auf der Nordwestsächsischen Tiefscholle mit mächtigem Anhydrit- und Karbonatgestein unter dem Flözgebirge, ein stark mineralisiertes Grundwasser mit einem relativ hohen Karbonatgehalt fließt. Dieses Tiefengrundwasser wird in den Tagebauen Profen und Schleenhain zur Sicherung des Kohleabbaus in bedeutenden Mengen gehoben. Das Wasser zeichnet sich bei einem neutralen pH-Wert (pH 7,3) durch eine hohe Alkalität (um 6 mmol/l) und eine hohe Sulfatkonzentration (um 11 mmol/l) aus. Es ist Wasser vom Ca-Mg-Na-HCO3-Cl-Typ mit einer Gesamthärte von rund 70 °DH, davon einer Karbonathärte von 15 °DH und einem Sulfatgehalt von rund 1000 mg/l. Sehr gering sind die Gehalte an gelöstem reaktivem Phosphor und an Stickstoffverbindungen. Das gilt auch für organische Verbindungen. Schwermetalle, außer Eisen, treten nur in Spuren auf.

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      image Eisen- und Magnesiumsulfate. Beispiele für Mineralneubildungen durch saure zirkulierende Grund- und Oberflächenwässer: Die an Tagebauwänden auskristallisierten Minerale Magnesiocopiapit (oben) und Starkeyit (unten).

      Das in mehreren Hundert Millionen Kubikmetern in die vier stadtrandnahen Seen (Cospudener, Markkleeberger, Störmthaler und Zwenkauer See) eingeleitete Fremdwasser führt zu einer Neutralisierung des Grund- und Seewassers wahrscheinlich bis in eine Zeit, in der besonders das in den braunkohlenzeitlichen Grundwasserleitern entstandene saure Poren-, Sicker- und Grundwasser ausgeschleust sein wird und die Bildung von Schwefelsäure durch Erschöpfung des Oxidationspotenzials nahezu wieder auf den geringen natürlichen Wert aus der Zeit vor dem Eingriff des Bergbaues zurückgegangen ist. Der während des Sommers vor allem durch Kohlensäureentzug aus dem Fremdwasser der Seen in großen Mengen ausgefällte Kalk bildet eine weitere Quelle langfristigen Säureabbaues. Der Cospudener See führt nach Ende der Füllung und der Markkleeberger See in der heute abgeschlossenen Flutungsphase ein pH-neutrales, stabil hydrogenkarbonatgepuffertes Wasser. Das wird ohne Zweifel auch für den gegenwärtig einen pH-Wert von 6,3 aufweisenden Störmthaler See nach Abschluss seiner Füllung zutreffen. Eine bedrohliche Versauerungsgefahr besteht für alle vier nahe der Großstadt Leipzig gelegenen und mit Fremdwasser gefluteten Seen (mit Einschränkungen für den Zwenkauer See) auch in der Zukunft nicht.

      Bei Seen, die durch Angrenzung oder Überflutung weitflächiger Areale mit Kippmassen ein hohes Versauerungspotenzial aufweisen, wie dies zum Beispiel beim Bockwitzer, Hainer und Zwenkauer See gegeben ist, waren ergänzende Maßnahmen zur Erlangung einer schnellen und nachhaltigen Neutralisation ihres Seewassers erforderlich. Zumischungen von Karbonat (Soda: Na2CO3) während bzw. nach erfolgter Fremdwasserflutung führten zum Beispiel am Pilotobjekt dieser Maßnahmen, dem Bockwitzer See, zwischen 2004 und 2009 zu einer Anhebung des pH-Wertes seines Seewassers von stark sauren zu neutralen Bedingungen. Vergleichbare Maßnahmen wurden ebenfalls am Hainer See mit Erfolg durchgeführt; am Zwenkauer See sind sie derzeit im Gange.

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