Das Mitteldeutsche Seenland. Vom Wandel einer Landschaft. Lothar Eißmann
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Der Kulkwitzer See ist als oligotropher nährstoffarmer Klarwassersee mit geringem Phyto- und Zoo-Planktonaufkommen durch sehr hohe Sichttiefen zwischen 8 bis 14 m gekennzeichnet. Die damit verbundene Lichtdurchflutung führt zu einer starken und flächigen Besiedlung von Unterwasserpflanzen (submerse Makrophyten) mit einer Dominanz der Armleuchteralgen (Characeen) bis in diese Tiefenbereiche. Beides macht ihn zum Eldorado des Tauchsports mit europaweitem Bekanntheitsgrad. Darüber hinaus ist er mit seiner aus mindestens zwölf verschiedenen Arten bestehenden Fischfauna, darunter Hecht, Barsch, Plötze, Rotfeder, Schleie, Aal und mehrere Karpfenarten, ein gesuchter Ort des Angelsports. Das Wasser des Kulkwitzer Sees ist durch einen mittleren Gesamtgehalt an gelösten Salzen (1450-1650 mg/l), durch neutrale bis schwach alkalische pH-Werte (7,0-8,4) und durch ein breites Spektrum an gelösten Ionen (Calcium, Magnesium, Kalium, Natrium, Sulfat, Chlorid, Hydrogenkarbonat) gekennzeichnet. Sauerstoff ist ganzjährig bis in das Tiefenwasser nachweisbar.
Nicht nur die Großstadtnähe, vor allem das saubere, klare Wasser mit einer hohen Transparenz bis in große Tiefe und mit fast allen Merkmalen eines Trinkwassers, die Gestalt des Sees mit seinen geschwungenen Rändern, die unterschiedlichen Uferhöhen und die ihn deutlich überragende bewaldete Kippe im Südwesten, nicht zuletzt solche morphologischen Besonderheiten wie die Lausener Bucht, die dem See insgesamt ein naturnahes Bild verleihen, machen seine ungebrochene Anziehungskraft und Beliebtheit aus, obwohl er mit nur 1,5 km2 zu den kleineren der Tagebauseen der Region zählt. Kleine Hafenanlage, günstige Badegelegenheiten auf bodenständigem sauberem Sand und Kies, Bootsausleihe, Restaurants und Campingmöglichkeiten ließen das insgesamt 2,8 km2 große Naherholungsgebiet zu einer nutzungsfreundlichen Stätte werden. Für den Botaniker sind sein Umfeld und hier insbesondere die südwestlich angrenzende Hochkippe ebenfalls ein Eldorado. Ihr aus gemischten Substraten kalkhaltiger tertiärer (oligozäne Meeressande) und quartärer (muschelkalkführende Saale-Schotter; eiszeitliche Grundmoränen) Sedimente bestehender Boden bietet die Grundlage für den Nachweis seltener und vielfach geschützter Pflanzenarten, so z. B. von Rotem Zahntrost (Odontites vulgaris), Rundblättrigem Wintergrün (Pyrola rotundifolia), Gewöhnlicher Golddistel (Carlina vulgaris), Gewöhnlichem Seidelbast (Daphne mezereum) sowie auch von zahlreichen bekannten Orchideenarten, darunter das Bleiche Waldvöglein (Cephalanthera damasonium) und das Große Zweiblatt (Listera ovata; freundliche Mitt. K. Heyde). Am aufgehenden Restloch Kulkwitz fanden ab 1963 Studien über den schrittweisen Einzug der Vogelwelt auf die natürlich bewachsenen Tagebauhänge statt, seinerzeit eine vogelkundliche Pionierleistung in Deutschland. Der Miltitzer Chemiker Harald Dorsch dokumentierte den Wandel der Artengemeinschaften vom Stadium karg bewachsener Offenbodenstandorte bis zum lichten Kippenvorwald. Herrschten anfangs Flussregenpfeifer, Steinschmätzer, Kiebitz und Feldlerche vor, wechselte das Bild in 15 Jahren auf spezifische Weise zur Dominanz von Baumpieper, Rohrammer und Sumpfrohrsänger, die heute der Vogelfauna des Kippenwaldes gewichen sind. Mit seinem Umfeld gilt der Kulkwitzer See als das ökologische Referenzobjekt für die zukünftige Entwicklung der Bergbaufolgeseen in der mitteldeutschen Seenlandschaft.