Schwertmeister der Magie: Drei Fantasy Sagas auf 2500 Seiten. Alfred Bekker
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Die Königstochter
Sie folgten Demris Gon und seiner vollkommen aufgelösten Gemahlin durch mehrere Korridore in die Privatgemächer der königlichen Familie. Der Herrscher Gryphlands wünschte ausdrücklich, dass ihn sowohl der Heiler Aarad als auch die anderen Ordensangehörigen begleiteten.
Unterwegs versuchte Aarad vergeblich, der Königin nähere Angaben über dem Zustand ihrer Tochter zu entlocken, doch sie war völlig außer sich.
„Sie ist um einiges jünger als ihr Gemahl, aber das leidvolle Schicksal ihrer Tochter hat sie schnell altern lassen“, empfing Gorian einen Gedanken Sheeras.
Für einen Moment glaubte er wieder jene dunkle Magie zu spüren, die ihm bereits aufgefallen war, als er die Greifengondel verlassen hatte.
Schließlich gelangten sie in das Gemach der Königstochter.
Bleich und kränklich lag sie auf ihrem Bett, Schweiß perlte auf ihrer Stirn, und schwarzes Blut quoll ihr aus Augen, Ohren und Nase. Eine Dienerin versuchte vergeblich, den Blutfluss mit Tüchern zu mindern.
Der Blick der Königstochter war starr auf einen imaginären Punkt konzentriert. Sie stieß Laute aus, die vielleicht unverständliche Worte waren, vielleicht auch nichts weiter als ein letztes Aufstöhnen unter einem schier unermesslichen Schmerz.
Ein großköpfiger Zahlenmagier und ein Priester des Verborgenen Gottes standen neben dem Bett. Von dem Zahlenmagier hatte Gorian schon gehört, Aarad hatte ihn erwähnt. Er hieß Ptembros und war als Arzt tätig, denn er behauptete, mit der Hilfe der Zahlenmagie nicht nur marode Geschäfte von ihrer Misswirtschaft, sondern auch Kranke von ihrem Leiden befreien zu können. Die Packleute am Hafen von Gryphenklau erzählten sich, Ptembros sei durch den Einfluss der Königin an den Hof gelangt und genieße dort hohes Ansehen, auch wenn die Wirksamkeit seiner Heilmagie von nahezu allen Ärzten der Stadt angezweifelt wurde.
Der Mann mit dem übergroßen, ballonartigen und von zahllosen sich verzweigenden Adern überzogenen Kopf stand da, hob die dürren, langfingrigen Hände und murmelte eine Abfolge von Zahlen, die auf Gorian völlig willkürlich wirkte. Dass er dabei den heiligreichischen Dialekt von Baronea benutzte, ließ die Prozedur auf gryphländische Ohren vielleicht etwas geheimnisvoller wirken.
Der Priester wirkte einfach nur entsetzt. Er schien die Kranke bereits aufgegeben zu haben und es nicht mehr für lohnend zu erachten, die Hilfe des Verborgenen Gottes zu erflehen.
„Zur Seite! Lasst Heiler Aarad sein Werk tun!“, rief der König, während seine Gemahlin laut schluchzte.
„Sieh hin, was geschieht, Gorian“, raunte Thondaril seinem Schüler zu. „Schließlich willst du ja in allen fünf Häusern den Meistertitel erringen, also auch den der Heiler.“
„Ja, diesen Plan habe ich in der Tat noch nicht aufgegeben“, bestätigte Gorian, dann flüsterte er: „Spürt Ihr es auch, Meister Thondaril?“
„Was?“
Gorians Augen wurden schwarz, und er fühlte, dass da etwas Dunkles, abgrundtief Böses unmittelbar unter ihnen war. Im ersten Moment dachte er, es wäre wieder der Totenalb, aber da war eine Nuance, die nicht zu diesem Wesen passte, dafür aber zu jenem, das über das Meer gekommen sein musste. Es war dieses bedrückende Gefühl, von dem Sheera geglaubt hatte, es wäre eine Widerspiegelung des Schattenbringers.
Und dann sah er es plötzlich.
Es hatte Flügel und sah aus wie eine hässliche Kreuzung aus Fledermaus und Waldhyäne. Fast regungslos hockte die Kreatur auf der Brust der Königstochter, und Gorian glaubte ihr triumphierendes, meckerndes Gelächter zu hören.
Ein Schattenmahr, durchfuhr es ihn.
Den Erzählungen nach waren diese Wesen die Begleiter der Totenalben. Sie folgten ihnen wie Hunde und ernährten sich vom Seelenaas – dem, was die Totenalben verschmähten.
Außer Gorian schien niemand den Schattenmahr zu bemerken, denn im Gegensatz zu Totenalben waren sie meist unsichtbar. Weshalb aber Gorian das geflügelte Wesen zu sehen vermochte, darüber machte er sich zunächst keine Gedanken; die Legenden gaben auch dafür eine Vielzahl von Erklärungen.
Er sah, wie das Wesen sein hyänenartiges Maul weit aufriss und sich anschickte, die wolfsartigen Reißzähne in den Hals der Kranken zu schlagen.
Da stürzte Gorian nach vorn, zog Sternenklinge hervor und stieß den im Weg stehenden Priester zur Seite, einen Kraftschrei auf den Lippen.
Sternenklinge fuhr durch den Körper des Schattenmahrs und teilte ihn in Hüfhöhe in zwei blutige Hälften, aus denen, ebenso wie bei der Königstochter, schwarzes Blut quoll. Blitze zuckten aus dem Schwert und tanzten für einige Augenblicke über die beiden Hälften des Schattenmahrs, dessen meckerndes Gelächter sich in einen schrillen Laut wandelte, der so hochtönend war, dass menschliche Ohren ihn nicht zu hören vermochten. Die Hälfte mit dem Kopf und den Vorderpranken bewegte sich noch, der Unterleib mit den Flügeln hingegen lag regungslos auf der Brust der Königstochter und zerfiel zu einer zähflüssigen schwarzen Masse.
Im nächsten Moment sprang die obere Körperhälfte des Ungetüms auf Gorian zu, das Maul weit aufgerissen.
Gorian wollte sich mit einem Schwertstreich schützen, aber eine unsichtbare Kraft ließ den Hieb abprallen und zur Seite gleiten. Das Wesen traf ihn an der Schulter, an der er während seines Kampfes am Speerstein so schwer verwundet worden war, und er stürzte zu Boden, während der Schattenmahr zubiss.
Gorian riss seinen Dolch aus Sternenmetall hervor und ließ die Klinge aufwärts fahren. Eine Welle des Schmerzes raste von der Schulter durch seinen ganzen Leib, aber das hielt ihn nicht davon ab, seine Magie einzusetzen.
Der Rächer stieß durch den halbierten Schattenmahr, spießte ihn förmlich auf, und Gorian riss ihn von seiner Schulter und schleuderte ihn mitsamt dem Dolch von sich.
Der Rächer nagelte die verbliebene Oberhälfte der Schreckenskreatur an einen mannsgroßen geschlossenen Gebetsschrein, in dessen Holz die Klinge zitternd stecken blieb. Das grausige Wesen gab keinen Laut mehr von sich. Seine Augen waren erstarrt, schwarzes Blut troff aus seinem offenen Leib, dort, wo Gorian ihn mit dem Schwert durchtrennt hatte. Innerhalb weniger Augenblicke zerfiel der Schattenmahr zu einer zähflüssigen schwarzen Masse.
Gorian erhob sich. Ihm war schwindelig. Diese Kreatur hatte seine Schwachstelle genau gespürt und ihm in die Schulterwunde gebissen.
Er vernahm seinen Namen wie aus weiter Ferne und fragte sich, ob es vielleicht ein Gedanke Sheeras war, die er mit einem Blick vergebens suchte.
Dunkle Schlieren umgaben ihn auf einmal, und er bemerkte, dass es sein Blut war, das aus seiner Schulterwunde und durch sein aufgerissenes Hemd quoll und sich in diesen dunklen Rauch verwandelte.
„Ein braves Haustier, das seinen Auftrag bis zur Selbstaufopferung erfüllt“, dröhnte plötzlich eine Gedankenstimme in seinem Kopf. „Ich werde mir einen