Schwertmeister der Magie: Drei Fantasy Sagas auf 2500 Seiten. Alfred Bekker

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Schwertmeister der Magie: Drei Fantasy Sagas auf 2500 Seiten - Alfred Bekker страница 134

Schwertmeister der Magie: Drei Fantasy Sagas auf 2500 Seiten - Alfred Bekker

Скачать книгу

Worten hob der Alb den freien Arm, und eine Wolke aus schwarzem Rauch drang unter dem weiten Kuttenärmel hervor, schwebte auf die letzte noch brennende Öllampe zu und ließ sie verlöschen.

      Nur noch Finsternis umgab Gorian, und das höhnische, siegesgewisse Lachen des Totenalbs dröhnte auf schmerzhafte Weise in seinen Gedanken.

      Es ist der Geist, der sieht, nicht das Auge, erinnerte sich Gorian an eines der Axiome des Ordens. Die Sinne sind nur schwache Hilfsmittel des Geistes, dem allein die Erkenntnis vorbehalten ist ...

      Gorian bewegte sich nicht, stand wie erstarrt in der Dunkelheit, hielt den Griff von Sternenklinge mit beiden Händen umfasst, und wieder fiel ihm die völlige Geräuschlosigkeit in dieser absoluten und undurchdringlichen Finsternis auf.

      Für das Auge undurchdringlich – aber nicht für den Strahl des Geistes, ging es ihm durch den Kopf.

      Es gab nichts, was ihm seine Sinne in diesem Augenblick hätten vermitteln können. Und irgendwann würde die Axt, von der Dunkelheit verborgen, auf ihn zuschnellen, ihm den Schädel spalten, ohne dass ihm noch Zeit für einen Gedanken blieb.

      Gorian fragte sich plötzlich, weshalb das eigentlich noch nicht geschehen war.

      Dann aber rief er sich ins Gedächtnis, was er über die Natur der Totenalben gehört und gelesen hatte. Zum Beispiel, dass sie sich an der Furcht ihrer Opfer weideten. Ein düsteres, abartiges Vergnügen, das ihnen zusätzliche und ganz besondere Kräfte zuführte und nach dem sie süchtig werden konnten wie manche Menschen nach gegorenen Getränken, Rauchwerk oder den Säften der Mohnblüte.

      „Ah, wie sehr sich der mächtige Morygor vor dir fürchtet – und als was für ein erbärmlicher Hund stehst du nun vor mir!“, verhöhnte ihn der Totenalb, der seine Freude schließlich nicht mehr für sich behalten konnte. „Ich muss gestehen, dass ich selten die Endlichkeit allen Seins und insbesondere eines Opfers so bedauert habe wie in diesem Fall. Aber kein Genuss wehrt ewig. Und im Übrigen bin ich meinem Herrn verpflichtet ...“

      Plötzlich riss Gorian sein Schwert empor, und hart krachte es mit der Klinge der Streitaxt zusammen, die der Totenalb schwang.

      Auch das geschah völlig geräuschlos.

      Ein paar Funken sprühten, als das Sternenmetall gegen die Axtklinge prallte.

      Ein weiterer Hieb des Totenalbs folgte, doch auch den wehrte Gorian ab. Der dritte Hieb war so heftig, dass er ihm beinahe das Schwert aus der Hand prellte.

      Er taumelte zurück und versuchte abzuschätzen, wie viel Raum wohl noch zwischen seinem Rücken und der Wand der Wohnhöhle lag.

      Ein Schwall wütender und nicht mehr in Worte zu fassender Gedanken traf ihn. Der Totenalb schien die Erkenntnis nur schwer verdauen zu können, dass sein Opfer seine Angriff vorhergesehen und pariert hatte.

      Lass den Geist sehen und vergiss Augen und Ohren!, ging es Gorian durch den Sinn. Unter den besonderen Bedingungen dieser Schattenwelt, in die ihn der Totenalb gezwungen hatte, war es zwecklos, sich in herkömmlicher Weise mit Magie und Schwert zur Wehr zu setzen. Er musste einen anderen Weg finden.

      Er schloss die Augen. Drei Angriffen hatte er standhalten können ...

      Wieder attackierte ihn der Totenalb, genauso lautlos und unsichtbar wie zuvor. Aber diesmal begegnete ihm Gorian bereits mit sehr viel mehr Sicherheit. Es erinnerte ihn an die ersten, noch sehr spielerischen Kampfübungen, die sein Vater Nhorich mit ihm durchgeführt hatte. Übungen, bei denen er jene Kunst der Schwertmeister hatte erlernen sollen, sich geistig in den Gegner hineinzuversetzen und seine Handlungen vorauszuahnen.

      „Stimmt es, dass einige Schwertmeister mit geschlossenen Augen kämpfen können?“, hatte Gorian seinen Vater damals gefragt.

      „Von tausend Schwertmeistern vermag es nur einer“, hatte Nhorich geantwortet. „Meister Erian, dein Großvater, gehörte zu den wenigen. Ich habe ihm darin leider nie nacheifern können, obwohl er versucht hat, mir auch das beizubringen.“

      „Stand Großvater denn besonders viel von der Alten Kraft zur Verfügung?“

      „Auch das. Aber darauf kommt es nicht an.“

      „Worauf dann?“

      „Auf die Fähigkeit zur Erkenntnis. Darauf, sein inneres Auge auf eine Weise zu benutzen, die mir niemals möglich war.“ Und dann hatte Nhorich seinem Sohn auf die Schulter geklopft und hinzugefügt: „Wenn der Schattenbringer eines Tages nicht einmal mehr genug Licht zur Erde lässt, dass man ein Schwert führen kann, lohnt sich der Kampf ohnehin nicht mehr, denn dann wird die Welt zu einem gefrorenen toten Brocken in der unendlichen Kälte des Polyversums. Ein Ort, an dem keine Existenz möglich ist ...“

      An diese Worte erinnerte sich Gorian, während er den nächsten Angriff seines Gegners erwartete. Von Hieb zu Hieb wurde es für ihn leichter vorherzusehen, wie sein Gegner als nächstes die Axt führen würde. Er konnte den Totenalb und sein Tun trotz Finsternis und Geräuschlosigkeit genau erahnen, und schließlich spürte er sogar, wo sich sein Feind gerade im Raum befand.

      Wieder erfolgte ein Angriff.

      Mit einer ins Unermessliche gesteigerten Wut hieb der Totenalb auf ihn ein. Nie zuvor hatte Gorian ein Wesen in derart rascher Folge Hiebe mit einer vergleichsweise großen Waffe austeilen sehen, wie es sein unsichtbarer Gegner nun tat.

      Trotzdem brachten ihn diese Hiebe nicht einmal ansatzweise in Gefahr. Er lenkte ihre Kraft geschickt ab, parierte die furchtbaren Schläge mit immer größerem Geschick.

      Wut ist die Tochter der Unsicherheit und die Schwester der Furcht, fiel ihm ein weiteres der Ordens-Axiome ein.

      Als ihn der Totenalb erneut attackierte, wagte es Gorian sogar, einen eigenen Schlag anzutäuschen. Ein gleichermaßen ungestümer wie unvorsichtiger Hieb verfehlte ganz knapp seinen Kopf. Gorian tauchte darunter hinweg und stieß dann mit Sternenklinge zu.

      Aber er rief dabei keinen Kraftschrei, der in dieser geräuschlosen Welt ohnehin von niemandem gehört worden wäre. Er konzentrierte seine angesammelte Kraft auch nicht auf das Schwert, damit seine Kraft in seinen Gegner überströmen und ihn vernichten konnte.

      Er tat genau das Gegenteil.

      In dem Moment, als die Klinge aus Sternenmetall in den unsichtbaren Körper des Totenalbs schnitt, sog er alle Kraft aus seinem Gegner, und Blitze tanzten am Schwert entlang.

      Ein Gedankenschrei raubte Gorian fast die Besinnung. Dann öffnete er die Augen.

      Dunkler Rauch stieg vom Boden auf und verflüchtigte sich innerhalb weniger Herzschläge. Dann blendete ihn das flackernde Licht von Öllampen, das ihm für einen Moment fast unerträglich hell erschien, und Schwindel erfasste ihn.

      „Gorian!“, hörte er Sheeras Stimme und dann Meister Thondaril, der eine magische Formel murmelte; sie war Gorian unbekannt, sorgte aber offenbar dafür, dass sein Schwindelgefühl verschwand.

      Er war zurück. Zurück aus der Zwischenwelt der Schattenpfade, die auf geheimnisvolle Weise neben jener Welt existierte, die für alle wahrnehmbar war. Eine geisterhafte Zwillingsschwester der Wirklichkeit ohne Geräusche.

      Vor ihm lag ausgestreckt der Totenalb in seinem kuttenartigen Gewand. Schwarzes Blut quoll aus der Wunde, die Gorian ihm beigebracht hatte.

Скачать книгу