Die Doors, Jim Morrison und ich. Ray Manzarek

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Die Doors, Jim Morrison und ich - Ray  Manzarek Rockgeschichte

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Tage befindet; aufnahmetechnisch mit der Zeit gehen, aber sich einen Sinn für die Tradition bewahren. Das Ding war ganz in Silber und Schwarz gehalten und hatte beleuchtete Pegelanzeigen, deren Nadeln wir ständig ins rote Feld jagten. Wir trieben dieses Pult mit seinem betörenden Sound bis an seine Grenzen. Und es ließ uns nie im Stich.

      Wir bauten die Instrumente im Untergeschoß auf, stellten zur Schallisolierung ein paar Dämmwände hin, plazierten die Mikrofone vor den Verstärkern und installierten ein Gesangsmikrofon in Jims Tonkabine, dem unteren Badezimmer. Dann verlegten wir die Kabel zur Hintertür hinaus und die Feuertreppe hoch, ­stellten das Pult und die Achtspurmaschine ins Büro, stöpselten die Kabel ein – und voilà! Ein Aufnahmestudio im Workshop der Doors. Wir hatten uns zu Hause eingerichtet und konnten loslegen.

      Are you a lucky little lady in the city of light …

      Or just another lost angel …

      City of night.

      City of night.

      City of night.

      City of night!!

      Und wir brachten diesen kleinen Raum so richtig zum Beben. Preßten die Songs in Form. Rangen mit der Kreativität wie Jakob mit dem Engel und erhaschten die Muse. Alles lief toll, und die Ziellinie kam in Sicht. Jim hatte seine Vocals fertig. Er mußte nur noch den geflüsterten Text bei „Riders On The Storm“ singen – direkt nach diesem letzten Vers:

      Riders on the storm

      Riders on the storm

      Into this house we’re born

      Into this world we’re thrown

      Like a dog without a bone

      An actor out on loan

      Riders on the storm

      Danach setzte Jim mit geisterhafter, unheimlicher Flüsterstimme ein:

      Riders on the storm

      Riders on the storm

      Und es war absolut unheimlich. Ich hätte damals wissen sollen, daß es ein böses Omen war. Wir beendeten die Aufnahme, und er kam in das zum Control Room umfunktionierte Büro. Wir alle fanden seinen Gesang großartig. Er war mit seiner Leistung sehr zufrieden.

      „Es wirkt genau richtig“, sagte er. „Gute Idee, Ray.“

      Dann meldete sich Robby zu Wort. „Wißt ihr, bei dem Song fühle ich mich, als ob ich draußen in der Wüste wäre. Ich kann am Horizont Gewitterwolken aufziehen sehen, so richtig große. Warum legen wir nicht noch Donner und vielleicht ein bißchen Regen drüber? Führen den Hörer auch dorthin …“

      „Ich kann jede Menge Soundeffekte besorgen“, meinte Botnick. „Laßt mich mal sehen, was ich finde.“

      Jim stand einfach da, er summte die Melodie vor sich hin … und lächelte. Die Doors waren zusammen, sie waren im Studio, sie machten Musik. So sollte es sein. Wir gaben alle unser Bestes, und die Arbeit lief gut. Wir alle wußten es, und wir lächelten in uns hinein. Genau wie Jim.

      Und dann ließ er die Bombe platzen.

      „Ich gehe nach Paris“, sagte er.

      Schweigen. Innerlich begannen sich Räderwerke zu drehen. Zweifel, Vor­ahnungen, Ängste machten sich im Raum breit. Ein dunkles grünes Ding um­klammerte meine Wirbelsäule. Bruce und Robby standen eine Sekunde lang wie erstarrt da. John hüstelte nervös, weil er die Spannung nicht ertrug.

      „Wir sind hier fast fertig“, fuhr Jim fort. „Die meisten Mixe sind im Kasten. Es klingt doch alles toll. Warum macht ihr nicht weiter und schließt das Ganze ab? Ich fahre in zwei Tagen nach Paris. Pam ist schon da, sie hat eine kleine Wohnung gefunden … sie hat schon alles organisiert. Ich fahre zu ihr rüber.“

      Und das war’s. Eine einfache, kleine Bemerkung, so unschuldig dahingesagt, und das Schicksal der Band entschied sich in einem Augenblick. Aber wir wußten es nicht. Niemand wußte es. Jetzt noch nicht. Nicht inmitten dieser ungeheuren Kreativität. Dieses Gemeinschaftsgefühls. Dieser Kunst. Ich wußte nur, daß das grüne Ding einen Tentakel bis zu meinem Magen ausstreckte und ihn ein wenig zusammenzog. Hier stimmte etwas nicht.

      Something’s wrong, something’s not quite right.

      Jim war sonst immer da, wenn die Songs fertig abgemischt wurden. Das war der Moment, in dem das Schöpferische und die harte Arbeit verschmolzen. In dem das Feintuning stattfand. Die Lautstärke der einzelnen Instrumente, die EQ-Einstellungen, die Anordnung der Instrumente im Klangspektrum, sogar die Schnitte – alles mußte genau eingepegelt und für die Endabmischung auf nur zwei Spuren vorbereitet werden. Dieser Mix kam schließlich auf die Platte. Dieser Mix war es, den die Leute zu Hause hören würden. Unser Baby.

      Es war der Moment, in dem das Baby geboren wurde. Nach monatelanger Schwangerschaft. Von der allerersten Inspiration über die Proben. Über die Augenblicke, wenn die Muse eines jeden Stücks verführt werden wollte und die wahre Natur dieses Songs nervortrat. Über die ersten Bandmitschnitte. Über nächtelange Aufnahmesessions, in denen man die Muse noch einmal beschwor, zurückzukommen, sich noch einmal mit uns zu vereinen, während die Recorder liefen (oh, sie ist launisch und verlangt völlige Unterwerfung, und man kann ihr Erscheinen nicht erzwingen oder herbeireden). Über Gesangsaufnahmen bis zu Overdubs mit Klimperklavier und Bottleneck-Gitarren.

      Und Jim wollte wegfahren: bevor er das Endergebnis gehört hatte; bevor er wußte, welche Gestalt diese wochen-, diese monatelange Arbeit letztlich annehmen würde?

      Ich hätte es wissen müssen. Da war etwas faul. Ich wußte nicht was, aber es paßte irgendwie nicht. Trotzdem versuchte ich, es optimistisch zu betrachten. Hauptsächlich, weil ich diese Reise tief in meinem Innern für eine gute Idee hielt.

      „Paris“, sagte ich. „Das klingt echt spannend, Mann. Das ist bestimmt eine gute Stadt, um mal von allem ein bißchen Abstand zu gewinnen.“

      „Ja, das glaube ich auch“, bekräftigte er.

      „Wie lange … äh, wie lange willst du denn bleiben?“

      „Weißt du, Ray, ich hab keine Ahnung“, entgegnete Jim, und seine Augen schienen in weite Ferne zu blicken. Ganz weit weg. Ohne voll da zu sein, sahen sie alles. Besonders die Tragödie, die Zerbrechlichkeit des Lebens.

      All my life’s a torn curtain.

      All my mind come tumbling down.

      „Ich habe noch keine Pläne“, erklärte er. „Ich brauche eine Pause. Ein bißchen Zeit für mich. Ein paar Monate, ein halbes Jahr. Vielleicht ein Jahr. Wer weiß, Mann. Ich habe keine Ahnung.“

      „Da kannst du bestimmt deine Notizen aus Miami weiter ausarbeiten“, ­stachelte ich ihn an. „Ich möchte das Buch gern lesen.“ Es sollte „Observations On America, While On Trial For Obscenity“ heißen – „Beobachtungen über Amerika von einem der Obszönität Angeklagten“.

      Er lächelte. „Denen werde ich ganz schön einheizen. Jetzt bin ich mal dran.“

      „Ein neuer de Tocqueville“, machte ich ihm Mut. „Wir brauchen einen für das 20. Jahrhundert.“

      Er

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