Die Doors, Jim Morrison und ich. Ray Manzarek

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Die Doors, Jim Morrison und ich - Ray  Manzarek Rockgeschichte

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ging auf ein kleines Gymnasium, die Everett School. Dort verbrachte ich acht Jahre. Wir wohnten gleich gegenüber, 3358 South Bell Avenue. Das war sehr bequem. Ich ging jeden Tag zum Mittagessen nach Hause – hatte ich ein Glück! Meine beiden jüngeren Brüder auch, Rich und Jim. Was für ein Leben! Mama kochte zu Hause! Mein Vater, Ray Senior, arbeitete in der Fabrik von ­International Har­vester McCormick als Mechaniker. Ein ordentlicher Gewerkschaftler. Meine Mutter Helen kümmerte sich um ihre vier Männer. Sie ­machten ihre Sache beide hervor­ragend. Wunderbare Eltern. Sie gaben uns viel Unterstützung … meist jedenfalls.

      Ich bin polnischer Abstammung. Manzarek (eigentlich Manczarek geschrieben) ist ein polnischer Name. Ich gehöre zur dritten Generation, die hier ansässig ist; meine Großeltern waren mit der großen Auswandererwelle aus Ost- und ­Südeuropa Ende des letzten Jahrhunderts rübergekommen.

      Sie arbeiteten wahnsinnig hart. Und unsere Eltern arbeiteten ebenso hart und wollten, daß ihre Kinder zur Schule gingen. Damit sie mal was Besseres wurden. Damit sie eine gute Ausbildung hatten. Und die bekamen wir. Wir ­gingen aufs College. „Ihr sollt mal studieren und es besser haben als wir.“ „Klar, Mom, klar, Dad, machen wir.“ Leider gingen wir dann an die UCLA und wurden Künstler. Das hatten sie sich vermutlich anders vorgestellt. Wir sollten solide Berufe ergreifen. Ich sollte Anwalt werden. Dorothy Fujikawa – meine spätere Frau – sollte Medizin studieren. Jim Morrison sollte Diplomat werden. Wenn er nicht auf die U.S. Naval Academy in Annapolis ginge (wie sein Vater), sollte er in den diplomatischen Dienst eintreten. Jim Morrison auf der Militärakademie? Unmöglich, sich das ­vorzustellen. Anstatt also die Träume unserer Eltern zu leben, begannen wir zu ihrem großen Ärger, unsere eigenen zu entwickeln. Wir wurden Künstler! Und schlimmer noch … wir experimentierten mit Drogen. Wir konsumierten psychedelische Substanzen, rauchten Grass und durchbrachen die Bewußtseinsmauer. Der Schleier – das Netz von maya, wie die Hindus sagen – fiel von unseren Augen, als wir die Pforten der Wahrnehmung öffneten. Ich glaube nicht, daß Mom und Dad sich das so für uns gedacht hatten. „Ihr jungen Leute müßt mit dem Marihuana­rauchen aufhören“, sagte mein Vater einmal zu mir. „Aber Dad“, entgegnete ich, „ich bin jetzt glücklicher als je zuvor in meinem ganzen Leben.“ Was konnte er darauf schon sagen? „Und du solltest nicht mit dieser Chinesin zusammenleben … du weißt doch, das sind zwei Kulturen, das verträgt sich nicht.“ Ich hätte beinahe laut losgelacht. „Nein, Dad“, sagte ich mit unterdrücktem Grinsen, „erstens ist sie Japanerin, und außerdem liebe ich sie.“ Was hätte er mir jetzt erwidern können? Er ging dann meist, nachdem er gesagt hatte, was er seiner Meinung nach hatte sagen müssen, damit alles seine Ordnung hatte. Die reine väterliche Sorge. Er tat das nur, um seinen Prinzipien Ausdruck zu verleihen, seiner Auffassung davon, wie die Dinge sein sollten. Und das konnte ich ihm nicht zum Vorwurf machen. Ich liebte meinen Vater. Er starb 1986. Er hielt die Doors für das Größte, und er liebte Dorothy schließlich auch; in seinen Enkel, unseren kleinen Pablo, war er völlig vernarrt. Meine Aufnahme von Carl Orffs „Carmina Burana“ mochte er besonders. Abtrünnige Mönche und Gesänge in wildem Latein berührten ihn richtig. Er hatte sich im Alter vom katholischen Glauben abgewandt … nachdem er mit der ganzen ­Familie nach Kalifornien gezogen war. Das Licht und die Freiheit hatten schließlich auch ihn gepackt. Er wollte, daß „The Roasted Swan“ aus den „Carmina“ bei seiner Beerdigung gespielt werden sollte. Er war ein irrer Typ.

      Chicago war eine gut geplante, gut angelegte Stadt, und Familie Manzarek nutzte alles, was sie bot. Mein Vater ging mit uns überall hin. In die Parks, zu den Sommerstränden am Michigansee, in die Museen – für Naturgeschichte, für Wissenschaft und Industrie –, ins großartige „Loop“ downtown, in die ­Premierentheater wie das Chicago und das Oriental, in die Waldgebiete im Westen der Stadt, wo man zelten, Fleisch grillen, picknicken und wandern konnte, zum Soldier’s Field, wo Stockcar-Rennen und Football-Spiele stattfanden, zum Achterbahnfahren im Riverview Amusement Park, zu den Rodeos und Sportveranstaltungen im International Amphitheater und zu der jährlichen ­Automobilausstellung … wir machten einfach alles! Mein Vater war dabei immer der Anführer. Er war wunderbar. Er konnte allerdings auch ziemlich hart sein und dir einen Tritt in den Hintern geben, wenn dein Hintern das brauchte. Aber meist war er wunderbar und aufbauend, stark, männlich und ­beschützend.

      Natürlich hatte er keine Ahnung, wie ich mich mal entwickeln würde. Aber er liebte es, wenn ich mich ans Klavier setzte und ein bißchen Boogie-Woogie oder eine kleine zweistimmige Bach-Invention spielte. Dann lag er mir zu Füßen. Ich war sein Erstgeborener, und er war stolz auf seinen Nachwuchs. Er stärkte mir stets den Rücken … solange ich ordentlich zur Schule ging und gute Noten nach Hause brachte.

      Meine Mutter war in unserem Haus natürlich die ungekrönte Königin. Ihr Mädchenname war Helen Kolenda (sie erzählt gern, daß das auf Polnisch „Weihnachtslied“ heißt). Sie hat eine wunderbare Singstimme, ganz klar und rein. Sie liebt Musik, und sie liebt die Doors. Sie verliebte sich geradezu in Jim Morrison und behandelte ihn wie ihren vierten Sohn. Sie hätte ihn sicher liebend gern selbst großgezogen und sich um ihn gekümmert, so wie um ihre anderen drei Jungs. Mit ihrer Herzlichkeit und ihrer guten Küche. Mit ihrem großen, ­golden gebackenen Truthahnbraten, zart und saftig und mit einer knusprigen, knackigen Kruste. Mit ihren gebratenen, nach Knoblauch duftenden Lamm­keulen, der selbstgemachten Rinderbrühe mit Einlage, den Maiskolben und ­aufgeschnittenen Tomaten von den Bauernhöfen und Feldern der Kornkammer des amerikanischen Mittelwestens. Nicht zu vergessen das selbstgebackene Weißbrot mit Mohn, heiß und golden und mit frischer Landbutter beschmiert. Und ihre Zitronenbaiser-Pasteten, ganz süß und sauer, fast dreißig Zentimeter hoch, mit Gipfeln und Strudeln blassen weiß­goldenen Baisers. Und ihr Apfel­kuchen, den sie in großen Backformen zubereitete, außen mit zartem, weißem Zuckerguß und innen gefüllt mit Zimt- und Zucker-­gewürzten Äpfeln. Lecker.

      Wie wurde ich in meiner Kindheit gut ernährt! War es nicht schon allein ein Genuß, unter der Woche zum Mittagessen von der Schule nach Hause zu kommen? Kein fades Schulküchenessen. Keine Pausenbrote. Ein schönes, heißes Mittagessen, von der eigenen Mutter gekocht. Nichts Außergewöhn­liches, nur der typische ­amerikanische Lunch der Fünfziger, zum Beispiel ­Tomatensuppe von Campbell’s, ein Käsetoast, ein paar Karotten oder Sellerie und ein Glas Milch. Wir schlangen unsere Mahlzeit hinunter, und ruck, zuck waren wir wieder weg. Über die Straße rannten wir auf den Schulhof zurück, spielten noch einmal fünfzehn oder zwanzig Minuten, und dann ging’s wieder in die Klasse. Eine verläßliche Routine.

      Meine zwei Brüder und ich waren viel in Chicago unterwegs. Wir trieben viel Sport, wir waren nicht zu bremsen. Die Stadt war ideal, wenn man draußen etwas unternehmen wollte. Sie war wie ein Gitter angelegt, das sich an den Michigansee schmiegte, und alle vier Häuserblocks oder so gab es einen öffentlichen Spielplatz oder einen städtischen Park – im ganzen Stadtgebiet. Kids und Teenager konnten ihre überschüssige Energie überall spielerisch loswerden. In der Nähe unseres Hauses, drei Straßen weiter an der Ecke 34./Hoyne Street, lag der Hoyne Play­ground, unser Stammsportplatz. Dort gab es ein Baseball-Feld – sogar mit einer Flutlichtanlage für die spätabends stattfindenden Spiele der größeren Jungs –, eine Basketballanlage, wo ich mich um Kopf und Kragen spielte, einen Tennisplatz sowie Schaukeln, Wippen und einen Sandkasten für die Kleinen. Ein kleines ­Ziegelhäuschen beherbergte das Büro und den Geräteraum – man bekam hier tatsächlich auch Bälle, Schläger, Springseile und so. Hier hatte der alte Ralph, der sich um die Sportanlage kümmerte, seinen Platz. Er hatte vierzig Jahre lang für die „Chicago Playground District“-Verwaltung gearbeitet, und das hier war nun seine letzte Stelle. Er war ein netter, alter Knabe, er liebte Kinder, und er hielt Hoyne tiptop in Ordnung. Zusammen mit ein paar anderen Jungs aus der Gegend gewann ich die Stadtmeisterschaft im Softball für ihn. Wir hatten ein tolles Team.

      Ich spielte am ersten Mal und war beim Schlagen als dritter an der Reihe. Wir waren alle dreizehn und vierzehn Jahre alt. Typische Chicagoer Kids der ­Fünfziger, und wir konnten werfen, fangen und rennen wie der Wind. Für den alten Ralph war es der erste Titelgewinn seiner ganzen Laufbahn. Er brach ­beinahe ­zusammen und weinte vor Freude, als das Spiel zu Ende war.

      Mein

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