Die Doors, Jim Morrison und ich. Ray Manzarek

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Die Doors, Jim Morrison und ich - Ray  Manzarek Rockgeschichte

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umgebracht, verdammt noch mal? Hat ihn jemand erschossen oder vielleicht erstochen?“

      „Ich weiß es nicht, Ray.“

      „Was soll das heißen, du Arschloch: Ich weiß es nicht?“

      „Es war nichts in der Richtung. Er ist einfach … gestorben.“

      „Du lieber Gott.“ Ich versuchte, das zu realisieren. Es war nicht zu ver­arbeiten. „Was?! Wo denn?“

      „In seiner Wohnung. In der Badewanne.“

      „Wollte ihn jemand ertränken oder …?“

      „Nein“, sagte Bill. „In dem ärztlichen Bericht steht so was wie Herzstillstand. Ist alles auf Französisch, ich kann das nicht lesen.“

      „Mann, Alter. Wie sah er denn aus?“

      „Das weiß ich nicht, Ray.“

      „Wenn du das noch mal sagst, erwürg’ ich dich. Ich will wissen, wie er aussah. Komm mir nicht mit ,weiß ich nicht‘.“ Und dann versetzte er mir noch einen Schlag.

      „Ich weiß es wirklich nicht. Ich habe seine Leiche nie gesehen.“

      „Wie kann das sein?“ Am liebsten hätte ich den Hörer auf den Küchentisch gedonnert, wo Dorothy und ich gerade frühstückten. Oder ihn Siddons über den Kopf gezogen. Das kommt davon, wenn man jemanden losschickt, der seinem Job nicht gewachsen ist.

      „Der Sarg war versiegelt.“

      „Du willst damit sagen, du hast Jims Leiche nie gesehen? Warum hast du den Sarg nicht öffnen lassen?“ Ich war weiß vor Wut.

      Seine Stimme fing an zu zittern. „Ich konnte es nicht.“

      „Warum hast du nicht darauf bestanden, ihn zu sehen? Warum hast du nicht gesagt: ,Ich muß Jim Morrison sehen. Ich bin der Manager, und ich muß seine ­Leiche sehen!‘ Warum nicht?“ Und dann das Verrückte …

      „Ich hatte Angst“, gestand er.

      „Ihr habt also einen Sarg begraben?“

      „So war’s, Ray. Wir haben ihn heute morgen beerdigt.“

      „Woher willst du überhaupt wissen, daß er wirklich in diesem Sarg war?“, brüllte ich ihn an. „Woher willst du wissen, daß es nicht vielleicht bloß anderthalb Zentner Sand gewesen sind?“

      „Na ja, äh, Pam war total fertig, sie hat geheult und so. Und, äh, ich meine … er war da drin. Das weiß ich.“

      „Oh Gott.“ Irgend etwas saugte mir die Luft aus dem Körper. Die ganze wirre Geschichte nahm plötzlich Gestalt an.

      „Bill, ich hatte gesagt: Check alles genau ab! Und du weißt überhaupt nichts.“ Ich machte eine Pause, rang nach Luft und versuchte, etwas Greifbares zu finden. „Wo … wo habt ihr ihn begraben?“

      „In Paris. Der Friedhof heißt Père Lachaise oder so. Ich habe keine Ahnung, wie man das genau ausspricht, Ray.“

      „Macht nichts, Bill.“

      „Es ist nicht übel da“, versuchte er jetzt ein bißchen wiedergutzumachen. „Eine Menge berühmter Künstler sind da begraben. Chopin und, äh, Sarah Bernhardt und Oscar Wilde und … äh …“ Ich konnte hören, wie angestrengt er ­nachdachte. „Keine Ahnung, wer sonst noch, aber es sind eine Menge mehr.“

      „Ganz toll, Bill. Aber ist Jim da begraben?“

      „Hab ich dir doch gesagt. Ja, wir haben ihn gerade beerdigt.“

      „Ihr habt einen versiegelten Sarg beerdigt, Mann. Jetzt werden wir die ­Wahrheit nie erfahren. Ab jetzt wird es nur noch Gerüchte und Geschichten geben.“

      „Wie meinst du das, Ray?“

      „Vergiß es, Bill. Eines Tages wirst du es begreifen. Komm jetzt nach Hause.“

      Ich legte einfach auf. Mehr gab es nicht zu sagen. Ich fand später heraus, daß Agnes Varda, Alain Ronay, Pam und Siddons die einzigen bei der Beerdigung gewesen waren. Nur vier Leute an einem schönen Pariser Morgen. Und er war ­gegangen. Er war nach Paris gereist, um Urlaub zu machen. Um ein bißchen auszuspannen. Und dann war er tot. So einfach. So kompliziert.

      Es gab ein paar öffentliche Statements. Die Presse wurde informiert. Elektra Records wurden informiert. Unser Rechtsanwalt wurde informiert. Und dann ­begannen die Gerüchte zu kursieren. Ich möchte diesen ganzen Andeutungen nicht auch noch zusätzliches Gewicht verleihen, indem ich sie hier wiederhole. Aber wenn ihr dieses Buch hier lest … dann kennt ihr vermutlich schon eine Reihe davon. Selbstmord. Mord. CIA-Verschwörung. Er lebt in Wirklichkeit in Afrika. In der australischen Wildnis. Er ist tibetanischer Mönch geworden. Diese Sachen halt. Typische Schönfärberei des späten zwanzigsten Jahrhunderts. Das pathetische Herbeiphantasieren irgendwelcher Geheimpläne. Überall Verschwörungen. Die Angst und das Mißtrauen fressen uns auf. Wir sind vollkommen paranoid. Kein Vertrauen mehr in die Energie. Die Energie, aus der wir bestehen und die das ganze Leben trägt. Das Verständnis für die Lebenszyklen ist uns abhanden gekommen. Wir können nicht einmal mehr an diese Zyklen glauben. Alles erscheint uns linear. Alles ist Fortschritt. Wir müssen von einem Punkt zum nächsten eilen. Wir müssen auf ein Ziel hinarbeiten. Wenn der jüdisch-christlich-moslemische Mensch keinen Fortschritt sieht, wird er verrückt. Wenn das Leben sich im Kreis bewegt, wird er verrückt. Wenn er nicht weiterkommt, wird er verrückt.

      Und so ist es auch – wir werden verrückt.

      Wir trafen uns später an diesem Nachmittag im Doors-Büro. Wir waren völlig entgeistert. Wir alle: John, Robby und ich, Kathy Lisciandro (unsere Sekretärin), Leon Barnard (unser Pressemann), Vince Treanor (unser Equipment- und Road­manager) und der kleine Danny Sugerman (Bürobote und Doors-Manager in spe). Wir waren am Boden zerstört. Wir hatten darauf gewartet, daß Jim zurückkam, damit wir weiterarbeiten, neue Songs ausprobieren und uns im Proberaum ­einigeln konnten. Wie hatten wir uns gefreut, wieder zusammenzuspielen, ein ­weiteres Album zu machen (die neuen Songs waren klasse), Konzerte zu geben, viel Spaß zu haben, tolle Erfahrungen zu sammeln. Und plötzlich ist es nicht nur so, daß Jim nicht wiederkommt. Er ist tot.

      Keine künstlerische Erfüllung mehr. Kein Liebesakt mehr auf der Bühne. Jim und ich, wir würden uns nie wieder wie Dionysos und Apoll ­herausfordern. Wir vier würden nie wieder diese Ebene erreichen, diesen heiligen, erleuchteten Ort, an dem die Musik der Doors gemacht wurde, nie wieder. Es war vorbei, und wir alle waren plötzlich ein bißchen weniger als früher. Nun würde immer ein Stück von uns fehlen. Unser ganzes weiteres Leben lang.

      Zweites Kapitel

      Die South Side von Chicago

      Daß mir dieses Stück einmal fehlen würde, wußte ich damals noch nicht, als ich zwischen 34. Straße und Bell Avenue in Chicago/Illinois aufwuchs und zur Schule ging. In dieser Stadt wurde ich am 12. Februar 1939 geboren. Ich wußte nur, daß ich lebte und daß das Abenteuer an eben jener Kreuzung begann. Sie war meine „axis mundi“.

      Um halb vier Uhr morgens erblickte ich zum erstenmal das Licht dieses Planeten, genau zur Stunde des Wolfes, und noch dazu am Geburtstag von ­Abraham Lincoln. Er ist auch ein Wassermann, und unsere Karte

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