Mein Leben - Meine Musik. John Fogerty
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Das mit den dünnen Saiten fing an, als sich die Blue Velvets gemeinsam mit Tom in einem kleinen Fotostudio in Oakland fotografieren lassen wollten. Es waren stimmungsvolle Schwarz-Weiß-Bilder; wir trugen alle schwarze Anzüge. Bei dieser Fotosession stand auch eine Stratocaster herum. Sie hatten diese Sunburst-Optik und war sehr, nun ja, kurvig.
Was mir aber auffiel, war, dass die Saiten dünn, leichtgewichtig und sehr dehnbar waren. Fast wie Gummibänder! Ich hob das Ding hoch und sagte: „Wow, was geht denn hier ab?“ Damals benutzte ich Saiten von Black Diamond, die, wenn sie normal aufgezogen wurden, ziemlich streng und starr waren. Als ich diese Strat in Händen hielt, dachte ich mir: Wie bekomme ich das bloß so hin?
Also ging ich zu Louis Gordon Music und kaufte mir zusätzlich zu meinem üblichen Saitensatz noch eine hohe E-Saite. Ich spannte die erste E-Saite auf ihrer normalen Position ein. Dann nahm ich mir die andere hohe E-Saite und zog sie eine Position darüber ein. Somit befanden sich schließlich alle Saiten tiefer als vom Hersteller vorgesehen, wodurch sich eine leichtere Saitenstärke ergab.
Später fand ich heraus, dass James Burton es auch so machte. Allerdings verwendete er eine Banjo-Saite. Mir fehlte das Grundwissen für diese Vorgehensweise, doch ich hatte das Glück, diese Stratocaster in die Hände zu bekommen. So entwickelte ich durch Zufall eine Vorliebe für Saiten, die sich fast nach Belieben dehnen lassen – etwas, das wesentlich für meine Spieltechnik werden sollte.
Zu jener Zeit, als wir mit James ins Studio gingen, traten wir wie gesagt eben auch immer wieder als Toms Begleitband in Erscheinung. Als ich in der neunten oder zehnten Klasse war, begaben wir uns mit ihm erneut in irgendein improvisiertes Studio, das sich in der Nähe von Vallejo befand. Tom sang, und die Blue Velvets unterstützen ihn instrumental. Es gab aber irgendeine technische Panne mit dem Equipment, weshalb wir eine Pause einlegten. Ich sah, wie der Studiobesitzer mit einem Schraubenschlüssel versuchte, das Aufnahmegerät wieder in Gang zu bekommen. Das war schon witzig.
Ich weiß nicht, wohin sich Tom verzog, aber Stu machte sich gemeinsam mit Doug auf den Weg, um Kippen zu kaufen.
„John, kommst du mit?“, fragte er mich.
„Nein, ich bleibe hier.“
„Warum?“
„Weil ich vielleicht etwas lernen kann.“ Wie oft kam ich denn schon in ein Aufnahmestudio?
Ich beobachtete also diesen Kerl mit all seinen Drähten. Er sagte: „Weißt du, wenn du Zeug aufnimmst, musst du dir immer merken: Es ist wie mit einem Glas Wasser.“
„Häh?“
„Ihr Jungs macht all diesen Lärm, aber ihr dürft auch den Sänger nicht außer Acht lassen.“
„Yeah, okay.“
„Und dann kommt auch noch die Leadgitarre.“
„Yeah. Meinen Sie, wie ‚Ist das Glas halb leer oder halb voll?‘“
„Nein, nein, nein. Ihr habt ein Glas mit Wasser – das ist eure Platte, das, was ihr auf Band aufnehmen wollt. Ihr dürft nicht vergessen, dass ihr ein Glas nur bis zu einem gewissen Grad mit Wasser füllen könnt, denn sonst läuft es über. Eine Verschwendung, eine Sauerei. Hässlich. Wenn ihr also noch etwas darüberlegen wollt – wie etwa Gesang –, dann müssen die anderen Dinge etwas reduziert werden, damit nichts überläuft.“
Analoges Tonband liefert einen wunderbar vollen Sound. Das bestätigen alte Blues-Scheiben, Bo Diddley und Chess Records, der Rock ’n’ Roll in seiner Hochblüte oder auch Manfred Manns „Do Wah Diddy Diddy“. Wenn alles ideal eingestellt ist, erwacht Rock ’n’ Roll zum Leben. Ein großartiger Studiotechniker weiß, wie er zu diesem Ziel gelangt. Wir halten nicht an, wo der rote Bereich beginnt – das ist der Heilige Gral.
In der digitalen Welt ist dies nicht möglich. Man zieht davor den Schwanz ein. Der rote Bereich ist tabu. Frei nach diesem weisen alten Studio-Typen: „Das Glas läuft über, und das ist hässlich.“ Digitales Krachen ist jedenfalls kein sehr schöner Sound.
Was mir dieser Typ an jenem Tag beibrachte, sollte ich mein Leben lang nicht mehr vergessen. Als die Jungs schließlich wieder eintrudelten, kicherten sie unbedarft: „Und, hast du irgendetwas gelernt?“ Später versuchte ich sie einzuweihen. Sie lachten bloß. Meine Bandkollegen hatten kein besonders großes Interesse an solchen Dingen. Ich musste sie mit aller Gewalt ins Studio schleifen oder darum betteln, dass sie nicht gleich wieder das Weite suchten. Manchmal blieben sie bei der Stange – und manchmal zogen sie mit ihren Freundinnen ab oder verdrückten sich auf irgendeine Party.
Ich blieb dann allein zurück und sagte nur: „Oh, yeah, kein Problem.“ Stu ließ mich sogar ein paar Mal wissen: „Musik ist eben nicht mein ganzes Leben!“ Auf Stu mochte das schon zutreffen – auf mich jedoch nicht. Musik war sehr wohl mein ganzes Leben. Ich hatte mich mit ihr infiziert und stand nun ganz in ihrem Bann.
Ich war der Typ, der stets etwas Neues lernen wollte und sich dachte: Ich werde so lange recherchieren, bis ich es auf die Reihe bekomme. Es ging mir ums Lernen. Zu sagen: „Ich armer Junge kriege das nicht gebacken, weil das Aufnahmestudio so mies ist“, war nur eine faule Ausrede. Das Tolle an Rock ’n’ Roll ist, dass er zu einem Großteil aus irgendwelchen Garagen stammte und schließlich auf Labels namens Del-Fi oder Sun veröffentlicht wurde. Das waren nicht nur passable Platten, sondern die allerbesten!
Obwohl wir alle noch sehr, sehr junge Musiker waren, war ich den anderen musikalisch stets voraus; deshalb war ich von Anfang an auch derjenige, der den anderen erklärte, was sie zu spielen hatten. Doug wusste zumindest, dass er das Fußpedal der Bassdrum auf der Eins betätigte und den Snare-Schlag auf der Zwei setzte. Das war aber auch schon alles. Es lag an mir, die Songs im Radio genauer zu studieren, um herauszufiltern, wer was spielte und wie die Arrangements aufgebaut waren. Ich war der Übersetzer, ich konnte Songs dechiffrieren. Die meisten Menschen nehmen einen Song nur als ein großes Ganzes war. Wenn ich jedoch Musik hörte, konnte ich zwischen den einzelnen Parts unterscheiden.
Musik live zu hören unterstützte dieses Verständnis ungemein; so beeinflussten mich auch die Live-Konzerte im Oakland Auditorium stark. Diese Shows waren großen Revuen, bei denen jedem Act eine halbe Stunde auf der Bühne gewährt wurde: James Brown, Jackie Wilson, Duane Eddy oder Ray Charles. Bei jeder dieser Shows im Oakland Auditorium saß ich in der ersten Reihe.
Ich weiß noch, wie ich mich mit Doug und Tom dafür anstellte. Tom war unser Chauffeur. Wenn wir um 3 Uhr nachmittags eintrafen, waren wir die Ersten in der Warteschlange und konnten, sobald die Türen öffneten, unsere Ärsche direkt vor der Bühne parken. Daher konnte ich mir viele Details einprägen.
Ich sah James Brown, als ich 14 Jahre alt war. Bei ihm war eine Menge Präzision im Spiel. Er sang etwa einen Song – „Please, Please, Please“ – und dann, zack, legte er einfach einen Spagat hin! Der nächste Song fängt an, und er ist wieder auf den Beinen! Dann: noch ein Song! Bam! Vielleicht performte er für gerade