Unbestreitbare Wahrheit. Mike Tyson

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Unbestreitbare Wahrheit - Mike  Tyson

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im Augenblick meiner tiefsten Niederlage war ich kein demütiger Mensch. All das, was man über mich in dem Bericht geschrieben hatte, dass ich Geld und Truthähne verschenke, mich um Menschen kümmere, mich um die Schwachen und Kranken sorge, tat ich, weil ich ein demütiger Mensch sein wollte, aber nicht, weil ich es war. Ich wünschte mir so verzweifelt, demütig zu sein, aber ich besaß keinen Funken Demut.

      Ausgerüstet mit all den Aussagen über meinen Charakter, erschienen wir am 26. März 1992 im Gerichtssaal vor Richterin Patricia Gifford zur Verkündung des Strafmaßes. Zeugen waren erlaubt, und Vince Fuller eröffnete den Prozess, indem er Lloyd Bridges, den geschäftsführenden Direktor des Riverside Residential Center in Indianapolis in den Zeugenstand rief. Meine Anwälte argumentierten, dass ich nicht ins Gefängnis wandern, sondern meine Strafe ausgesetzt werden sollte, und ich während meiner Bewährung in einem Rehabilitationszentrum untergebracht werden solle, wo ich meine Therapie mit gemeinnütziger Arbeit verbinden könne. Bridges, ein Geistlicher, leitete gerade ein solches Programm und bezeugte, dass ich sicherlich ein erstklassiger Kandidat für seine Einrichtung sei.

      Aber die stellvertretende Staatsanwältin brachte Bridges dazu, einzugestehen, dass vor Kurzem vier Fluchtversuche aus seiner Einrichtung stattgefunden hatten. Und als er auch noch zugab, dass er mich in meinem Haus in Ohio interviewt habe und wir sein Flugticket bezahlt hätten, war die Sache gegessen. Es ging jetzt nur noch darum, wie viele Jahre mir die Scharfrichterin aufbrummen würde.

      Fuller trat in den Zeugenstand. Es wurde Zeit, dass er seine Million-Dollar-Magie ins Spiel brachte. Stattdessen verzapfte er seinen üblichen Mist. „Man hat Tyson jede Menge angedichtet. Die Presse hat ihn verleumdet. Es vergeht kein Tag, an dem sie nicht auf seinen Schwächen herumhackt. Das ist nicht der Tyson, den ich kenne. Der Tyson, den ich kenne, ist ein empfindsamer, bedächtiger und verantwortungsbewusster Mann. Vielleicht wirkt er im Ring Angst einflößend, aber das ist sofort vorbei, wenn er ihn verlässt.“ Nun, das reichte bei Weitem nicht an Don Kings Übertreibungen heran, aber es war nicht übel. Fuller hatte mich während des gesamten Prozesses als wildes Tier und unausstehlichen Menschen geschildert, der nur auf sexuelle Befriedigung aus sei.

      Dann wechselte Fuller das Thema, kam auf meine von Armut geprägte Kindheit und meine Adoption durch den legendären Boxtrainer Cus D’Amato zu sprechen.

      „Aber das Ganze entbehrt nicht einer gewissen Tragik“, intonierte er. „D’Amato hatte nichts anderes als das Boxen im Sinn. Tyson, der Mensch, war für Cus D’Amato zweitrangig, weil er in erster Linie seine Boxqualitäten nutzen wollte.“ Camille, Cus’ langjährige Gefährtin, war außer sich. Es war, als beflecke Fuller Cus’ Andenken und pisse auf das Grab meines Mentors. Doch Fuller war nicht zu bremsen, redete immer weiter, redete an diesem Tag genauso zusammenhanglos wie während der gesamten Verhandlung.

      Nun war ich an der Reihe, mich an das Gericht zu wenden. Ich erhob mich und trat hinter das Podium. Ich war wirklich nicht gut vorbereitet, hatte nicht einmal irgendwelche Notizen dabei. Aber ich hielt das Papier des verdammten Voodoo-Typen in der Hand. Und ich wusste auf jeden Fall eins: Ich würde mich für das, was sich in jener Nacht in meinem Hotelzimmer abgespielt hatte, nicht entschuldigen. Ich entschuldigte mich bei der Presse, dem Gericht und den anderen Kandidatinnen des Schönheitswettbewerbs Miss Black America, bei dem ich Desiree kennengelernt hatte, aber nicht für mein Handeln in meinem Hotelzimmer.

      „Mein Verhalten war unmöglich, das will ich nicht abstreiten, aber ich habe niemanden vergewaltigt. Ich habe nicht einmal versucht, jemanden zu vergewaltigen. Tut mir leid.“ Dann konzentrierte ich mich wieder auf Greg Garrison, den Ankläger oder in meinem Fall Verfolger.

      „Ich habe kein Privatleben mehr. Man hat mir wehgetan. Es war alles ein einziger großer Traum. Ich stehe nicht hier, um Sie um Gnade anzuflehen, Ma’am. Ich rechne mit dem Schlimmsten. Ich bin gekreuzigt worden. Ich bin weltweit gedemütigt worden, wurde gesellschaftlich diffamiert. Aber ich bin dankbar für jegliche Unterstützung, die mir zuteilwurde. Ich bin bereit für alles, was Sie mir auferlegen.“

      Ich lehnte mich hinter dem Anwaltstisch in meinem Stuhl zurück, und die Richterin stellte mir ein paar Fragen dazu, ob ich mich als Vorbild für Kinder sehe. „Man hat mir nie beigebracht, wie ich mit meiner Popularität umgehen soll, ich erkläre den Kids nicht, dass es gut ist, Mike Tyson zu sein. Die Eltern geben bessere Vorbilder ab.“

      Jetzt war die Staatsanwaltschaft an der Reihe. Statt des Rednecks Greg Garrison, der während der Verhandlung gegen mich gewettert hatte, trat jetzt sein Vorgesetzter Jeffrey Modisett, der Ankläger von Marion County, auf. Zehn Minuten lang erging er sich darin, dass Männer mit Geld und Ruhm keine Sonderprivilegien genießen sollten. Dann las er aus einem Brief von Desiree Washington vor: „In den frühen Morgenstunden des 19. Juli 1991 erfolgte ein Übergriff auf meinen Körper und meinen Geist. Ich war körperlich so geschwächt, dass mein Innerstes in Stücke brach. Das, was mich 18 Jahre lang ausmachte, ist jetzt kalt und leer. Ich weiß nicht, wie meine Zukunft aussehen wird. Ich weiß nur eins: Jeder Tag seit meiner Vergewaltigung war ein Kampf, wieder Vertrauen zu gewinnen, mein Lächeln wiederzufinden und die Desiree Lynn Washington zu finden, die mir und den Menschen, die mich lieben, am 19. Juli 1991 genommen wurde. Wenn ich mich über die Schmerzen ärgerte, die mein Angreifer mir verursacht hatte, verlieh Gott mir die Weisheit, zu erkennen, dass er psychisch krank ist. Obwohl mir oft die Tränen kommen, wenn ich im Spiegel den Schmerz in meinen Augen sehe, bin ich dennoch in der Lage, Mitleid mit meinem Vergewaltiger zu haben. Es war und ist nach wie vor mein Wunsch, dass er geheilt wird.“

      Modisett legte den Brief beiseite. „Vom Tag seiner Verurteilung bis heute hat Tyson es immer noch nicht kapiert. Die Welt verfolgt jetzt, ob es Gerechtigkeit gibt. Es liegt in seiner Verantwortung, sein Problem einzugestehen. Dieser kranke Mann benötigt Heilung. Mike Tyson, der Vergewaltiger, darf nicht mehr frei herumlaufen.“ Und dann empfahl er mir zu meiner Heilung eine acht- bis zehnjährige Gefängnisstrafe.

      Dann wurde Jim Voyles das Wort erteilt, um für mich zu sprechen. Voyles war der Anwalt, den Fuller als zusätzlichen Verteidiger engagiert hatte. Er war ein großartiger Kerl, mitfühlend, klug und amüsant. Er war der einzige meiner Anwälte, zu dem ich eine Beziehung herstellte. Außerdem war er ein Freund von Richterin Gifford und ein bodenständiger Kerl, der Verbindungen zur Jury von Indianapolis hatte. „Engagieren wir ihn“, erklärte ich Don zu Beginn meines Prozesses. Voyles hätte bestimmt einiges für mich herausgeholt. Aber Don und Fuller hielten ihn zum Narren. Sie ließen ihm keinerlei Handlungsfreiheit, machten ihn mundtot. Auch Jim war enttäuscht. Einem Freund gegenüber beschrieb er seine Rolle so: „Ich bin einer der weltweit bestbezahlten Bleistiftträger.“ Doch jetzt konnte er endlich sein Plädoyer vor Gericht halten. Er plädierte leidenschaftlich für eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft statt einer Gefängnisstrafe, stieß aber auf taube Ohren. Richterin Gifford war bereit, ihr Urteil zu fällen.

      Sie machte mir zunächst Komplimente für meine gemeinnützige Arbeit, meinen Umgang mit Kindern und meine Bereitschaft, mein „Vermögen“ zu „teilen“. Doch dann erging sie sich in einer Tirade über „Vergewaltigung während eines Dates“ und betonte, dass sie diesen Begriff hasste: „So wie er gebraucht wird, scheint er zu implizieren, dass es in Ordnung ist zu tun, was man will, wenn man eine Frau kennt oder sich mit ihr trifft. Allerdings definiert das Gesetz klar, was eine Vergewaltigung ist. Es erwähnt nie etwas darüber, ob der Angeklagte oder das Opfer in Beziehung zueinander stehen. Auch wenn die Vergewaltigung während eines Dates stattfindet, ändert dies nichts an der Tatsache, dass es sich um eine Vergewaltigung handelt.“

      Meine Gedanken schweiften ab. Das hatte wirklich nichts mit mir zu tun. Wir hatten kein Date gehabt, sondern uns zu einem One-Night-Stand mit Hindernissen getroffen, wie der Comedian Bill Bellamy sagen würde. Das war’s. Dann wandte ich meine Aufmerksamkeit wieder der Richterin zu.

      „Aufgrund seiner Einstellung besteht die Gefahr, dass er es wieder tut“, sagte die Richterin klar und deutlich und starrte mich an. „Sie haben keine Vorstrafen und sind

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