M.A.G.I.K. (1). Die Prinzessin ist los. tanja Voosen
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Читать онлайн книгу M.A.G.I.K. (1). Die Prinzessin ist los - tanja Voosen страница 5
»Schmeckt’s dir nicht?«, fragte Nele, weil Romina nur am Saft nippte.
Diese verschluckte sich sogleich, hustete, und als sie hastig ihr Glas abstellen wollte, stieß sie es um und der Inhalt verteilte sich über den Tisch.
»Das tut mir fürchterlich leid!«, sagte Romina, machte aber keine Anstalten, sich zu bewegen und irgendetwas aufzuwischen. Nele wollte schon aufstehen, da deutete ihr Papa zum Durchgang zur Küche. »Könntest du einen Lappen aus der Küche holen? Die sind direkt unter der Spüle.« Zu ihrer Verwunderung sah er Romina dabei an.
Die schien kurz nachzudenken, ob das nicht unter ihrer Würde war oder so was, setzte dann ein höfliches Lächeln auf und verließ schweigend das Wohnzimmer.
»Ist sie wirklich so oder spielt sie das?«, platzte es aus Nele heraus.
»Sie wurde so erzogen«, antwortete ihr Papa und sah sie mit einer Dringlichkeit an, die ihr einen Schauer über den Rücken jagte. Nele setzte sich kerzengerade hin.
»Sie behauptet, sie wäre eine Prinzessin … stimmt das?«
»Ich fange mal vorne an«, sagte ihr Papa. »Meine letzte Mission war sehr schwierig und alles, was ich dir darüber erzähle, muss bitte unter uns bleiben. Okay?«
Nele zögerte kurz, dann nickte sie. Er sprach sonst nie über seinen Job …
Natürlich wusste sie ein wenig, aber eben nicht besonders viel. Früher hatte Nele gequengelt und gebettelt, er möge ihr mehr über M.A.G.I.K. erzählen, sie in die Geheimnisse einweihen, die er beschützte, aber da war ihr Papa stets schweigsam wie ein Grab gewesen. Das hier war ihre Chance, mehr zu erfahren.
Vor Aufregung zupfte Nele an ihrem Shirt herum. »Wie schwierig?«
»Es gibt ein kleines magisches Land namens Marabel«, begann er zu erzählen. »Die Königsfamilie Wynter regiert seit Generationen dort und wird vom Volk geschätzt und verehrt. Bereits vor einigen Monaten wurden M.A.G.I.K. jedoch Unruhen gemeldet. Es gab Gerüchte über eine große Gefahr für die Königsfamilie und so wurden einige Agenten dort postiert. Es gibt eine Organisation, welche an Macht gewinnt und die Familie Wynter nicht länger auf dem Thron sehen möchte.«
»Aha«, sagte Nele. »Romina ist also eine echte Prinzessin, krass.«
Ihr Papa wurde einen Augenblick sehr nachdenklich, ehe er fortfuhr. »Ja, Romina ist eine Prinzessin von Marabel und die Dritte in der Thronfolge. Ihre ältere Schwester Ariella soll Ende des Jahres gekrönt werden. Aufgrund eines Zwischenfalls musste M.A.G.I.K. die Königsfamilie aber außer Landes schaffen.«
Nele schluckte schwer. Das klang nach einer üblen Geschichte …
»Und wieso ist Romina bei uns?«, fragte Nele beklommen.
Sie hatte ein ganz komisches Bauchgefühl. M.A.G.I.K. – die Magische Allianz des großen internationalen Katastrophenschutzprogramms – war der Grund, wieso Nele bei vielen Momenten ihres Lebens eine Papa-Lücke hatte. Das ging von einsamen Wochenenden über Schulfeste ohne ihn bis hin zu verpassten Fußballspielen. Viele dieser Momente hatten ihr im Herzen wehgetan, denn statt bei ihr war er irgendwo auf der Welt gewesen, um anderen Menschen zu helfen und diese zu beschützen.
Doch niemals hatte er seine »Arbeit« mit nach Hause gebracht.
»Sie wird eine Weile bei uns untertauchen«, antwortete ihr Papa. »Alles musste sehr schnell gehen und der Notfallplan hat nicht komplett funktioniert …« Er unterbrach sich, als habe er Angst, Nele zu viel zu verraten. »Andere M.A.G.I.K.-Agenten haben den Rest von Rominas Familie an verschiedene, geheime Orte gebracht. Dass sie hierbleibt, wird nicht von Dauer sein, ist aber notwendig.«
Ihr wurde kurz ganz schummrig. Jetzt war nicht mal mehr ihr eigenes Zuhause ein sicherer Platz für ihren Papa und sie … M.A.G.I.K. hatte ihr das weggenommen.
»Nele?«, fragte ihr Papa vorsichtig. »Es tut mir leid, dass ich das für uns entschieden habe. Ich schwöre dir, es ging nicht anders und ich wollte nicht …«
»Sie bleibt nicht für immer?«, unterbrach Nele ihn.
»Nur für eine Weile. Mit einer Tarnidentität.«
Ihr Papa setzte sich neben Nele und legte den Arm um sie. »Romina ist Teil des Schutzprogramms von M.A.G.I.K. und ich habe geschworen, sie zu beschützen. Ich weiß, dass das unerwartet ist – und es wird bestimmt nicht ganz einfach werden. Ich hoffe, ich kann auf dich zählen. Was meinst du?«
»Sie ist also echt in Gefahr?«, wisperte Nele.
Plötzlich drang ein lauter Knall aus der Küche und Romina Cassandra Eleanor Wynter, die Möchtegernprinzessin, die tatsächlich eine war, gab einen schrillen Schrei von sich.
Kapitel 5
Nele schreckte zusammen. Ihr Papa eilte alarmiert aus dem Raum, während sie noch ganz starr war. Erst eine echte Prinzessin, die bei ihnen auftauchte, und jetzt lauerte die Gefahr bereits um die Ecke? Nele hatte doch kaum Zeit gehabt, irgendetwas davon richtig zu verdauen. Aber ihren Papa allein lassen? Unmöglich! Sie atmete tief durch und folgte ihm.
Nele malte sich die schlimmsten Dinge aus – ein Kampf auf Leben und Tod zwischen Bratpfanne und Obstschale –, aber nicht DAS. Romina stand wie angewurzelt da, den Mund offen und die Hände in den Haaren, die aussahen, als habe sie in eine Steckdose gefasst. Auf der Arbeitsplatte rauchte die Mikrowelle wie ein frisch angezündeter Kohlegrill. Einzelne Blätter der kleinen Tomatenpflanze, die Frau Wu Neles Papa geschenkt hatte, brannten und die Wand hatte ein paar Brandflecken.
»Ist die Mikrowelle etwa … explodiert?«, fragte Nele bestürzt. »Geht’s euch gut?«
Ihr Papa löschte mit einem nassen Tuch die brennende Pflanze und betrachtete das Szenario. »Ja, uns geht’s gut. Nele, mach mal bitte das Fenster auf.«
Fünf Minuten später hatte er die demolierte Mikrowelle nach draußen in die Garage getragen, der restliche Qualm war aus der Küche verschwunden und Rominas Gesicht bekam wieder etwas Farbe, nachdem Nele sie zurück ins Wohnzimmer bugsiert hatte.
»Stehst du unter Schock?«, fragte Nele besorgt. »Wie ist das gerade passiert?«
»Murksiges Makra«, flüsterte Romina, sprang auf und lief hinaus.
Nele konnte durchs Fenster sehen, dass sie in den Garten gegangen war. Die Prinzessin hatte die Arme um sich geschlungen und sah traurig aus. Nele dachte an die Worte ihres Papas. Große Gefahr, von Familie getrennt … ob sich Romina sehr elend fühlte? Blöde Frage! Bestimmt! Nele bekam richtig Mitleid mit ihr.
»Das lief ja nicht so gut«, bemerkte ihr Papa, der sich neben sie ans Fenster gestellt hatte.
»Mhh«, machte Nele bloß. War ja wohl megauntertrieben.
»Kannst du mal nach ihr sehen? Mit dir redet sie sicher eher.«