Eure Liebe. Sylke Richter

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Eure Liebe - Sylke Richter Systemische Therapie

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die Paare das Gefühl, schon etwas getan zu haben. Sie geben oft die Rückmeldung, dass es gut war, sich zu sortieren und auch schon das Gefühl zu haben, dadurch etwas in Bewegung zu bringen.

      Alle haben sich bisher daran gehalten, vor dem Termin nicht in die strittigen Themen einzusteigen. Die Angst, sich zum wiederholten Male zu verheddern, ist wohl zu groß.

      Der Einstieg in die Paarberatung ist dann ähnlich, wie weiter oben beschrieben. Sie lesen einander die schwierigen Themen zunächst nur vor, der jeweils andere hört zu. Wenn beide fertig sind, dürfen sie nachfragen:

      •»Meinst du das so – oder so?«

      •»Kannst du mir ein Beispiel erzählen?«

      •»Ach, das wusste ich gar nicht.«

      Anschließend einigen sie sich auf ein Thema für die heutige Sequenz und ganz am Ende lesen sie einander das vor, was sie aneinander akzeptieren und was sie bewahren möchten. Sobald die Sätze laut ausgesprochen werden, sind sie im Raum und bekommen Kraft. Durch unsere (Therapeuten-)Anwesenheit symbolisieren wir ein Stück Öffentlichkeit und dienen als Zeugen der ausgesprochenen Sätze und Wünsche.

       2Ein guter Start

       Toni: Jetzt geht’s los. Erzähl von vorne: Wie fängst du an, wenn beide dann endlich im Raum sitzen und die ganze Vorarbeit getan ist?

      Am Anfang einer jeden Therapiestunde, nicht nur mit Paaren, geht es um einen guten Kontakt. Fast wie bei den Kindertherapien, wo es darum geht, mit den Kindern ein Yes-Set herzustellen, viel Ja im Raum zu erzeugen. Das Gefühl, dass wir in einem Boot sitzen. Ja, wir wollen Beratung. Ja, das stimmt. Ja, das haben Sie richtig verstanden. Ja, ja, ja. Bei den Kindern geht es leichter. Deine Mama hat mir erzählt, du liebst Milchreis, stimmt das? – Ja! Und dein Spitzname ist Tommy. Richtig – Ja! Das geht bei Erwachsenen natürlich nicht so, da musst du dir etwas anderes einfallen lassen, um in diese Ja-Haltung zu kommen.

       Aber es wäre auf jeden Fall lustig, wenn wir so anfangen könnten: Deine Mami hat gesagt, du heißt Robert. Stimmt das? Aber Spaß beiseite. Wie dann?

      Ich mag es sehr, gleich zu Beginn etwas Leichtigkeit in den Raum zu bringen, denn das Leben und das Lieben sollen etwas Schönes sein. Auch wenn sich die zwei Menschen, die zur Therapie gekommen sind, fürchterlich verknotet haben, gibt es ja tausend Möglichkeiten, sich wieder zu entknoten.

      Selbst wenn alles nichts nützt, alle Messen gesungen sind, wie es so schön heißt, werden es die Paare, die sich so intensiv mit ihren Themen auseinandergesetzt haben, am Ende schaffen, sich gut zu trennen. Das ist eine (meine) tief verinnerlichte Grundannahme und Überzeugung. Ich betone das so, weil es sich lohnt, die eigenen Grundannahmen zu überprüfen. Glaubst du von vornherein, dass das sowieso alles nichts bringt, wirst du das ausstrahlen, ob du willst oder nicht. Denk an die Spiegelphänomene.

      Eine gute Atmosphäre im Raum zu haben, ist so viel wichtiger als alle Methoden, die der Therapeuten-Handwerkskoffer hergibt. Prüf dich selbst: Wie sollte der Mensch sein, bei dem du dich öffnen würdest? Nur wenn wir uns wohlfühlen, lassen wir uns ein.

       Das stimmt wohl. Was stellst du für konkrete Fragen?

      Konkrete Fragen:

      •»Habt ihr alles, was ihr für die nächsten 1,5 Stunden braucht?«

      •»Kennt ihr Beratungssituationen?«

      •»Wer hatte die Idee?«

      Und an den anderen gerichtet:

      •»Bist du freiwillig mitgekommen oder wie hat er es geschafft, dass du hier sitzt?«

      Oder ich erzähle von anderen Paaren.

      •»Viele kommen ja sehr spät, manche erst kurz vor der Trennung. Manche schenken sich aber auch präventive Stunden, wie einen TÜV beim Auto. Wie ist das bei euch?«

      Ein Small Talk, bevor wir einsteigen und die Themen sortieren.

       3Start bei hochstrittigen Paaren

      Toni: Das klingt alles so harmonisch. Ich berate gerade ein Paar, das aus der Eskalation nicht herauskommt. Sie schreien sich an, verletzen sich, schneiden sich das Wort ab und ich komme kaum dazwischen. Ich müsste genauso schreien wie sie, um gehört zu werden. Ich frage mich, wie streng ich sein darf, wie resolut? Was ist meine Rolle? Und dann habe ich ein anderes Paar, da habe ich das Gefühl, sie brauchen gar nichts von mir, nur meinen Praxisraum. Mein Einsatz ist fast lautlos. Ab und zu nicke ich oder fasse etwas mit meinen Worten zusammen, das reicht.

      Unsere Rollen sind tatsächlich bei jedem Paar andere. Mal begleitend, mal strukturierend, mal müssen wir uns mehr einbringen, mal weniger.

      Zunächst eine Antwort auf die Frage der Rollenfindung. Ein Kollege hat aus einem Paartherapie-Workshop vor Jahren bei Danie Beaulieu eine sehr hilfreiche Skalierung zur Einschätzung der Beziehungsqualität bei Paaren mitgebracht. Für eine schnelle Orientierung ist sie sehr nützlich.

      Stell dir eine Skala von Null bis Zehn vor, die die Beziehungsqualität des Paares, was vor dir sitzt, beschreibt.

       0–3 Feuer löschen, keine Therapie!

      In diesem Bereich haben wir es oft mit hochstrittigen Paaren zu tun. Es gibt heftige Konflikte, keine gemeinsamen Aufträge, möglicherweise Gewalt, Drohungen und halb vollzogene Trennungen. Für die Therapeuten bedeutet das: Hier ist keine Therapie möglich. Es geht eher darum, die Eskalationen zu stoppen und das Feuer zu löschen. Die Therapeutenrolle erfordert hier absolute Klarheit für den Rahmen des Prozesses:

      •Viel Führung und Struktur!

      •Juristische Schritte sollten während des Beratungsprozesses ruhen.

      •Zu Beginn wird nur über den Therapeuten kommuniziert (keine direkte Ansprache).

      •klare Regeln für die Lautstärke der Kommunikation

      •Gesprächsregeln

      •Unterbrechungsregeln

      •Schutzregeln: keine Verletzungen, keine Demütigungen, keine Gewalt, weder verbal noch nonverbal

      •Konsequenzen bei Regelverstößen müssen ebenfalls geklärt sein.

       Toni: Kurze Zwischenfrage. Wer setzt die Konsequenzen fest?

      Du als Therapeutin. Wenn du merkst, dass alles nichts fruchtet, kannst du die Beratung abgeben, aussetzen oder Auflagen dazwischenschieben. Auflagen wie einen Anti-Gewaltkurs belegen, einen Miniworkshop bei einem Kollegen zu gewaltfreier Kommunikation besuchen o. a. Meistens wird das vorab besprochen und die Beratung am Ende reflektiert. Hier kann das Problematische schon aufgegriffen werden: »Noch eine Stunde in dieser Lautstärke wird mit mir nicht stattfinden. Entweder Sie akzeptieren mein Stopp oder wir müssen das hier beenden.« Dann wird die nächste Stunde vorbereitet. Natürlich wird auch das, was gut gelaufen ist, betont. »Danke, dass Sie so gut auf die Regeln geachtet haben. Ich weiß,

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