Eure Liebe. Sylke Richter

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Eure Liebe - Sylke Richter Systemische Therapie

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einer systemisch ausgebildeten Therapeutin, die gerade begonnen hat, mit Paaren zu arbeiten. Sie ist Mitte dreißig, voller Wissensdurst und Neugier. »Weißt du«, fing sie an, »ich fühle mich nach der Ausbildung ziemlich sicher mit einzelnen Menschen, doch wenn es um Paare geht, bin ich immer noch voller Fragen und bewege mich unsicher wie eine Kuh auf Glatteis:

      •Wie fange ich gut an?

      •Was mach ich mit den hohen Erwartungen des Paares?

      •Wie gebe ich den Druck zurück?

      •Wie unterbreche ich Vorwürfe?

      •Wie reguliere ich die Redezeiten?

      •Sind Einzelsitzungen üblich oder besser nicht?

      •Wie finde und behalte ich den roten Faden?

      Und so könnte ich ewig weiterfragen. Verstehst du?«

      Ich verstand. Bei der Recherche und beim Aufschreiben der Interventionen und Übungen ist mir aufgefallen, dass ich viele praktische Übungen inzwischen so adaptiert habe, dass mir die Ursprungsquellen nicht mehr bekannt sind.

      Alles, was ich schreibe und offenlege, ist meine Art, Paartherapien zu gestalten. Eine Art von vielen möglichen Arten. Nichts muss so gemacht werden, wie es hier steht. Nichts von dem ist allgemeingültig. So bunt wie das Leben ist, so bunt ist die Liebe und so bunt sollten auch Bücher zu Lebensthemen sein.

      Das Buch ist aufgebaut wie eine Therapiestunde. Es gibt einen Anfang, da geht es um das Vorab und den ersten Kontakt, um die therapeutische Haltung und alles, was wichtig ist, um gut starten zu können.

      Der mittlere Teil des Buches beschreibt die Vertiefungsphase, die es auch in jeder Therapiestunde gibt. Themen werden detaillierter behandelt, auseinandergenommen, analysiert oder neu betrachtet. Die Sehnsüchte hinter den Vorwürfen werden herausgefiltert. Im mittleren Teil gibt es typische Themen, mit denen Paare sich herumschlagen, viele Fallbeispiele und mögliche Interventionen.

      Im dritten Teil, dem Abschluss, reden wir darüber, wie wir Therapiestunden gut beenden, und auch darüber, was es zu beachten gibt, wenn das Damoklesschwert einer Trennung über dem Paar schwebt.

      Beginn, Mitte, Abschluss.

      Die Kapitelüberschriften sind an die Fragen der Ausbildungsteilnehmer angelehnt und wann immer es passt, sind Tonis zusätzliche Fragen und Anmerkungen eingeflochten.

      Es gibt viele Überschriften, die dem Arbeiten mit Paaren oder mehreren Menschen in Beziehungen gerecht werden. Je nach Anliegen der Klienten und Ausbildung des Paar-Profis können die Grenzen fließend sein. Der größte Unterschied liegt in der Zielorientierung und die Gemeinsamkeit liegt darin, dass sich alle Formate mit Krisen in Partnerschaften beschäftigen. Die Begriffe sind nicht geschützt und können von jedem Paar-Profi so benutzt werden, wie es sinnvoll erscheint.

      Paartherapie: Die Paartherapie hat sich aus der Familientherapie entwickelt und hat ihren Ursprung in der psychoanalytischen Tradition. Im Wesentlichen geht es darum, in der persönlichen Vergangenheit nach Ursachen für aktuelle Probleme zu suchen und Bezug darauf zu nehmen. Wir gehen sozusagen an die Quelle, den Ursprung, um mehr zu verstehen und das neue Wissen dann im aktuellen Kontext zu verarbeiten, zu ändern oder zu integrieren. Hier darf etwas heilen. Wir haben die Erlaubnis, in die Vergangenheit gehen zu dürfen. Solche Prozesse sind oft zeitintensiver als Beratungsprozesse und sind auf eine längere Dauer angelegt.

      Paarberatung: In Beratungsprozessen liegt das Augenmerk mehr auf eingegrenzten Themenbereichen, wofür konkrete Lösungsansätze erarbeitet werden.

      Paarcoaching: Im Paarcoaching geht es nicht um frühe Beziehungserfahrungen oder direkte Lösungsvorschläge, sondern vordergründig um die Hilfe zur Selbsthilfe. Hier gräbt man eher an der Wurzel des Denkens, der eigenen Überzeugungen, Gewohnheiten und Standpunkte.

      Weil die Begriffe Paartherapeut/Paarberaterin sehr das Paar im Namen betonen und alle anderen Beziehungsformen ausschließen, nennen sich viele inzwischen Beziehungstherapeut/Beziehungsberaterin.

      Da ich in der Vergangenheit zu einem hohen Prozentsatz vorrangig mit Paaren zu tun hatte und diesbezüglich therapeutisch ausgebildet bin, bezeichne ich mich weiterhin als Paartherapeutin. In diesem Buch benutze ich die Begriffe Paartherapie, Paartherapeut und Paartherapeutin.

      Für mich ist völlig klar, dass sich Menschen in Menschen verlieben, unabhängig von Geschlecht, Haarfarbe oder Hautfarbe – und dies prägt meine Haltung.

      Durch die Anmeldung per Telefon oder Mail weiß ich in der Regel vorab, ob es sich um zwei Männer, zwei Frauen, Mann–Frau oder ganz andere Konstellationen wie zum Beispiel Dreier-Settings handelt. Da wir Paartherapeuten immer an der Beziehungsgestaltung arbeiten, ist es irrelevant, wie viele Menschen welchen Geschlechts im Praxisraum sitzen. Die Inhalte und Themen ähneln einander.

      Für eine gute Lesbarkeit und eine angestrebte Gleichberechtigung habe ich mich entschieden, abwechselnd von Männern und Frauen zu schreiben.

      Alles, was Toni sagt, fragt oder beschreibt, ist kursiv gedruckt.

      Toni: Mich würden ja die fünf Phasen oder Entwicklungsstufen, die du vorhin benannt hast, noch weiter interessieren. Ich glaube, das Paar, das ich gerade berate, ist in der zweiten Phase. Sie entdeckt neuerdings Eigenarten an ihm, die ihr vorher gar nicht aufgefallen sind. Zum Beispiel schlürft er seinen heißen Kaffee so lautstark, dass sie sich am liebsten die Ohren zuhalten oder das Zimmer verlassen würde. Sie sind jetzt knapp anderthalb Jahre zusammen.

      Dann ist das Paar aber in einer frühen Phase zur Beratung gekommen. Wie alt sind sie?

      Sie sind Anfang dreißig und kommen so früh, weil sie Angst haben, die ersten Anhaltspunkte für eine Trennung zu übersehen, um noch gegensteuern zu können. Sie wollen alles richtig machen und praktizieren sogar jede Woche die Zwiegespräche. Einer darf eine halbe Stunde über sich und seine Befindlichkeiten reden, der andere hört zu, und dann umgekehrt. Das haben sie in einer Zeitschrift gelesen und finden das gut.

      Zwiegespräche schaden nicht, nur zu. Hauptsache, sie reden von sich selbst und verharren nicht eine halbe Stunde im Vorwurf über den anderen. Aber darüber werdet ihr gesprochen haben. Und: Hauptsache, sie kommen vor lauter Reflektieren auch noch zum Leben, Lieben und Fehlermachen.

      Aber zurück zu den Phasen in langen Partnerschaften. Es gibt verschiedene Überschriften zu diesen Phasen oder Entwicklungsstufen, doch am treffendsten finde ich die von Ursula Nuber (2007, S. 48–59) beschriebenen. Da lese ich die komplexe Themenvielfalt von Differenzierung, Enttäuschung und Entwicklung so schön kurz und knackig bereits in den Titelzeilen.

       1. Du bist ich

      Hier ist die Zeit der Verliebtheit gemeint. Endlich, endlich hat man jemanden gefunden, der einen vollständig versteht. Einen Seelenverwandten, einen Freund. Jemanden, der immer da sein wird. Meistens genügen die beiden Verliebten sich selbst, verschwinden in

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